Wallenstein (German Edition)
Erstaunen; im Gegenteil hätte Herzog Max sich bereit erklärt, um dem kaiserlicherzherzoglichen Hause Weiterungen zu ersparen, auf alle Rechte und Ansprüche um dreizehn Millionen zu verzichten; er sei keineswegs auf die Kur versessen.
Rot blühte es über das volle bärtige Gesicht des Kaisers; als schämte er sich, drehte er sich ab. Er senkte, wie wenn er einen Schlag erwartete, den Kopf, den Rücken gegen sie.
»Was habt Ihr geantwortet?«
»Nichts Sonderliches«, meinte sehr gelassen der verwachsene Graf, »als eben dieses, das Recht nicht zu verzögern. Der Geheime Rat ist übereinstimmend der Auffassung gewesen, daß dem Kurfürstenkolleg eine entscheidende Äußerung in der Sache zustehe.«
»So also habt Ihr geantwortet.«
»Die Kaiserliche Majestät werde dem gefällten Urteil nichts in den Weg legen.«
»Und er?«
»Des Herzogs Maximilian Durchlaucht hat geschwiegen.«
Ferdinand setzte sich, nachdem er sich zusammengerafft hatte, schlug eine flache Hand auf die Lehne, blickte sie fest an: »Gesteht, ich bin es nicht gewesen, der das geraten hat. Ich war es nicht, der diese Wendung herbeigeführt hat.«
Eggenberg bejahte warm, hielt den Atem an.
»Es bleibt dabei, Herren. Wir wollen Ruhe haben. Wir wollen nichts mehr aufrühren. Ja, widersprecht nicht. Das ist beschlossen. Dies und nichts anderes.«
Er verharrte auch dabei auf Trautmannsdorfs Vorhalt.
»Die Herren mögen mich erschlagen, aber nicht versuchen, mich einen Finger breit in meiner Meinung zu verrücken. Mein Schwager selbst bringt mich davon nicht ab; ich bin kein Händler. Ich habe mein kaiserliches Wort hingegeben; die Kur könnte ihm nur entgehen, wenn ich vom Thron weggenommen würde. Dies muß ihm geantwortet werden.«
Sie schwiegen auf seine leidenschaftliche Art.
Als die Herren sich auf sein Kopfnicken erhoben, drückte er dem Fürsten Eggenberg heftig die Hand: »Ich müßte Euch hassen, Eggenberg, daß Ihr mir eben dies angetan habt. Trautmannsdorf, Ihr habt mir einen Schmerz bereitet. Ich sag’ es Euch beiden. Dann danke ich Euch, daß Ihr bei mir waret.«
Er hielt inne, blickte sie abwechselnd mit glühen Augen an: »Wie wäre alles gewesen, wäret Ihr immer mit mir gegangen. Ahnt Ihr das. Ahnt Ihr das. Was ist inzwischen geschehen. Jetzt seid Ihr da.«
»Mein Schwager erhält die Kur«, wiederholte er fest den beiden auf der Schwelle. Die Ruder schlugen, Kastanien prasselten am Ufer von den Bäumen, barsten.
WAS ERWARTET wurde, trat ein. Nach der Ankunft des Kaisers sammelten sich nach und nach Kurfürsten und Fürsten in Regensburg; als aber der Kaiser zum Anfang des neuen Jahres den Konvent im Rathaussaal eröffnete, um die Proposition dem Reichserzkanzler, dem Kurfürsten Erzbischof Johann Schweikhard von Mainz, dem würdigsten ernstesten ältesten der Herren, zu übergeben, fehlten Kursachsen und Kurbrandenburg. Gesandte von ihnen waren da. Ihre Tätigkeit: zuhören berichten keine Instruktion haben protestieren hinhalten. Die Anwesenden ließen sich nicht düpieren, Ratsgang auf Ratsgang fand statt ohne die evangelischen Herren. Tollköpfe Jesuiten und Kapuziner wollten rasch ohne sie zum Entscheid kommen. Pommern, das erwartet wurde, kam nicht, Braunschweig entschuldigte sich; nur viel umworben sah man den ehrgeizigen, sich anschmeichelnden Landgrafen Ludwig von Hessen-Darmstadt in den Fürstenquartieren herumreiten als einzigen Protestanten.
Während die kaiserlichen Räte nervös wurden im Warten und Hoffen auf Kursachsen und Brandenburg, während sich der ehrlich über den Zwiespalt betrübte Mainzer abmühte in Vermittlungsversuchen, saß in seinem gediegenen Quartier an der Grube der junge überstolze Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg. Sein Vater, erkrankt, war ganz faselig geworden; notgedrungen wurde der Sohn ins Vertrauen gezogen; er ging wild wie ein Stier auf die Sache los, staunend und grollend, in welchen Geheimnissen er blind lebte, zornig entschlossen, es mit aller Welt zu verderben, um die sonnenklaren Ansprüche Neuburgs durchzusetzen. Sein Vater überflutete ihn von Neuburg mit Ratschlägen und Vermahnungen; es konnte geschehen – der Sohn fürchtete es –, daß der Alte selbst anfuhr. Jenes stolze Gebaren der neuburgischen Doktoren gegen Leuker in Wien war nur ein Abglanz der Haltung Wolfgang Wilhelms; hochfahrend gebieterisch trat er in Regensburg gegen kaiserliche Räte Kurfürsten und Fürsten auf; man sah ihn mit den prächtigsten Gäulen und Kutschen in dem schneebeladenen
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