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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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seiner Angreifer hinwegfliegen. Eben erhob der Jude sein Messer, als ihm Menes, ohne recht zu wissen, was er tat, einen furchtbaren Faustschlag auf den Mund versetzte. Mit blutenden Lippen, stöhnend, taumelte der Getroffene zu Boden. Seine Genossen unterdrückten einen Schrei der Wut und Menes sah ein, daß es jetzt um ihn geschehen sei; denn der Matrose bückte sich fluchend nach dem entfallenen Messer, während die übrigen zurücktraten, um sich durch einen Anlauf für den Überfall vorzubereiten. Schon machte sich der Jüngling, fest den Rücken an das Haustor stemmend, bereit, sein Leben wenigstens bis zum letzten Atemzuge zu verteidigen; schon hatte er die zitternden Fäuste zu wuchtigem Schlage erhoben, um die Zurückgetretenen zu empfangen, da kam es ihm vor, als gäbe die Türe, an welcher sein Rücken Schutz und Stütze fand, leise seinem Drucke nach. Noch hielten seine Angreifer mit ihrem Sturm zurück, noch war Rettung möglich. Ja! es war keine Täuschung – Menes ließ den Arm erstaunt sinken – die Türe erknarrte fast unhörbar in ihren Angeln, ein Riegel rollte leise zurück, eine kleine, weiße Hand schlüpfte aus dem kaum drei Zoll breiten Spalt, faßte unseren hilfsbedürftigen Freund am Kleide und zog ihn zwischen den Pfosten und die geöffnete Türe.
    »Rasch herein,« hörte er flüstern. Willenlos folgte er der Hand, denn jede Minute war kostbar. So behutsam, wie sie sich geöffnet, schloß sich die Türe wieder; Menes stand nicht mehr auf der Straße, sondern auf einem dunkeln Hausflur. Das Öffnen, Hereinziehen und Schließen war so lautlos, so rasch vollführt worden, daß die Habgierigen draußen auf der Straße sich nicht zu erklären vermochten, nach welcher Seite ihr Raub entwischt sei. Menes wachte wie aus einem schweren Traume auf, als ihm eine bekannte Mädchenstimme zuflüsterte: »Folge mir, du bist gerettet. Sobald der Morgen anbricht, kannst du nach Hause kehren; bis dahin muß ich dich in meinem Zimmer vor Verfolgung schützen.«
    »Myrrah?« hauchte Menes atemlos, »du – meine Retterin? Ich bin in deiner Wohnung? Ihr Götter, was beginnt ihr mit mir,« setzte er leise hinzu, »macht ihr mich elend, um mich im nächsten Augenblick glückselig zu machen?«
    »Stille,« beschwichtigte das Mädchen, während sie auf den Zehen in ihr Zimmer schlich, ein mageres Öllämpchen am Kohlenbecken anzündete und ihren Schützling bat, ihr zu folgen, »stille, damit die übrigen Hausbewohner nichts von dem Abenteuer bemerken. Komm, laß mich die Türe verriegeln. Tritt leise auf, setze dich hierher und beruhige dich, du bist noch ganz verstört.«
    Ihr Benehmen zeigte nicht die geringste Befangenheit, sie drückte den Zitternden, dessen Auge glühte, auf einen Stuhl.
    »Deute mein Benehmen nicht übel, guter Jüngling,« fuhr sie darauf mit holder Bescheidenheit fort, »ich hörte, als ich mich eben zu Bette legen wollte, unter meinem Fenster flüstern; als ich den Vorhang hob, übersah ich sofort deine unglückliche Lage und dankte Jehova, daß er mir vergönnt, dir behilflich zu sein. O, unser Volk ist verbittert, zürne ihm nicht, wenn es zuweilen in die Ketten beißt, die ihnen das Blut aus den Adern pressen; Verzeihe uns, wir sind nicht alle so. Nein, gewiß nicht.«
    Ihre Äugen füllten sich mit Tränen.
    »Daß nicht alle so sind, fühle ich es nicht an dir?« lispelte der erschöpfte Jüngling, dem Mädchen die Hand reichend, indem er ihr dabei einen Blick zärtlichster Dankbarkeit zuwarf.
    »Du sprachst sanft mit mir,« erwiderte sie, in sich versunken, »du verachtest mich doch nicht wie die anderen?«
    »Du tust mir weh, Myrrah, wenn du also fragst? Warum soll ich dich verachten?«
    »Ich wußte es,« rief sie, ihren Schützling mit freudigleuchtenden Blicken betrachtend, »deshalb rettete ich dir das Leben.«
    »Einem dir völlig Fremden würdest du es nicht gerettet haben?« frug er, um ihren Charakter zu ergründen.
    »Ich weiß es nicht,« sagte das Mädchen nachsinnend, »wenn er mich geschmäht, mich mißhandelt, wie die anderen Ägypter – oh! warum hätte ich ihm das Leben retten sollen?« setzte sie dann fast wild hinzu. Gleich darauf fuhr sie weicher fort:
    »Aber dir, der du sanft und gut bist, hätte ich es bewahrt dein Leben, selbst wenn du mich nicht geachtet, denn dein Leben« – sie zögerte, ein Lächeln erblühte dann auf ihren Lippen, als sie fortfuhr, »dein Leben ist mir kostbar, ich wollte, es wäre eine seltene Blume, die ich unter Glas hüten und

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