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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Liebden sind Reichsfürst und Protestant. Wir unterwerfen uns alle der kaiserlichen Oberhoheit, aber nicht dieser. Ich habe sie gezwungen, in den letzten Wochen die Maske abzulegen. Es handelt sich um die Niederringung der Religionsfreiheit und sie sind maßlos. Der Kaiser ist ihr Instrument; ich habe Nachricht, daß man nicht weiß, wo der Kaiser steckt, ich weiß, man hat den gütigen edlen Herrn beiseite gedrängt, als man gedachte vorzugehen.« Dann: »Euer Liebden: die Reichsfürsten müssen sich besinnen; es ist hohe Zeit. Ich weiß, Ihr werdet mir vorhalten, ich habe wenig Grund, das Euch vorzuhalten, ich hätte selbst genug an den Reichsfürsten gesündigt als Kapo einer kaiserlichen Armada. Da habe ich geglaubt, einem Kaiser zu dienen. Ich bin gewaltsam vorgegangen wie ein Soldat, aber ich habe geglaubt, dem Kaiser dienen zu müssen. Ich bin auch widerstandslos gegangen, als man mich meines Generalats enthob. Jetzt hab’ ich nicht mehr den Wahn, dem Kaiser zu dienen. Ich habe die Zähne zu zeigen der eigensüchtigen Kamarilla, den verbohrten Scheinkatholiken, denn das sind die Jesuiten, die Euch Protestanten die Treue absprechen und nicht als Menschen, geschweige als Fürsten und Herren anerkennen.« Darauf knurrte der Kleine, er kenne diese unflätigen Lehrer, die die Grausamkeit und Unversöhnlichkeit predigen und die man totschlagen möge. »Ja totschlagen, Herr Markgraf. Da seht, wer totschlagen kann. Mich haben sie hierher getrieben wie einen Räuber und gedenken mich auch zu fangen wie einen Räuber. Wären mir die Regimenter nur gefolgt, wären sie überführt ihrer Falschheit und Bosheit und das Reich ginge der guten Beruhigung entgegen.« »Ihr seid machtlos«, krächzte später erregt der Herzog, als der dürre Markgraf von einem neuen großen protestantischen Bund redete, »laßt Eure Neuigkeiten, Ihr kommt nicht weiter vor Hader, wir haben es gesehen an dem Bund von Bärwalde, in Heilbronn. Schickt Soldaten zu mir, daß ich den Stoß der Kaiserlichen auffangen kann. Ich verlasse mich auf den Feldmarschall Arnim; Bernhard wird die Situation erfassen. Jetzt keine Eigenbröteleien, Euer Liebden. In acht Tagen entscheidet sich das Geschick des Reiches.« Der Kleine knaute: »Mich wird man nicht ausrotten können.« Wild der Herzog: »Euer Liebden können mir vertrauen, ich habe lange genug die Fäden in meiner Hand gehabt; Ihr wißt, daß mein Name nicht ohne Klang ist. So will ich nicht Friedland und von Wallenstein heißen, wenn nach diesem Krieg von Euch Reichsfürsten mehr als ein Haufen von Edlen übrigbleibt, die jeder ausplündern kann. Das Heilige Reich verblast Ihr –« »Was soll das?« »Gebt mir Truppen. Jetzt, im Augenblick. Die Judasse, die das Reich verderben, kennt Ihr.«
    Der alte Markgraf trabte ab; verärgert schimpfte er seinen Begleiter aus: »Ich mach’ seine Rebellion nicht mit. Das Mandat des Gallas paßt ihm nicht, und er denkt mich zu beschwatzen. Er wird den Reichsfürsten noch aus der Hand fressen, der Gernegroß, der böse Gewaltmensch. Sein großer Name: ha.«
    In zwei Tagen hatte der Herzog, selbst ausreitend, die Kompagnien so in der Hand, daß bei stürmischem Schneewetter das Aufwerfen von Schanzen vor der Stadt, die Aufstellung einer leidlich starken Knechtstruppe aus der Stadt und den Dörfern in flottem Gang war. Gegen die Offiziere erging er sich in groben Worten über die abgefallenen Regimenter, besonders über den treulosen Grafen Gallas und das usurpierte Generalat; er würde, wenn es sein müßte, gegen Wien marschieren und sie Mores lehren. Der lange Ilow und Trzka arbeiteten wieder in leidenschaftlicher Anspannung. Jetzt erst erschreckte Wallenstein, sein gräßliches marterndes Leiden mißachtend, seine Umgebung durch die alten tobsüchtigen Ausbrüche. Er bäumte sich gegen das Gefängnis dieser Stadt: der Kaiser müsse geworfen werden, das Reich in Fetzen zerrissen. Er werde einmal seine Rache für alles nehmen, von Ungarn angefangen bis Regensburg und Pilsen.
    Er trug keine Schuh, in dicke weiße Verbände waren seine Füße eingeschlagen, sein Pferd mußte geführt werden. Im Lederkoller, den weiten roten Mantel umgeworfen, saß der hagere Mann unter seinem Federhut, der ihm zu weit geworden war, auf dem schaukelnden Pferderücken. Er war mit Riemen angebunden; vor Schwäche sank er oft nach vorn auf den Mund über die Mähne des Tiers und mußte hochgehoben werden.
    Im Haus drückte er sein dick gedunsenes Gesicht gegen das Fenster, knirschend:

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