Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
Vom Netzwerk:
sie, küsse sie, treibe das lächerlich-kindische Spiel, das sie Liebe nennen, das du mit dem Tier und mit dem geringsten Fischerknecht gemein hast, geh hin! pflanze dich fort, suche das Glück deines Lebens darin, deine Kinder zu züchtigen, habe kein höheres Ziel, als einen Enkel auf den Knien zu wiegen oder deinem Weibe ein neues Kopftuch zu kaufen, o pfui! dann aber nimm die Verachtung, die volle Verachtung deiner Mutter dahin, die dich zu Höherem bestimmte, du Schwächling! dem einst eine Königskrone über dem Haupte leuchtete und der sie ausschlug.«
    Asso hatte diese Worte leidenschaftlich hervorgestoßen. Ihre Stimme hatte sich gesteigert, kaum war ihr letztes Wort verhallt, als sie sich mit Heftigkeit umwandte und von dannen schritt. Menes sah ihrem festen, selbstbewußten Schritt an, daß sie von ihrer Würde, von der Löblichkeit ihrer Tat völlig durchdrungen war und gab es auf, ihr weitere Vorstellungen zu machen, die zu nichts geführt hätten. Einen Augenblick, nachdem sie gegangen, stand er noch in Nachdenken verloren, ihr traurig nachsehend.
    »Sie liebte mich nie,« sagte er sich, »Selbstsucht war ihre Liebe zu mir. Ich sage mich los von dieser Mutter, und es wird mir jetzt leicht, mich von ihr loszusagen, hoffentlich sehe ich sie niemals wieder; hoffentlich wirft ihre finstere Stirne nie mehr einen Schatten in mein strahlendes Glück.«
    Er schritt leuchtenden Angesichts auf Myrrah zu, die sich aus den Armen Hadsas losmachte, ihre Tränen trocknete, ihm verschämt entgegeneilte und, von seinen liebeswarmen Armen umschlungen, an seine Brust sank.
    Hadsa lächelte glücklich, als sie die in eine einzige Gestalt verschmolzenen Liebenden sah, eine Träne blitzte über die sammetne Schwärze ihrer Wangen und sie schlich sich stille davon, den Wonnerausch der Glücklichen nicht zu stören.
    »Und so halte ich dich endlich in den Armen,« flüsterte Menes, sich sanft mit ihr am Ufer des Teiches niederlassend, »so viel Weh, so viel Leid hast du durchkämpfen müssen, bis du Ärmste erlöst, an meinen Busen flüchten durftest! Oh! welche Prüfungen haben dir die Himmlischen auferlegt, meine arme, verfolgte Gazelle, meine keusche Lotosblume, die das Haupt so scheu unter den Wellen birgt. Oh, wenn ich doch nur eine Ahnung gehabt hätte von – ich will ihren Namen nicht mehr aussprechen – von ihren Hinterlisten, wenn ich doch eine Nachricht erhalten hätte von deinen Qualen, aber ich lebte fern von dir, glaubte dich im Schoße des Friedens, und erfahre nun, daß du weit Schlimmeres erduldet wie ich, du treue, standhafte Seele. Ich könnte mir zürnen, daß ich nicht gefühlt, wie du um meinetwillen littest, daß ich lächeln konnte, während du vielleicht weintest, Speise nahm, während du Hunger littest, süß einschlummerte, während du dich auf dem tränennassen Lager wälztest.«
    »Es ist vorüber,« hauchte Myrrah, ihren Mund an den seinen schmiegend, »sprich nicht mehr davon.«
    »Du hast recht,« lispelte er, sie in sich hineinziehend, »du hast recht, überstandenes Leid ist keines mehr. Sind wir doch nun doppelt selig im Rückblick auf die ernste Prüfungszeit, sie dient nur dazu, unser jetziges Glück mit einem Strahlenglanze zu umgeben; wie der Mond dort leuchtet auf dem dunkeln Grund des Himmels, so leuchtet nun unsere Liebe auf dem dunklen Grund überwundener Gefahren.«
    »Ich habe dich,« flüsterte sie, die Augen schließend, »weiter brauche ich nichts, nach Weiterem frage ich nicht, weiter weiß ich nichts mehr, ich habe die Welt vergessen!«
    Er fühlte ihren schwellenden Busen weich an seiner Brust brennen und es versagten ihm die Lippen, sie nach den Gefahren, die sie durchkämpft, eingehender zu fragen oder ihr die seinigen mitzuteilen. Die Erzählung derselben mußte späteren Tagen aufbewahrt bleiben. Er fühlte, wie sie sich sicher fühlte an seiner Brust, denn sie drückte sich zitternd in sie hinein, und er schwur sich: alles Leid ihr sorgsam aus dem Wege zu räumen, ihr die Tage so schön zu machen, als es ihm nur möglich sein würde, ihr nie ein mürrisches Wort zu sagen. Sein Auge weilte trunken erst auf den Reizen, die er umarmen durfte, dann auf denjenigen der Natur, die sein Liebesglück erhöhen zu wollen schienen. Über den Zinnen des Palastes stieg eine rosig angehauchte Glut empor, der Widerschein der Morgenröte. Das königliche Gestirn schickte seine glühenden Trabanten, die Strahlen durch die Nacht, damit sie die Palastsäulen seines Sohnes vergoldeten. Wie

Weitere Kostenlose Bücher