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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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verwischt. Wer hat mir das angetan?«
    »Du bist krank, du frierst, du schüttelst dich im Frost.«
    Aber Ferdinand blickte ihn ruhiger aus seinen hellen Augen an: »Ich bin verzaubert. Ich kann nichts als mich freuen.«
    Der Barfüßer sprach Gebete, segnete ihn, ging davon.
    Ferdinand überwand das Fieber. Sehnsüchtig, wenn die Horde fortgerasselt war, kroch er zur Tür hinaus auf allen vieren in den grünen Wald. Es war sonnig. Er suchte sich zu heilen.
    Der Wald, der Grund eines weiten Meeres, Tag und Nacht durchwogt und aufgewühlt. Die jungen und alten Bäume hielten sich mit Wurzeln an der Erde fest; Geäst und Blattwerk, hungrig hochgeworfen, wurden am Schopf gefaßt, nach unten gebogen, seitlich geschnellt, im Kreis geführt. Vielfarbige Blumen wuchsen im versteckten Gras. Ferdinand zog sich an dünnen Stämmen hoch, fühlte seine Knie; die Luft blies in seinen geöffneten Mund, der Atem ging leise aus seiner matten Brust; er rutschte wie ein weicher Wurm ab auf das Moos. Er pendelte und schwankte getrieben wie ein Ertrunkener in der Luft. Wie dunkle Zauberworte klang manchmal in ihm auf: das Reich, der Krieg, der Thron. Auf Minuten breitete er stöhnend die Arme aus: »Ich bete nicht, Maria muß mir helfen, sie wird mir verzeihen.« Unversehens, wie er lag, hatte ihn das pelzige Moos.
    Kopfbeugend und mit Ungeduld ging und stand er, bis sich die Horde verlaufen hatte, um sich zwischen den stummen Bäumen wieder einzufinden.
    Auf einem Baum erwartete ihn ein sonderbares Wesen. Es saß zwischen starken Ästen, streckte den kleinen braunschwarzen Kopf zwischen Blätterhaufen hervor. Ein verwahrloster junger Mensch, stark am ganzen Körper behaart. Er ließ die Äste zusammenschnellen, sah wieder herunter. Über Schulter und Bauch hatte er sich einen fellartigen Lumpen gebunden; er stieß und hangelte mit den affenartigen mageren Beinen. Der Kobold, die schwarze knochige Brust nach einiger Zeit herunterbeugend, krächzte etwas Wortähnliches, lief vorsichtig, wie er Ferdinand kriechen und liegen sah, auf den Ästen um ihn herum, dann am Boden. Ferdinand winkte ihm. Er floh.
    Von Tag zu Tag kam er dichter. Einmal schwang er sich zu dem Kranken, griff schnell nach seinem Brot, aß im Fortlaufen. Er beobachtete Ferdinand aus fliegenden grauen Augäpfeln, die rastlos in ihren flachen Höhlen spielten, ohne daß sich die kleinen Lider bewegten. Schließlich betastete und beschnüffelte er den sitzenden Mann, der ihm öfter die Hand hinstreckte. Er wich ihr aber zuckend aus, zuletzt nahm er sie bei den Fingern, besah sie dicht, drehte und hob sie, beschnüffelte sie, ließ sie los. Saß da, um plötzlich auf ein Geräusch einen Baum anzuspringen und zu verschwinden.
    Einmal, wie Ferdinand die Tür der Hütte aufließ, schlich das Geschöpf hinein, kam rasch mit einem großen Stück Fleisch heraus, das er auf einem Baum verschlang. Wie er wieder neugierig Ferdinand beobachtete, der sich an seinem Stock hochschob und einige Schritt schleifte, stellte er sich neben ihn, stützte ihn geschickt von hinten, indem er ihm unter den Arm griff; dabei kicherte er mit demselben Krächzen, mit dem er sprach.
    Ferdinand verstand rasch seine kindlichen Bezeichnungen. Einmal morgens – Ferdinand hatte ihm wegen seines stechenden Geruchs verwiesen, in die Hütte zu gehen – erwartete ihn das Geschöpf listig lauernd schon draußen. Es winkte, lachte, gab zu verstehen, daß es etwas Schönes wüßte. Und dann stützte es Ferdinand unter einem Arm, zuletzt trug das kleine Geschöpf keuchend den andern eine Strecke bergigen Bodens auf dem Rücken. Von einer nahen Anhöhe zwischen Gesträuch sahen sie herunter. Da war ein Fluß und an ihm ein weites buntes klingendes Badehaus. Schwimmende Tische; auf den Galerien gingen Damen mit geschlitzten Mänteln. Von oben warfen sie Blumen herunter, die unten spannten ihnen Laken entgegen. Die lustigen Fräulein streckten die Hände nach der Galerie um Geschenke aus, sie tanzten im Bad, das Gewand schwamm obenauf. Flöten und Lauten spielten. Bälle mit Glöckchenbehang flogen über dem Wasser. Der Waldmensch kreischte leise, knirschte mit den Zähnen, hatte funkelnde Augen, leckte sich einen hochspritzenden Tropfen wonnig vom Mund. Er hüpfte mit Ferdinand vorsichtig zurück.
    Ferdinand liebte das wilde Geschöpf außerordentlich. Er wunderte sich selbst. Überaus stark griff ihn die Neigung, dieses sonderbare Verlangen zu dem Tierwesen. Er war in vieler schmerzhafter Spannung, gesundete mehr;

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