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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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empfing freudig noch auf dem Schiff zwischen Passau und Linz seinen Bruder Leopold, den er beim Abschied in Wien dem hohen Rat mit dem Bemerken empfahl, man möchte sich auch in Zukunft bis auf weiteres an den Erzherzog halten. Er selbst nehme Aufenthalt in Laxenburg und Wolkersdorf.

    IN MÜNCHEN, in der Residenz, saß der Melancholiker Maximilian, äugte nach allen Seiten. Saß über seiner Beute. Er konnte sie nicht wie ein wildes Tier in eine Ecke schleppen, sie allein schlingen. Aber während er sich mit rasselnder Brust an ihrem Besitz sättigte, funkelten seine Augen. Er knurrte fauchte sprühte. Das Blut troff in zwei Rinnsalen aus seinen Mundwinkeln, bildete Lachen auf dem Boden, indessen seine Hinterbeine schon zum Sprung eingezogen waren, die Vorderpranken locker; der Atem rauschend.
    Er warnte den Kaiser, er möge auf der Hut sein. Er schrie nach Wien. Eggenberg Questenberg Trautmannsdorf flüsterten höhnisch: er mag sich verteidigen. Bayern liegt wie ein Wall vor Österreich; wenn Feinde kommen, gehen sie auf die Pfalz; mag Bayern sich strecken.
    Max drohte: ich habe dem Kaiser die Krone auf dem Kopf erhalten. Der Kaiser, kaum daß er’s hörte. Er lächelte mit seinen Räten: Max hat meine Hand gefühlt.
    Maximilians Gebete waren ein Zischen nach Beruhigung. Aber seine Haltung wurde starrer als sonst. Er wartete gespannt, daß sich die Wut der Feinde auf ihn werfen würde. Er dachte schon daran, wie er sich aus dem Spiel stehlen könnte. Heimlich ging bei ihm ein und aus Charnacé, der französische Geschäftsträger. Maximilian hätschelte ihn, stieß ihn von sich, hätschelte ihn.

Zweites Buch
    BÖHMEN
    AM ALTSTÄDTER Brückentor von Prag ragten auf den Zinnen, aus den schwarzen viereckigen Fensterluken quer nach vorn in die blasende Luft elf Stangen und Spieße. Mit eisernen Klammern waren sie am Gemäuer befestigt. Auf den Stangen und Spießen saßen mit kurzen Hälsen verdorrte Menschenköpfe, denen die Rümpfe abgeschlagen waren; sie lagen unten verscharrt in der Erde. Als sie noch lebten, hießen sie Wenzel Budowetz, kaplíř, Prokop Dvořecký, Friedrich von Bila,Otto von Los, Bohuslaw von Michalowitz, Valentin Kochan, Tobias Šteffek, Kober, Jessenius, Haunschild. Sie waren vorzeitig, wenngleich alte Männer in hohen Stellungen, durch Gewalt umgekommen, weil sie Böhmen gegen den Habsburger ein Wahlkönigreich nannten und sich den blonden Pfälzer aus Heidelberg verschrieben. An drei Stangen waren Armstümpfe mit Händen angenagelt zum Zeichen des geschworenen Meineids. Unter einem weißbärtigen Kopf, dessen Mund angelweit klaffte, baumelte am Holz ein brauner geschrumpfter Fleischlappen, eine Zunge: dies war vor einigen Jahren der Rektor der Prager Universität, Jessenius. Viele wilde Reden hatte der blauäugige Mann in den Wochen des Entschlusses, der Erhebung gesprochen; an seinen Lippen hatten die jungen Adligen gehangen, die sich nach der Unglücksschlacht verzweifelt im königlichen Tiergarten zusammenscharten und nach schäumender Gegenwehr niedergemetzelt wurden. Sein Mund erduldete das Wehen des Windes, mit seinem Schlund, seiner Kehle trompetete der Wind, Zeisige und Spatzen hockten zwischen den Kiefern.
    Die Körper zerschlagen, die Güter zerrissen, verschleudert, die Erde unter das Schwert gestellt. Während sie über der Vltava, der breiten nebligen Moldau, trockneten, flohen ihre ehemaligen Freunde als Rebellen ins Ausland, die Berka Lukšan Pisetzky Fruewein Wchinitz. Ihre Güter belastet mit den Günstlingen des Siegers. Und vor das vergrauste Böhmen trat der bestellte Ankläger, wies auf die Häuser, in die sich die Beamten des Konfiskationshofes begaben. Fünf eine halbe Million Taler heimste der kaiserliche Statthalter aus Nachlässen ein. Aus dem Volke stieg das Wort: Gnade? Was für eine? Eine böhmische? Kopf ab. Eine mährische? Ewiger Kerker. Eine österreichische? Raub aller Güter.
    Breuners Regiment, harnischschüttelnd, Pike und Handbeil lösend, rasselte in Böhmen ein. Breuners Zahlmeister hieß Wolfsstirn, er traf seine Anordnungen für die Einquartierung. Er arbeitete in Trautenau Leitmeritz Tschaslau. Mit kleinen Trupps rückte er vor ein Haus, seine Söldner verlangten zu essen, zu trinken, Fourage für Pferde Unterkunft Geschenke. Gesättigt und voll fing Wolfsstirn seinen Spaß an. Den Streithammer, den er am rechten Arm trug beim Schmaus, ließ er am Faustriemen in die Hand gleiten, griff nach dem gedrehten Eisenstiel, schrie, den Falkenschnabel in das

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