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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Jemand hatte in großen unregelmäßigen
Buchstaben ein unverständliches Wort darauf geschrieben:
     
    NIFLHEIMR
     
    Niflheimr
... vielleicht war das der Name der Grube? Wie auch immer würde diese Eisentür
die Endstation bilden, wenn nicht ...
    Erik
setzte die Hände in den Tauchhandschuhen auf die rostige Oberfläche und stemmte
sich leicht dagegen.
    Die Tür
gab tatsächlich etwas nach, wenn auch nur geringfügig.
    Er stemmte
sich fester dagegen und konnte durch das Wasser hindurch hören, wie die Angeln
knarrten. Erik nahm einen tiefen Atemzug aus dem Atemregler. Dann stieß er mit
voller Kraft gegen die Tür.
    Die Angeln
wurden aus ihren altertümlichen Verankerungen gerissen, und die Tür flog
quietschend auf. Im Fallen riss sie eine Wolke aus Schlamm mit sich, und das
Wasser färbte sich braun. In der Erwartung, dass die Sicht wieder klarer wurde,
tastete er nach den Wänden und schob sich vorwärts. Die Treppe, die sich hinter
der Eisentür erhob, sah er nicht.
    Seine
Stirn schlug gegen ihre unterste Stufe, und sein Vortrieb bewirkte, dass ihm
die Tauchmaske vom Gesicht und der Atemregler aus dem Mund gerissen wurden.
Die plötzliche Kälte versetzte ihm einen derartigen Schock, dass er Wasser
schluckte und Erstickungsgefühle bekam. Er tastete blind nach seinem Reserveschlauch,
konnte ihn aber nicht finden. Mit zusammengekniffenen Augen schlug er um sich,
während seine Lungen nach Sauerstoff schrien.
    Luft!
    Verzweifelt
hob er den Kopf - als würde es helfen - und befand sich mit einem Mal wieder
über der Wasseroberfläche. Er prustete und spuckte, und als er instinktiv durch
Nase und Mund einatmete, überwältigte ihn erneut dieser ekelerregende Gestank.
Er hyperventilierte, um nicht unmittelbar nach vorne zu fallen und sich
übergeben zu müssen. Er kroch die letzten Stufen der Treppe hinauf und sank
zusammen, nur noch durch den Mund atmen, nur durch den Mund ...
     
    Als sich
seine Atmung wieder beruhigt hatte, sah er sich in dem trockengelegten Gang um.
Wälzte sich auf den Rücken und ruhte sich aus, bis er sich langsam wieder
aufsetzen konnte.
    Gedankenverloren
fiel Erik auf, dass er die Spule mit der Leine, die ihm den Weg zurück in den
Ursprungsschacht weisen sollte, unterwegs verloren haben musste. Er meinte, sie
unten bei der Eisentür losgelassen zu haben, als er blind mit den Händen um
sich getastet hatte. Aber wieder umzukehren, um sie zu suchen ... dazu hatte er
keine Kraft. Sollte das Wasser erst mal wieder klar werden. Und außerdem konnte
es noch eine Weile warten.
    Der
Gestank nach Verwesung erschwerte ihm das Nachdenken.
    Er
streifte die Schwimmflossen und die Tauchmaske ab, die ihm immer noch um den
Hals hing. Richtete die Stirnlampe vom Wasser weg und suchte erneut nach dem
weiteren Verlauf der Grubenstrecke. Sie führte eng und feucht in die
nachtschwarze Dunkelheit hinein. Er kam auf seinen mit Gummi verstärkten
Tauchschuhen zum Stehen und machte sich auf den Weg.
    Dort, wo
der Tunnel aus dem Berg gesprengt worden war, verlief die Erzschicht ziemlich
gleichmäßig und eben. Der Gang teilte sich unerwartet und bog nach rechts ab.
Dann teilte er sich erneut, doch die rechte Strecke war mit Steinen angefüllt.
Also nach links, und dann wieder nach rechts, als sich der Gang schließlich in
drei Abschnitte unterteilte. Doch er war in eine Sackgasse geraten, also
musste er wieder zurück zum letzten Abzweig. Aus welchem Tunnel war er
eigentlich gekommen? Mitten im Gestank nach Fäulnis und Verwesung blieb er
unschlüssig stehen.
    Nach einer
kurzen Pause bewegte er sich vornübergebeugt immer weiter in das Labyrinth
hinein. Er hatte das vage Gefühl, auf dem Weg nach Norden zu sein, und seine
Atemzüge verwandelten sich in keuchende Dampfwolken. In den Gängen gab es keine
Anzeichen mehr von Grubenarbeit, lediglich Ansammlungen von Stalaktiten, die
vom niedrigen Dach des Tunnels herabhingen. Es war verdammt eisig, und eine
beißende Kälte kroch durch das dreischichtige Laminat seines Trockenanzugs
hindurch.
    Und wenn
er nun nicht wieder an die Oberfläche gelänge? Wie lange würde es dauern, bis
sich jemand fragte, wo er eigentlich abblieb? Würde irgendjemand nach ihm
suchen? Erik schlug mit der Faust gegen die Tunnelwand, so dass der Lichtstrahl
erzitterte.
    Seine
Mutter war seit langem tot, und aus irgendeinem Grund musste er daran denken,
was er in dem einsamen Haus zurücklassen würde. Das Ausmaß seines Ruhms: drei
aufbewahrte Zeitungsausschnitte von früher.
    Eine

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