Wallenstein (German Edition)
Verhandlungen mit dem Kursachsen, einem Häuptling und der Stütze der Ketzer im Reich neben dem von Gott und der Jungfrau weggerafften und in das Höllenpech verstoßenen schwedischen König.
Aus Residenzhäusern Bursen Kollegien quollen die gelehrten Streiter, scharfe Gesichter, breite langsame Menschen, heiße Augen, strenger Blick, entschlossene Münder. Lange schwarze Kleider, offenes Obergewand, sehr weite Ärmel, Unterkleider talarartig mit offenen Überröcken, flachrandige Krempenhüte, Krempen mit Schnüren rechts und links hochgebogen, schwarze viereckige Mützen. In die große Aula des Profeßhauses flossen sie ein; von weißem Stuck war sie ausgekleidet, phantastische Heiligensonnen waren in üppigen Farben auf den meterbreiten Wandbildern gemalt, Maria stand überlebensgroß mit goldenem Gesicht, weißen Seidenkleidern, schmucküberladen unter einer rubinbesetzten Krone auf einer getigerten Marmorsäule hinter dem Katheder an der Wand. Sie sangen ein Lied zum Preis Marias, als sie sich nebeneinander barhäuptig auf die knarrenden Bänke gesetzt hatten.
Der schwammige Beichtvater der Königin von Ungarn sprach: Wohin Jesuiten kämen im Reich, sollten sie auf die Gefahren hinweisen, vor Fürsten und Untertanen, in denen das Reich schwebe. Die höchste Gewalt, hätte der große Mariana erklärt, liege beim Volk, das einen rechten Gebrauch von seiner Einsicht machen müsse. Führer und Herrscher könnten so irren wie jeder Mensch und ebenso in Sünde verfallen. Die Armeen sind nicht zum Dienst der Herrscher und Heerführer, sondern des ganzen Volkes. Nur dann darf sich der Heerführer ihrer ungestört bedienen, wenn er des Vertrauens des Volkes sicher sein kann. Wenn er aber gegen den Willen und das Glück des Volkes handelt, muß sich das Volk und ebenso das Heer von ihm abwenden und ein Fluch über ihn ausgesprochen werden. Ein doppeltes Gesicht, wie der heidnische Götze Janus, habe der kaiserliche Oberste Generalfeldhauptmann von Wallenstein, der Herzog zu Friedland; eins blicke liebreich der heiligen Kirche und ihren geweihten Söhnen in die Augen, die Hände verschwenden Gaben an sie wie wenige Fürsten. Das andere Gesicht aber ließe Hauer aus dem Maul herabstoßen, blicke und grinse gierig und gehässig; die Hände dieser Seite ringen mit denen der anderen, und wem hier ein Scheffel Korn geschenkt sei, rauben diese wütigen eisernen Arme zwei drei. Dieser liebreiche Mund spricht das Ave und den Rosenkranz, dieser Kopf senkt sich fromm bei der beseligenden Darbringung des Opfers – jenes grimmige Maul hat nur Freude an dem Trübsinn der Ketzer, lobt ihre bösen Begierden und Ansprüche, und der Kopf ist von Anschlägen auf die Freiheit und Macht der süßen katholischen Kirche voll. Solch Mensch sei er, entstanden auf böhmischem Boden, mit Sorgen hätte man ihn dem falschen Glauben entrissen, aber nicht entschlossen genug das widrige Unkraut mit der Hacke gejätet. Der zum Schmerz aller Frommen mit dem sächsischen Kurhut bedeckte trunkene Ketzer, Johann Georg benannt, glaubt Anspruch auf Güter und Gebiete zu haben, die er und seine Vorfahren der katholischen Kirche in ihrer einstigen Schwäche gestohlen haben. »Oh, grenzenlos war der Schmerz, als uns diese Stifter, Klöster und Güter geraubt wurden, viele verzagten an dem Glück unseres Schiffleins. Grenzenlos ist unser Frohlocken, wo uns unsere Habe wieder zufallen soll auf den Spruch eines weisen gerechten frommen herrlichen Kaisers. Aber der doppelgesichtige Mann hat unser Verderben vor. Er will sich mit dem Ketzer in Dresden über den Raub verständigen und sich mit seinem eigenen Gewinn rechtzeitig aus dem Krieg schleichen. Ihm liegt nicht an Sieg und Niederlage. Wir hören es von allen Seiten. Ja, er will Frieden, und wenn der Friede auch die Ohnmacht und Schmach unserer heiligen Kirche besiegeln soll.«
Darauf sangen sie ein lateinisches Lied, indem sie aufstanden. Sie sprachen in Gruppen. Der große hinkende Luxemburger, Beichtvater der Römischen Majestät, trat während der Rede in den Saal, blieb an der Tür stehen, mischte sich horchend in die Gruppen. Er hatte ein unentschlossenes müdes Gesicht und sprach kein Wort.
Als sie sich wieder gesetzt hatten, sank ihr Tuscheln vor der scharfen aufreizenden Stimme eines Rektors. Wie Fanfaren fing er an: »Ecclesia militans! Ecclesia militans! Das sind die Diener der Jesugesellschaft. Wir, wir! Ein Fähnlein hat uns unser geheiligter Stifter genannt, die Sturmkompagnie des Papstes
Weitere Kostenlose Bücher