Wallenstein (German Edition)
tief gedemütigt worden; jetzt sollte die Entscheidung kommen, die das Haus Wittelsbach vernichten konnte. Der Gedanke, das Haus Wittelsbach könnte vernichtet werden, dieser ungeheuerliche – und Schweden, Bernhard von Weimar oder Friedland könnten in Zukunft in Bayern schalten, lähmte sein Gehirn. Küttner war bei ihm im Passauer Rathaus. Mit der Härte von Slawatas Gedanken setzte er dem schwankenden hilfesuchenden Kurbayern zu; es gelang ihm auf Stunden in Maximilian die Furcht um Wittelsbach zu verdrängen. Er lockte den Kurfürsten auf den alten Kampfgang gegen den Herzog. Da war keine Unsicherheit, Wallenstein mußte herunter.
Und als Aldringen mit seinen Regimentern abgezogen war, saß Maximilian noch im Passauer Rathaus starr auf dem Lehnstuhl am Fenster, hörte das Klappern der Pferdehufe. Wittelsbach war in Gefahr, auf wen verließ er sich? Friedland besaß ein großes Heer. Und diese hier! Küttner hörte ihn plötzlich ächzen; die Scham glühte über Maximilian; steif und wild blickte der Kurfürst den andern hinter sich an, der sich umdrehte. Wie Küttner gemartert das Zimmer verlassen hatte, knickte Maximilian auf den Knien vor dem Fenster zusammen; leidenschaftlich trieb er seine Gedanken hinter den Regimentern her, bettelte bei den Schutzheiligen, sich der Truppen anzunehmen, gelobte Geschenke Stiftungen, was es auch sein sollte. Er blieb auf den Knien, als ob er eine Antwort erwarte. Öffnete das Fenster. Die Straße war leer, Aldringen war weg.
Die Regimenter die Gebirgspässe überschreitend; über die Quellen der Moldau. In Netolitz bei grausigem Schneegestöber holte sie Piccolomini ein. Es konnte nicht gezaudert werden, die Obersten wurden eingeweiht; Piccolomini wies ein mit kaiserlichem Siegel versehenes Befehlsschreiben vor, das alle Offiziere und Soldaten ihrer Pflicht gegen den bisherigen Obersten Feldhauptmann, den Herzog zu Friedland, enthob und sie an den Grafen Gallas verwies, in Gallas’ Behinderung an ihn selbst, Piccolomini, und Aldringen. Unterschrieben war das Schriftstück vom König von Ungarn und dem Fürsten Eggenberg angesichts der Erkrankung des Römischen Kaisers. Ursache der Veränderung sei eine ganz gefährliche und weitausschauende Konspiration und Verbündnis des Friedländers, seine meineidige Treulosigkeit und barbarische Tyrannei, die das kaiserliche Haus um Land und Leute, Krone und Szepter zu bringen Vorhabens sei. Gewalt war die Losung, die der hitzige Italiener ausgab; er wollte, schwur er, den Skorpion auf der Wunde erdrücken; der schlaue ängstliche Federfuchser Aldringen ließ ihm seine Regimenter, er selbst zog träge mit seinem Stab hinterdrein. Ohne Zögern stießen die Regimenter unter Piccolominis Führung auf Prag los. »Ich kann nicht warten«, hatte der Italiener gespien, »bis der Herzog in Prag ist.« Die Stadt war gänzlich ahnungslos. Die Obersten der friedländischen Truppen verstanden nicht, was der Generalwachtmeister im Sinn hatte, als er sie, während seine Truppen in kriegsmäßigen Formationen mit Artillerie die Brücken der Stadt und den Hradschin besetzten, zu sich in das Altstädter Rathaus berief, das Enthebungsmandat vorlesen ließ, das gleichzeitig unter Trommelschlag auf Gassen und Plätzen verkündet wurde, und an sie die Aufforderung richtete, sich ihm zu unterstellen als dem Vertreter des Generalissimus Gallas. Erst während seiner Rede erkannten die Herren in dem dunklen Raum, daß Gefangene schwer gefesselt an der Wand hinter dem Italiener lagen, stöhnten, Offiziere, die dem Herzog zu Friedland eng verbündet waren, seine Lehnsträger. Den Wunsch zweier Obersten, sich über die Sachlage zu besprechen, beantwortete Piccolomini zustimmend, aber diese Besprechung müsse bei der Gefährlichkeit der Lage in einigen Minuten zu einem für den Kaiser nützlichen Ende geführt sein. Die übrigen erklärten, dem kaiserlichen Patent ohne weiteres Folge zu leisten. Sie kletterten verstört hinaus. Ihre Regimenter waren draußen mit Fähnlein der Aldringenschen Truppen untermischt; es wurde den Herren bedeutet, daß keine Unbill gegen sie beabsichtigt würde, aber man wolle sie vor Konflikten bewahren, sie möchten sich einige Tage von den Truppen fernhalten.
Im Anmarsch von Süden Marradas’ Truppen; überall lautete die Parole: »Wir wollen den Kaiser nicht verlassen, wir wollen die Schweden und Welschen aus dem Reich schlagen.« Und dann: »Der meineidige Wallenstein; er will dem Kaiser Böhmen nehmen, mit Schweden und
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