Wallenstein (German Edition)
schon hiervon gehört?« Trautmannsdorf, mit Questenberg Blicke wechselnd, sagte bissig nein. Dann aber, als der Herzog ruhig vorlas, die Namen las, waren sie entsetzt und ihnen ging der Atem aus. Es war klar, daß sich der Herzog durch dieses Schriftstück der Offiziere versicherte für den Fall der Enthebung vom Generalat. Trautmannsdorf stöhnte unwillkürlich vor Erregung, so daß sich der Herzog unterbrach, ob er nicht weiter lesen sollte. Sie baten sich eine Abschrift des Reverses aus, die Friedland bereitwillig zusagte. Sollte ihnen gewiß kein Name unterschlagen werden. In eisigem Triumph geleitete sie der Herzog auf die Diele. Außer sich vor Wut, von Scham gelähmt, reisten sie tags darauf ab.
An den nächsten Tagen nahm der Herzog selbst an Banketten teil, die von Ilow ihm und Gallas zu Ehren veranstaltete. Ein trotziges prahlerisches Gerede ging bei dem Getafel um, Friedland beteiligte sich an jedem Umtrunk. Das Frühjahr sei vor der Tür, man wisse, wozu man lebe. Junge Offiziere, dem Herzog zu schmeicheln, schrien, man werde den Wiener Intrigen Schach bieten; die Spanier würde man nach Spanien jagen, den Wiener Hof hinterdrein. Wallenstein aber fing von seinen Kreuzzugsideen an, als hörte er nichts; er wolle alle Truppen der ganzen Christenheit einmal zusammenfassen und sie gegen die Türken werfen; da sei ihm gleich recht katholisch oder lutherisch, die Welt wolle erobert sein, ein Hundsfott, wer jetzt die Fahne verlasse und die Wiedervereinigung der Christenheit störe.
In dem Erregungssturm, der das Pilsener Lager erfaßt hatte, arbeitete die Umgebung des Herzogs mit größter Entschlossenheit. Graf Kinsky, der Böhme und Franzosenfreund, in Pilsen herumgehend, brachte de la Boderie vor Friedland, einen Attaché Feuquières’, der den Augenblick für einen tödlichen Stoß gegen Habsburg gekommen hielt. Festlich wie immer schleppte der eitle Kinsky sein Opfer an, einen flinken Mann, die Nase langgezogen, die Spitze gesenkt über den Mund. Beide erlebten, daß Friedland sie ganz anders empfing, als sie erwartet hatten. Beleidigend kurze schneidende Fragen wie an Bediente stellte er, Ablehnung jeder huldigenden und höflichen Phrase. Das Gespräch wurde italienisch geführt, ging von de la Boderies Erbieten aus, dem Herzog das Königreich Böhmen zuzusprechen, worüber Friedland mit eisigen Wendungen hinwegging, um selber sechs Fragen an den Unterhändler Feuquières’ zu richten, vor allem: welche Sicherheit ihm Frankreich bei einem Krieg gegen Habsburg gäbe, wie man sich zu Bayern, Frankreichs Liiertem, stellen solle, worauf die Operationen gegen Habsburg hinausgehen sollten.
Der schockierte, gut informierte unsichere Unterhändler übermittelte erst nach Rücksprache mit Feuquières, der in Dresden arbeitete, Antworten, daß man Wallensteins Groll Bayern und den Kurfürsten Maximilian opfern wolle, eine Million Livres jährliche Unterstützung ihm verspreche, fünfhunderttausend im Augenblick, den Waffenschutz Frankreichs; es müsse auf Wien losgestoßen werden. Einen persönlichen überfließenden längst vorbereiteten Brief des Allerchristlichsten Königs Ludwig brachte de la Boderie aus Dresden für den Herzog mit. Ein zufriedenes Knurren war die Antwort Friedlands; er warnte den Franzosen, sich einzubilden, daß er vom Kaiser abfalle. »Die Armee steht hinter mir«, sagte er, »ich bin nicht gegen den Kaiser, ich will zum Frieden kommen, die Kriegspartei am Hofe wird sich fügen. Aber es sieht aus, als ob nun die bayrische und Jesuitenpartei herrscht am Hof, Spanien führt das Szepter. Bayern will seinen Spott an mir üben. Ich bezahle ihnen für jetzt und für das letztemal.« De la Boderie verabschiedete sich, verständnisvoll sich verneigend, er wolle einen Vertragsentwurf aus Fontainebleau herbeischaffen.
Kinsky wurde von dem grausam ihn anfunkelnden Herzog im Saal festgehalten: ob er das dem Franzosen ins Ohr gesetzt habe, das mit Böhmen – die Franzosen wollten ihn mit dem Königreich Böhmen beschenken. Er zog den verwirrten, sich krümmenden Grafen durch den Saal am Ohr: »Ich werde Euch beseitigen lassen, wenn Ihr mich kompromittiert. Was hab’ ich Euch von Böhmen gesagt? Sagt mal! Ho, ja hi. Was habe ich Euch gesagt? Hat der Herr Verlangen nach seinen Gütern? Hi, ja hi, hihi. Erobere er sie selbst.« Als Kinsky sprechen wollte, wies ihn der Herzog kreischend hinaus und schlug ihn in den Rücken.
Trzka fing den glühenden Kinsky schon an der Tür ab. Sie flüsterten
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