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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Generalrendezvous gewesen war, war eben vom Herzog unsicher gemacht worden durch das Angebot von zweihunderttausend Talern, wenn er bei ihm verbliebe bis zur Ankunft von Verstärkung; nur eine kleine Anzahl Truppen hätten angeblich gemeutert. Der Oberst, der das Pilsener Papier unterschrieben hatte, hing nicht am Herzog; er wollte das Proskriptionsmandat sehen, von dem ihm in der finsteren Kammer der Geheime Rat Graf Slawata sprach. Es gelang dem Grafen, den verschlossenen Mann zu erregen und zum Fäusteballen zu bringen mit dem Hinweis auf das böse Gemüt des Friedländers, der nun offen von der frommen katholischen Sache abschwenkte zu den Sachsen und Schweden. Einen Bescheid, ob er sich des Herzogs bemächtigen wolle, erhielt er von dem schwer beweglichen Iren nicht. Der äußerte nur grimmig und einsilbig, er werde beim Herzog bleiben, da die Vorsehung es einmal so gefügt habe, und böse Pläne werde er zu verhindern suchen. Slawata flüsterte weggehend, dem Obersten bittend, beinah inbrünstig die Hände küssend: sie seien allein: die Sache der heiligen Kirche und des Hauses Habsburg hinge von ihnen beiden ab.
    Marsch von Mies in kühler nebliger Luft auf Eger. Der Oberst hielt eisern seine Dragoner zusammen; fünf altsächsische Reiterkompagnien, die sich ihnen angeschlossen hatten, entwischten; zweihundert zu Fuß blieben. Wippende Moorwiesen, Wassertümpel, dürftige Krüppelbäume. Da hob sich der Grünberg, oben die Spitze der Sankt-Anna-Kapelle. Die Zitadelle von Eger. Obertor, Untertor von Eger schlossen sich nachmittags hinter ihnen.
    Der einsame schöne Böhme wanderte abends zur Kapelle hinauf, sah auf die ruhige Stadt, lachte sich schauernd aus, wie er zurückschlenderte in der Nacht: er war ein Opfer seiner Leidenschaft, gurgelte er, konnte nicht von ihr lassen, wollte sich von ihr die Hände und Füße fesseln lassen. Nun kam bald die geheimnisvolle Stunde, auf die er so lange gewartet hatte.
    Die Dragoner lagerten auf freiem Feld, der Oberst mit den Fahnen in der Stadt. Sie hinderten die herzoglichen Kuriere nicht, aus- und einzulaufen. Im Stadthaus des Bürgermeisters am Markt saß der Herzog zu Friedland. Im Hof eine Holzgalerie umlaufend, hinten quartierten sich ein Trzka Kinsky Ilow.
    Zerbrochen, unbrauchbar der blasse eitle Graf Kinsky; er zitterte, wußte nicht, wie fliehen; schlich durch die Stadt, um das Haus, freundete sich hier an, dort an. Störrisch und böse der lange Panther, der von Ilow; er schlug sich mit dem Grafen Trzka herum, in den Stuben, beim Ritt: Trzka hätte die Aldringenschen zurückwerfen sollen, hätte ausharren müssen; wie, konnte er nicht sagen; Trzka gab nach, sie waren beide in einer verbissenen Unruhe. Die Meuterei hatte sie wie mit einer Flut von jäher Betäubung weggeschwemmt, sie waren verwirrt und verzagt aus Geheul und donnerndem Lärm davongestürmt, hatten nicht einmal gedacht, sich mit dem zurückbleibenden Herzog in Verbindung zu setzen.
    Den erreichte Getümmel und allgemeine Panik erst, als blutende Polizeitruppen an ihm vorbeiflüchteten. Er verließ die Sänfte, die Steigbügel seines Leibpferdes wurden mit Seide umwickelt, führte im roten allen bekannten Mantel selbst die Kompagnien um ihn zurück. Über den Weg ließ er hinter sich in aller Raschheit einen niedrigen Wall aufwerfen, den eine Handvoll Schützen deckten; aber es war nicht nötig, daß sie sich in der klumpigen triefenden Erde eingruben; es dachte niemand von den Truppen an Verfolgung, alles war nach Prag. Spät erst, nach vier Stunden Ritt, legte er sich in seine Sänfte, eine Totenlarve hing ihm vor dem Gesicht. In Eger im Pachhelbelschen Hause gingen sie mit Scheu um ihn; Scham und Pein bei seinen Vertrauten. Er brach nicht in Wut aus. Aber sie sahen, daß er grausam an sich hielt, keinem Vorwürfe machte, daß er in furchtbarster Gerichtsstimmung war, von seiner Rachsucht gegen die, die ihm das angetan hatten, ganz verschlungen war.
    Untereinander maßen sie sich; sie wollten es noch abwarten, konnten sich vom Herzog nicht losreißen. Der junge Albrecht von Sachsen-Lauenburg, sächsischer Marschall unter Arnim, ritt in Eger ein, er schmähte schon am Tore auf Ilow und Trzka, deren Fahrlässigkeit das gräßliche Unglück verschuldet habe, das alle Chancen verschlechtert habe; vor dem Herzog zu Friedland lag er fast auf den Knien. Wallenstein, in schwarzem Pelzmantel gebückt mit untergeschlagenen Armen sitzend, die kleinen Augen graublau umrandet, spitze Backenknochen,

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