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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Wunder von dem Tierdarm erwarten; was die Kuh später von sich gibt, ist ein Kuhfladen wie jeder andre. Verzeih – ja du lachst, Kind – ich will nur sagen, diese lutherische Kuh hat brav gehandelt, aber sie ist auch trotz des lutherischen Bekenntnisses unsre gute Kuh geblieben.« »Ich verstehe.« »Und machen wir erst diesen Schritt, so machen wir alle. Dieser Buchstabenglaube, sag’ ich dir, ist ein Rückfall ins Judentum. Weh dem, der glaubt, weil er zwei Füße hat, er könne auch allein aufstehen. Unser Glaube hat Freiheit, der Heilige Geist hat die Evangelien diktiert, er ist mit dem Papst. Nur mit dem Heiligen Geist ist die Freiheit. Wir werden ernstlich einmal darangehen müssen, der Kirche und dem Papst die Bibel wieder zu erobern; wir müssen die Schafe vor dem Wahnsinn und dem Tod schützen.«
    Gänge, Türen, Treppen. Sie stiegen ernst über die Holzdiele. Hinter den Fenstern des Erdgeschosses saßen sie, blickten in den Wald hinaus. Sie warteten. Ein Diener brachte ein niedriges Tischchen mit Äpfeln und Zuckerwasser. Der Novize öffnete vor dem Priester ein Fenster. Erfrischende Luftströme.
    Ferdinand ließ sich vom Pferde helfen. Ein schnauzbärtiger älterer Mann bei ihm, fingertiefe Narben in dem entschlossenen kleinen Gesicht, das unten ein starker vorspringender Unterkiefer abgrenzte. Mit raschen Schritten an dem Geistlichen vorbei. Der Leibdiener holte bald den grauen Pater; der Kaiser dankte ihm, plauderte mit ihm; er wollte ihn abends empfangen.
    In dem breiten, von Streben durchschossenen, wie von verschlungenen Armen gestemmten Gewölbe stand Ferdinand, heftig und leise diskutierend mit dem Schnauzbärtigen. Der trug zwei Pistolen im Gürtel, der Kaiser hatte ihn nach dem Überfall bewogen, bei ihm zu bleiben. Jetzt verlangte Ferdinand, weiß-grün wie der andre gekleidet, in losen Kniehosen leicht schlotternd, tiefrotes Gesicht, Böckel solle mit ihm weg. Der widerstrebte. Dann wollte Ferdinand ohne ihn weg; man hätte etwas gegen ihn vor, einen Anschlag, flüsterte er ängstlich, es sei nicht ausgeschlossen, daß man ihn einsperren werde, um seiner sicher zu sein; gegen Kaiser Matthias und Rudolf sei auch dergleichen geplant gewesen. Der wollte es nicht glauben. »Es ist so weit«, verharrte Ferdinand, »sie wollten den Herzog zu Friedland beseitigen, Friedland ist mein Freund, er hat mich hochgebracht; sie werden mich fassen wollen; sie wissen, wie ich denke.« Der starke Böckel, der einen feisten runden Rücken hatte, listig um sich schauend: also Ferdinand sollte sich nichts vergeben, sie wollten mitnehmen, was sie tragen könnten. Gegen Abend sollte es sein; er wolle hinaus zur Vorbereitung; er tuschelte noch: der Kaiser solle sich keine Blöße geben bis da.
    In ein Zimmer ging Ferdinand, den ein Schrecken beim Anblick des fremden Geistlichen befallen hatte, dann nicht mehr, lungerte in der Nähe der Tür herum, ritt angstvoll um das Schloß. Er mußte am späten Nachmittag noch mit dem Fürsten Eggenberg durch die Gänge promenieren; das Absetzungsmandat Wallensteins sollte unterschrieben werden. Zum erstenmal empfand Ferdinand fiebernd einen Haß auf den Mann, der ihn jetzt bedrängte und quälte. Er sah nicht die hündisch treuen Blicke des alten Menschen, er wartete, daß er ging. Was Wallenstein, pfui, pfui, sie sollten ihn zu nichts kriegen.
    Als man zur Abendmesse gehen sollte, hing Ferdinand schon auf dem Pferde. Eine halbe Stunde lag Wolkersdorf hinter ihm.
    Er dachte daran, wie ihn vor langer Zeit Graf Paar mit Gewalt entführen wollte. In einem Talkessel lagerten Böckels Gefährten; Ferdinand umarmte den eisenstarken Gesellen. Dann schrie er wie ausgelassen sinnlose Silben aus voller Kehle in die Luft, die anderen lachten. Er warf sich auf den bloßen Boden, zuckte mit den Armen und Beinen, knirschte, weinte, schäumte, schrie. Er ließ aufgestemmt betäubt den Kopf zu Boden hängen. Ferdinand war schwindlig. Er glaubte, ein Schlag träfe ihn. Man wollte ihn hindern, aber er fing an, sein Pferd abzuhalftern, zu füttern; schüttete dem Tier Stroh und Heu auf, küßte es tränend zwischen die Nüstern, das ihn fortgetragen hatte.
    In dieser ersten Nacht, wo er in einer leeren Scheune neben seinem Pferd zwischen den wilden Gesellen schlief, träumte er, er stünde wieder an seinem Fenster in Wolkersdorf; es klatschte etwas gegen die Scheiben, er stieg hinaus, sie nahmen ihn bei der Hand, liefen mit ihm durch den Wald. Aber er lief rascher als sie, er lachte, ließ sie

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