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Wandel

Wandel

Titel: Wandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Unwetter in meiner Brust kannte kein Halten mehr. Wie Kakerlaken kamen sie daher, die es ja auch immer schaffen, überall zu sein, wo sie nicht hätten sein dürfen, an Stellen aufzutauchen, wo sie eigentlich doch gar nicht hingelangen konnten … der Zorn fuhr mir aus der Brust bis hoch in die Augen, und in den umliegenden Fenstern färbten sich die Spiegelbilder der Straßenlaternen rot.
    Ich ließ die Vampire das Haus betreten.
    Dann sammelte ich meine Wut und meinen Schmerz, schärfte beides zu einer immateriellen Waffe und ging ihnen nach.

4. Kapitel
    M ein Sprengstock, ein Eichenstab von ungefähr fünfundvierzig Zentimetern Länge und etwas dicker als mein Daumen, hing an seinem Gurt innen in meinem Mantel. Als ich ihn zog, fühlten sich die in das Holz geritzten Runen und Sigillen unter den Fingern meiner rechten Hand sehr vertraut an.
    So leise es ging näherte ich mich dem Haus und öffnete die Tür mit meinem Schlüssel. Den Schleier ließ ich erst fallen, als ich drinnen war. Jetzt half er mir nicht mehr viel, denn ein Vampir, der nahe genug an mich herankam, konnte mich riechen und meinen Herzschlag hören. Momentan wäre ein Schleier eher hinderlich gewesen, beeinträchtigte er doch mein Sehvermögen, und dem stand ohnehin einiges an Strapazen bevor.
    Den Fahrstuhl mochte ich nicht rufen, denn er schnaufte und ratterte so laut, dass jeder im Haus sofort mitbekommen hätte, wo ich mich befand. Ich sah mir die Infotafel unten in der Halle an. Sie klärte mich darüber auf, dass die Firma Datasafe Inc. im zehnten Stock residierte, fünf Stockwerke über meinem Büro also. Bei Datasafe befanden sich Martin und Susan wahrscheinlich gerade, und dorthin waren bestimmt auch die Vampire unterwegs.
    Da mir offenbar nur der Weg über die Treppe blieb, entschied ich mich für einen Zauber, mit dem ich ein gewisses Risiko einging, um möglichst lange unerkannt zu bleiben. Für einen Magier meines Kalibers gehörte es quasi zur Grundausrüstung, Geräusche dämpfen und dafür sorgen zu können, dass bestimmte Unterhaltungen absolute Privatsache blieben. Meine Schritte und die Geräusche meines Atems so abzudämpfen, dass sie nur in meiner unmittelbaren Umgebung zu hören waren, war nicht viel schwerer. Nur begab ich mich mit einem solchen Zauber in eine Art Geräuschblase, würde also auch selbst nicht hören können, was auf mich zukam. Derzeit wusste ich zwar, dass die Vampire im Haus waren, aber sie ahnten nichts von meiner Anwesenheit. Wenn es nach mir ging, sollte das auch erst einmal so bleiben.
    Außerdem war es hier sehr eng – bis ich auf das Geräusch eines Vampirs reagierte, den ich vorher nicht gesehen hatte, war ich sowieso so gut wie tot.
    Also erklomm ich die Treppen, nachdem ich die Worte zu einem verlässlichen kleinen Stück Phonoturgie gemurmelt hatte, in perfekte Stille gehüllt. Was gut war, denn ich joggte zwar relativ regelmäßig, aber ein Dauerlauf auf dem Bürgersteig oder auf einem Sandstrand ließ sich mit endlosem Treppensteigen wirklich nicht vergleichen, und als ich im zehnten Stock ankam, schnaufte ich schwer. Meine Beinmuskeln standen in Flammen, meine Beine zitterten, und mein linkes Knie drohte, mich umzubringen. Seit wann, bitte schön, machten mir eigentlich meine Knie Schwierigkeiten?
    An der Tür, die zum Flur des zehnten Stocks führte, blieb ich stehen, öffnete sie unter dem Schutz meines Mantels aus Stille und ließ erst dann den Zauber fallen, damit ich hören konnte, was hier oben Sache war.
    Als Erstes kam mir eine zischende, gurgelnde Diskussion in einer mir unbekannten Sprache zu Ohren. Ich sah nicht, wer da sprach, aber weit entfernt konnten die Personen nicht sein. Wahrscheinlich standen sie gleich hinter der Ecke im Flur, die vor mir lag. Ich hielt die Luft an. Vampire verfügten zwar über übernatürliche Sinne, ließen sich aber wie jeder Normalsterbliche leicht ablenken. Wenn sie sprachen, hörten sie mich vielleicht nicht, und da sich in diesem Gebäude tagtäglich viele Menschen aufhielten, konnte es sogar angehen, dass sich mein Geruch einfach mit dem anderer Besucher vermischte und sie ihn nicht gleich mitbekamen.
    „Warum versteckst du dich vor diesem mörderischen Abschaum?“, erkundigte sich eine Stimme aus dem Unwetter in meiner Brust. Denn Mörder waren die Vampire des Roten Hofes ohne Ausnahme, einer wie der andere. Als Halbvampir vollzog man die Entwicklung zum vollwertigen Mitglied des Roten Hofes erst, wenn man ein anderes menschliches Wesen

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