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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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sie auch schriftlich formulieren müßten; der Römische Kaiser sei ihrer beider Feind. »Es ist mein Kaiser«, sagte Bogislaw, »dem ich Treue als Reichsfürst schuldig bin.« So einigten sie sich nach Gustavs mitleidigem Lächeln; demütig unterschrieb der Herzog, daß er sich mit dem Schweden zu gemeinsamer Verteidigung gegen die Landesverderber verbünde; »unbeschadet Kaiserlicher Majestät«, das setzte der Herzog selber zärtlich hin. Die pommerschen Stände fanden sich im Schloß ein; ihre große Not erörterte der König beredt vor ihnen; er suchte ihren Zorn auf den Kaiser zu entfachen. Nach einer Konferenz mit ihrem Herzog fanden sie sich bereit, dem schwedischen Ansinnen entsprechend zweihunderttausend Taler zu zahlen und eine dreiprozentige Hafenzollabgabe zu gewähren.
    Wie die Schweden aus der traurigen Stadt, in der sie eine Besatzung zurückließen, hinausritten und -marschierten, stießen sie in ein leeres Land. Die wenigen Bauern liefen erstaunt um die fremden starken Scharen, die Lappen mit den Bogen, hörten durch Dolmetscher, daß diese Männer alle über die Ostsee gekommen seien, um sie zu beschützen in ihrem Glauben und gegen die Bedrückungen der Kaiserlichen. Sie verbreiteten das Gerücht von der anschwemmenden Menschenwelle weiter, retteten ihre Pferde und Vorräte an feste verborgene Orte. Durch Vorpommern verbreiteten sich die Fremden, zehntausend Infanteristen, zweitausendfünfhundert Reiter, in völliger Einsamkeit, bei Damgarten wippten sie über die Mecklenburger Grenze. Wie rann es durch die erwartungsvolle Seele des Königs und seiner Umgebung, daß dies das Land des gigantischen böhmischen Mannes war, das wehrlos vor ihnen lag.
    Das Wort ließ der König wieder schwellend aus seinem Munde los, Trommler trugen es über die Dörfer: er sei der schwedische König, ein Bekenner der lutherischen Lehre, der mit seinen Männern zu Schiff herübergekommen sei, weil er von der Not seiner Glaubensverwandten gehört hätte. Er hätte es kühnlich gewagt herüberzukommen und die Löwenhöhle zu betreten, wenn auch ihn das Untier anspringen sollte. Sie aber seien zu seiner Verwunderung vom alleinseligmachenden Glauben abgefallen und in des bösen Wallenstein Dienste getreten. Sie sollten achtgeben. Wenn sie seinem Rufe nicht nachkämen, Hab und Gut mehr achteten als ihre Seligkeit, so wolle er sie als Meineidige, Treulose, Abtrünnige, ja ärgere Feinde und Verächter Gottes als die Kaiserlichen mit Feuer und Schwert verfolgen und bestrafen.
    Vor dem harten Geschrei der Eindringlinge grinsten die Leute. Das Stillschweigen und Lächeln verbreitete sich wie ein Luftraum um das marschierende Heer, bis sie auf Savelli stießen, den kaiserlichen Feldmarschall, vor dessen stumm wartenden Massen sie grollend und fauchend zurückwichen, zurück durch den Paß von Ribnitz nach dem ausgemergelten Pommerland. Die prunkvollen Orlogs, die breiten Transporter schaukelten auf der Oder bis nach Dievenow; die Wochen aber schlichen hin. Untätig lungerten die Fremden auf dem pommerschen Boden, ihr feister König stieg mit seinem Sekretär, dem hinkenden Lars Grubbe, durch die Lager, sprach ihnen, äußerlich sorglos, zu, lachte gezwungen, wenn sie ihm nachriefen »Dickkopf, Schmerbauch«, gab, sich gemein machend, ihnen ihren Ton wieder. Sie duzten ihn: »Monsieur König, wenn du so streng bist, schaff uns auch Schuhe.« Er zog sich auf der Lagergasse seine hohen Stiefel aus, ging barfüßig weiter; sie schwenkten auf Stangen die Stiefel und warfen sie hinter ihn: »Zahl uns Sold!« Es hieß kurzen Prozeß machen; man konnte nicht in Pommern verkommen. Aus Preußen kamen schwedische Reiter herüber, man wartete auf sie in den eisigen Winter hinein.
    Dann zogen sich die Schweden aus Stettin und Pommern, von den Schiffen und den Inseln zusammen wie ein Geschwür, das aufgehen will, belauerten vor Damm ein paar Wochen die Kaiserlichen, die drüben in Greifenhagen in Massen verdarben unter Schauenburg, dem Nachfolger des toten Torquato Conti, der das Land verelendet hatte. Am Weihnachtsmorgen um fünf Uhr begann drin das Läuten, die Kanonenschläge aus Eisen Kartätschen und Granaten legten sich über das gräberübersäte Vorgelände, die armseligen Häuschen draußen, in die verzweifelte Söldner aus der Stadt geflüchtet waren, schoben sich blitzend über Mauern und Kirchen, sprangen mit Geröll und Gekrach auf die verriegelten Tore. Die gingen auf nach Süden, und ehe eine Bresche geschlagen war, ergossen

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