Wallenstein (German Edition)
bedrückte Schwester Maximilians.
DIE VERHANDLUNGEN klärten die Situation vollständig; dem Schwanken und Widerstreben der Kurfürsten stand die unerschütterliche kaiserliche Forderung der Belehnung Bayerns gegenüber. Wie ein Wurm wand sich das Kolleg unter der täglich stärker drückenden kaiserlichen Faust. Tobsüchtig raste Oñate; sein wildestes Argument: man möchte doch den Franzosen, Monsieur de Baugy, ansehen, wie er sich freue über Bayerns Aussichten – ob dahinter Gutes stecken könne. Und Baugy erklärte in der Tat höflich und spitz, dem frommen König von Frankreich widerfahre bei Ausführung des heiligen Werkes der Belehnung eine persönliche Freude; dies könne dem Heiligen Reich doch nur angenehm sein, vielleicht nicht dem Spanier. Die sächsischen Vertreter stießen täglich und unter zunehmendem Tumult Drohungen aus, die Übertragung der Kur sei kein Mittel zum Frieden im Reich; der Kaiser hätte nicht ohne ordentlichen Prozeß Acht zu verhängen. Die Brandenburger standen ihnen bei. Das ganze Kolleg zuletzt, von Kurmainz geführt, erhob sich, schloß sich den Sachsen an: es würden sich bösartige Kriege an diese Tat anreihen, der Kaiser könne nicht dies verantworten. Der Erzbischofkanzler beschwor persönlich den Kaiser; schwere Stunden durchlebten die Räte, die aufs innigste hofften, Ferdinand werde Gebrauch von der Stimmung des Kollegs machen. Aber Ferdinand blieb unbeweglich; bei vollkommener Liebenswürdigkeit antwortete er, die Sache sei zwischen ihm und Maximilian längst geregelt, die Kur vergeben. Es bedurfte der hingebungsvollen Diplomatie der Räte, die voll Bitterkeit erkannten, daß dem Kaiser keine Wahl geblieben war, und der Konzilianz des Mainzers, um die andern katholischen Stimmen zu besänftigen. Sie erkannten alle den ungeheuren Fortschritt der katholischen Sache. Die katholischen Herren gingen nur widerwillig an die Entscheidung heran und stimmten zu; sie sahen in dem Vorgang einen bedrohlichen kaiserlichen Übergriff, der sich auch einmal gegen sie richten könne. Dazu war das böse sehr törichte Wort aus der Kanzlei der Wiener gekommen: Daß die Aberkennung und Neuübertragung der Kur der kaiserlichen Wahlkapitulation widerspreche, sei sonnenklar; aber keine menschlichen Gesetze seien so ewig und beständig, daß sie alle Fälle der Notwendigkeit ausschlössen. Als Maximilian selbst, blaß erregt in Regensburg eintreffend, sich bei Ferdinand nach den Aussichten erkundigte, bekam er den kalten fast befremdeten Bescheid, die Sache sei doch abgemacht.
Ohne daß außer den anwesenden Kurfürsten irgendwer formell benachrichtigt wäre, erfolgte dann eines Tages, vor einem Auditorium von nur Jesuiten Mönchen Beamten, die Belehnung des Bayern in der Ritterstube des Rathauses zu Regensburg. Kniend empfing der Bayer den Kurhut aus der Hand des Kaisers. Zwei Stunden darauf versah er zum erstenmal das Amt als Truchseß an der Tafel des Kaisers, trug die erste Schüssel auf, wurde zum Mahl geladen. Ein Eilbote lief zugleich nach Rom, um in Maximilians Auftrag dem Papst die freudige Kunde zu bringen; die Kanonen donnerten auf der Engelsburg; zum Tedeum zog der Papst Gregor in die Peterskirche.
Die Regensburger hatten dem kaiserlichen Paar ein besonderes Prachtschiff gebaut. Das Kolleg löste sich auf.
Der Franzose hatte gekämpft, um den Bayern in seinem Spiel zu haben, wenn es gegen Spanien ging oder gegen den Kaiser.
Der Spanier hatte gekämpft, um sich England freundlich zu erhalten, den Verwandten des geächteten Mannes.
Den Bayern hatten Rache, Größensucht und Stolz getrieben. Der Kampf war zu Ende.
Es pries am Schluß der großen Prozession vom Wolfgangsdom zum heiligen Emmeram der Kapuzinerpater Hyacinth das geschehene Werk, predigend, man dürfe nicht Furcht vor den drohenden Allianzen und Personen haben; wenn nur der katholische Glaube gefestigt und gefördert werde.
Kochenden Herzens ging aus dieser Predigt hinaus der graublasse Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Neuburg; er reiste sogleich dem spanischen Gesandten nach, allein; seine erschöpfte Frau hatte als erste dem Bruder Glück gewünscht, begleitete ihn nach München. Die Birkenfelder Trias war längst mit spanischem Gelde abgeschwommen.
Herr Meggau, Fürst Eggenberg, Abt Anton, Herr Trautmannsdorf, die Recken von Regensburg, begleiteten den Herrn heim, eine ehrerbietige stark verbitterte ratlose fast verzweifelte Runde, am heftigsten sich selbst grollend. Der Kaiser war fröhlich mit seiner Gemahlin,
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