Wallenstein (German Edition)
Götzendienern den Garaus machen könne und zuletzt vielleicht ihm selber, dem zarten Franzosen. Er wolle dreißigtausend Mann zu Fuß bereit halten, dazu sechstausend Reiter. In lärmender Freude, Hohn im Herzen, schied man voneinander.
Und wie der Hesse die Magdeburger geführt hatte, lockte der Welsche die Holländer hinter sich. Fast versprach sich Charnacé, als er mit der holländischen Deputation tuschelte: »Er ist ein Tölpel«, wollte er sagen, »man muß ihn vorsichtig nehmen, er ist verbissen in seinen evangelischen Aberwitz, man darf ihn nicht stören.« Dann fiel ihm ein, daß er Protestanten vor sich hatte, und schaukelte sich vergnügt neben ihnen: auf ganze vierhunderttausend Reichstaler hätte ihn stolz der Schmerbauch getrieben; achthunderttausend, nein, eine Million hätte er bieten können. Seien sie gewarnt. Sie dankten mürrisch, mißtrauisch ließen sie ihn nicht zu den Verhandlungen zu; die Hochmögenden im Haag zahlten dem Schweden soviel sie vermochten, weil es ihr Glaubensverwandter war.
DIE SCHWEDEN hatten bei Greifenhagen am Sieg gelutscht, Stiefel Brot Bier Geld strömte ihnen zu, man hatte nicht Lust zu verweilen, schob sich über Neubrandenburg, Treptow, Klempenow auf Demmin an der Mecklenburger Grenze, zwischen Morasten gelegen. Der römische Herzog Savelli, der den päpstlichen Dienst quittiert hatte, schlemmte hier. Den Bauern pflegte er die Pferde vom Pflug zu nehmen, um die Haut an den Schinder zu verkaufen. Nach drei Tagen Kapitulation. Der Schwede sagte lustig im Zelte dem Italiener, er bedaure, daß er zu Rom seinen herrlichen Posten verlassen habe. Dann, nachdem er trompetenblasende Abordnungen mehrerer Regimenter versammelt hatte, ließ er den eleganten Herzog mit goldenen Ketten, langem Zobelpelz, prächtigem ins Gesicht gezogenem Federhut vor einen Pflug spannen; ein aufgegriffener Bauer mußte ihn anzäumen. Die Soldaten trommelten, Hunde sprangen über den keuchenden Herzog, eine Pferdehaut mit Hufen und Schwanz wurde von rückwärts über seinen Prunk gebunden, er stürzte zusammen. Der König stand auf, die Knechte schwangen die Peitschen: »Mag sich das Fell seiner erbarmen. Pflüge! Pflüge!«
Auf das Gerücht von dem landfreundlichen Vorgehen des überseeischen Söldnerführers sammelten sich an der Brandenburger Grenze, aus der Gegend von Schwedt und dem Finowkanal, Bauern, zogen in dichten Rotten mit Fahnen dem König nach, den sie bei Anklam im Schneesturm mit seinem jubilierenden Heere stellten. Er wollte weiter südwärts, auf Kurbrandenburg. Die zehn alten Männer, die mit drei buntbemalten Fahnen demütig vor ihm standen, blickte von seinem ungeheuren Streitroß Gustav freudig an, gedachte eine evangelische Gesandtschaft zu begrüßen. Er war so ungeduldig, zu hören, was sie hatten, daß er ihnen nicht nachgab, sie im Quartier anzuhören, sondern sofort auf durchwehter kahler Landstraße zwischen dem Rollen des Trains und dem Flöten und Klappern der Soldaten. Sie mußten mehrfach die Plätze wechseln, weil der König sie nicht verstand, Dolmetscher dazwischenliefen, der Schnee ihnen in den Mund stäubte. Wenn der fremde König denn sich so der Bauern annehme, wie er vor Demmin an dem Landverderber Savelli gezeigt habe, so möge er an sie denken. Und dann zählten sie ihre Leiden auf; das Pferd des Königs bäumte sich, Gustav tauschte zornige Blicke mit seinen Begleitoffizieren. Mit einem Fluch warf er seinen Reitstock auf den Boden. Er zwang sich zur Ruhe, bückte sich herunter, als man ihn wieder aufhob, schrie dicht bei ihnen, ob sie evangelischen Glauben wirklich hätten, wie sie vorgäben, ob sie ihn nicht belögen, nicht wüßten, daß der Heiland für sie am Kreuz gestorben sei, aber nicht, damit sie das heilige Bekenntnis wie ein faules Stück Fleisch wegwürfen. Sie beteuerten, sie seien fromme lutherische Christen, aber sie verkämen, verhungerten mit Weib Kind und Vieh, wenn noch ein Heer in ihr Land fiele; baten mit aufgehobenen Händen ihn um ihres gemeinsamen Glaubens willen um Verschonung mit dem kriegerischen Einfall. Er wütend und speiend, sie umkreisend. Sie verstanden nicht, was er sagte, im Toben stotterte er mit gedunsenem Gesicht schwedisch; er hätte sein Volk geplündert, um den alleinseligmachenden Glauben zu bewahren, für sie an erster Stelle, und sie bettelten bei ihm. Sein Pferd sprang um sich; er ließ sie nicht von der Stelle. »Herr, wir sind fromme evangelische Christen, der Krieg verdirbt uns.« Da nahmen sich die
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