Wallenstein (German Edition)
sollen wir bilden zum Kampf gegen die Heiden im Ausland und in der Christenheit. Kein Frieden! Kampf unser Ruf, bis zum Sieg des Papstes. Wir stehen dem ungeheuersten Geschick gegenüber: der gewaltige Krieger des Kaisers will uns zum Frieden zwingen. Wir sollen aufhören zu sein. Die Kirche soll verkrüppeln. Wir werden nicht aufhören zu leben, sein Reichtum soll uns nicht töten, Armut wird das Bollwerk unserer Kompagnie sein. Es sind Boten aus Sachsen zu uns gekommen, Boten aus Böhmen, die erkennen lassen, daß der Kampf auf Bestehen und Vergehen jetzt entbrennen soll; der Krieger des Kaisers hat ihn uns angesagt. Er will das Reich einigen. Wir sind katholisch und bleiben katholisch. Daran scheitert alle Einigkeit. Die Lauheit seines Religionsfriedens entlarven wir: sie deckt die Niederlage des alleinseligmachenden Glaubens. Ecclesia militans! Provinzial, Professoren, Magister, Adjutoren: die Armeen des böhmischen Wallenstein marschieren gegen uns. Ich rufe auf: wollt ihr weniger sein als seine Feldzeugmeister, Wachtmeister, Obersten, Hauptleute, Leutnants und Kornetts. Der Geist gegen Waffen! Die Seligkeit gegen Politik! Im Zeichen des heiligen Ignaz: wir werden des Friedländers Herr werden.«
Sie murmelten freudig, bildeten gestikulierend Gruppen, von den Bänken aufstehend. Der bayrische Doktor Leuker war in Wien, von dem jungen Küttner begleitet. Maximilian hatte seinen jungen Gehilfen ungern gehen lassen. Der vermochte das hilflose Herumsitzen in den kaiserlichen Räumen des Münchener Palastes nicht zu ertragen, konnte die schreckliche Vereinsamung, in der sich sein Herr befand, nicht ansehen, und ohne zu bedenken, daß er seinem Herrn die einzige Fröhlichkeit der langen langen Wochen war, riß er sich los, reiste nach Wien, zu Leuker, um auf eigene Faust etwas zu unternehmen. Der Jesuitenspektakel gefiel ihm, die Väter begriffen den Augenblick, aber waren nicht mächtig genug. Er suchte aufzustöbern, wer Bayern helfen wollte. Wie Doktor Leuker, ratlos wie er, herumwanderte bei den Herren des engeren Konferenzrates, des Hofkriegsrates und der Kammer, fand der scharf beobachtende Resident, daß man ihn zu Klagen über den Generalissimus förmlich anregte. Als wenn man eine Genugtuung darin fände, solche Klagen zu hören. Man wollte etwas auch von ihm, als geheimem Verbündeten gegen irgend jemand. Er sah rechts und links: es ging etwas am Hof gegen den Herzog vor. Man wurde nicht deutlich.
In diesen Tagen begegneten sich in den Burgkorridoren der bayrische Resident und der böhmische Oberstlandmeister Wilhelm Slawata. Langsam schritten sie durch die Höfe in die Stadt. Der Graf zog den Bayern mit sich. Er sprach Gleichgültiges, suchte die Gesinnung des anderen zu erforschen. Sie trieben im Gedränge der inneren Stadt hin und her, umgingen mehrmals die Pestsäule am Graben, in schwere Pelze gemummt; wichen vor den Gesellen des Rumormeisters, die auf sie aufmerksam wurden, nach dem Hohen Markt, zwischen dessen Krämergeschrei sie verschwanden.
Wie die Kurfürstliche Durchlaucht zu Bayern ihre schweren Verluste verwunden habe, fragte der schöne Slawata, und was sie weiter zu tun vorhabe. Der Bayer klagte heimlich: das sei ja das Unglück; Bayern sei verbündet mit Habsburg und so sei alles glatt; aber wer könne denn verschweigen, daß dieses Bündnis zum Lachen wäre. Im Ernst: niemals sei es dem Kurfürsten Maximilian so schlimm gegangen wie in dem Feldzug des verflossenen Jahres; alle die ihn vor Nürnberg begleitet hätten, hätten darüber lamentiert. Er begann die Zahl der Kränkungen weitläufig aufzuzählen, die der Friedländer dem Kurbayern bei Zirndorf und schon vorher, von Eger her, angeboten hätte; halbtot, hätte Maximilian seinem Vater gesagt, sei er von dem rachsüchtigen Mann gequält worden. Ja, es sei ein Unglück, meinte verstohlen lächelnd der andere, in die Hände seines Feindes zu fallen, denn man könne es ja dem Friedländer nicht verdenken, wenn er den Regensburger Konvent nicht so leicht vergesse.
Indem sie über den Lobkowitzer Markt zwischen den Hühnerkörben streiften, begegnete ihnen der lustig durch den Schnee schlürfende Küttner, der in einfacher federloser Kappe und ohne Degen ging und lachend gestand, er sei auf Diebeswegen und wolle in die Rotenturmstraße, wo es den schönsten Honigtrank in einem Metkeller gebe. Der dunkel blickende Slawata wurde zum ersten Male des rotwangigen Menschen ansichtig. Sie reichten sich die Fingerspitzen. Nach kurzem Plaudern
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