Wallenstein (German Edition)
Unbehagen hinwegzukommen; er floß über von Scheltreden auf die Ligisten, den weiland Friedländer und sein Pack, stimmte ein, als jener liebreich nach dem Römischen Kaiser fragte, daß er nichts sei als ein gierig weites Maul und das sündhafte Restitutionsedikt das Tranchierbesteck, mit dem er sich den Braten zurecht machen wolle.
Die Worte fand der rot werdende Gustav verständig, schrie wieder des Hessischen Unrecht aus, und nach zehn Minuten standen da im hitzigen sich steigernden Wechselgespräch die fünf Männer mit geschwollenen Köpfen, schmähend auf den Römischen Kaiser, den blinden Hund, schändlichen volksverräterischen Papisten, gestikulierend, triefend vor Genugtuung, sich gegenseitig anrufend ermahnend, und ihnen korrespondierte das aufgewühlte schwerblütige Geschöpf aus Schweden, der überseeische König, der gierig den Kaiser schwur anzupacken gerade wie ein Hund den andern, bei der Schnauze, der Flanke, ihm die Seite aufzureißen, den Kiefer zu brechen für alle Schmach, die er der evangelischen Brüderschaft angetan habe. Ihre brühende Hingerissenheit verdampfte und sie spuckten noch; der König freute sich satt. Er dankte ihnen. Sie würden voneinander nicht lassen. Er schickte ihnen einen gewandten jungen Menschen mit, der ein unwiderstehliches Mundwerk hatte, Stalmann, der die alte Stadt Magdeburg in den Rausch der nahenden Befreiung setzen sollte. Die fünf zogen mit ihm, wie königlich belohnt, ab.
Gustav Adolf saß noch am Abend, wie sie ihn verließen, mit dem hinkenden blassen Grubbe und einem kahlen Riesenschädel, Oxenstirn, dem Kanzler, zusammen, prustete, schäumte. Sein Werk gedieh. Die Magdeburger wollte er nicht lassen. Lachte, grölte: trefflich hätte der Kaiser sie malträtiert, das Diversionswerk Magdeburg sollte geschmiedet, die halbe kaiserliche Armee daran gebunden werden, inzwischen werde er sich auf Frankfurt werfen. Auch Oxenstirn hegte volles Vertrauen auf die evangelische Festigkeit der Magdeburger, seufzte hoffnungsfreudig über Stalmann.
Noch in diesen Tagen beschlich den König in Bärwalde der Mann, den er lange erwartet hatte, der glotzäugige rotbäckige aus Bayern flüchtige Charnacé. Der Franzose fuhr ihm mit einem Jubelschrei an die Brust; nun sei endlich die Stunde da, wo er auf dem Boden des verruchten heimtückischen gewalttätigen Deutschland neben einem anderen Fremden stehe. Ja, sie stünden hier im Deutschen Reiche; der Kaiserliche sei von seinem Boden geflohen und er sei glücklich und freue sich, freue sich. Und er wiegte sich in den Hüften, öffnete liebevoll demütig die Hände vor dem König. »Ich bin«, tat Gustav grimmig, »nicht wie eine Maus in diese Scheuer gekrochen, um drin fremdes Korn zu beknabbern, sondern Ordnung zu schaffen und zerrissenen Glaubensverwandten zu helfen.« »Unermeßlich ist die Grausamkeit Habsburgs, Mörder und Totschläger sind seine verhungerten Soldaten. Wir wollen helfen, das Reich von dieser Plage zu befreien. Rechnet auf uns.« »Ihr seid katholisch. Hä! Ich mag die Katholischen nicht.« »Wir lieben Euch, Majestät von Schweden. Ich kann nur jubeln vor Euch, seht mich an. Was kommt es jetzt darauf an, ob katholisch oder evangelisch. Ihr steht in Pommern; wir betrampeln deutschen Boden, ohne daß es uns einer verwehren kann. Wir schlucken ihre Luft. Wenn Ihr Trompeterkorps Trommler habt, laßt sie schmettern und schlagen, schwedische Weisen; ich will Franzosen heranholen, daß sie blasen, man soll hören: Fremde sind im Heiligen Römischen Reich; der Habsburger sitzt in Wien: er soll kommen, uns verjagen.« Gustav staunte: »Habt Ihr einen abgründigen Haß, Herr.«
Dann begann das Feilschen; Soldaten hatte der Franzose nicht, aber Geld. Er leitete die Unterhandlungen ein mit dem grinsenden Hinweis auf seine Schlauheit; es sei ja im Regensburger Vertrag geschrieben, Frankreich dürfe keinen Feind des Kaisers unterstützen. Und er täte es doch. »Aber«, dabei lachte er wie ein Narr, »heimlich!« Wenn er sagte »hunderttausend Reichstaler«, schrie der König »nicht genug«. Sagte er »zweihunderttausend«, »nicht genug«. Gustav Adolf neben dem Riesenschädel Oxenstirns trieb den Franzosen höher und höher, schwur, er verkaufe seine Seligkeit nicht so billig, wenn er einen Papisten an sich hänge, müsse mehr haben dafür. Auf vierhunderttausend Reichstaler kam der Franzose. Da hatte der Schwede genug. Soviel sollte ihm der Franzose, lachte er mit Wonne, jährlich beisteuern, damit er den
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