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Wandel

Wandel

Titel: Wandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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und schickte meinen Willen gleich hinterher, gepaart mit sämtlichem Seelenfeuer, das ich auftreiben konnte: „Fuego!“
    Flammen schossen hoch, spalteten sich, Feuer kochte und dampfte – und der König des Roten Hofs, der älteste Vampir seiner Art, Vater und Schöpfer einer ganzen Rasse, schrie wie ein verwundetes Tier. Der Schrei ließ mir das linke Trommelfell platzen – noch eine Schmerzerfahrung für meine reichhaltige Kollektion.
    Als der Rote König schrie, schrie jedes einzelne Mitglied seines Hofes mit ihm.
    Aus nächster Nähe spürte ich die Kraft seines Willens, mit der er die Seinen zu sich rief, wie er die Vampire beschwor, mit einem Nachdruck, der über pures Eigeninteresse, ja sogar Vernunft hinausging. Aber auch ohne direkten Körperkontakt hätte ich mitbekommen, was Sache war, dafür sorgten schon die Schritte und Schreie draußen vor der Tür.
    Die Vampire waren über uns wie ein Sturmgewitter. Nichts konnte sie daran hindern, ihrem König zu Hilfe zu eilen. Der hatte den Griff um meinen Hals gelöst und stolperte rückwärts, fort von mir. Ich zog meine Finger aus seinen Augenhöhlen und packte stattdessen mit beiden Händen die Hand, in der er das Messer hielt. Laut schreiend überzog ich seinen Arm mit Eis, brach ihm den Unterarm fein säuberlich in zwei Teile – und fing den Dolch auf, ehe er zu Boden fallen konnte.
    Von mir erst einmal befreit taumelte der Rote König davon. Aber selbst jetzt noch, blind und fast wahnsinnig vor Schmerz, hörte er nicht auf, gefährlich zu sein. Sein Wille schlug um sich, sprengte Löcher in die Steinmauern, ein roter Blitz – der schien hier in der Gegend gern verwendet zu werden – zerlegte einen seiner Fürsten in zwei heftig sich windende Teile.
    Während draußen eine Flutwelle dunkler Geschöpfe herbeistürmte, um mich und meine Leute von der Bildfläche zu fegen, schrie der älteste Vampir des Roten Hofes in wilder Pein.
    Die jüngste Vampirin des Roten Hofes kniete auf dem Boden über Martin und starrte auf ihre Hände.
    Ich sah eine Sekunde lang zu, wie die Haut an ihren Fingerspitzen aufzubrechen begann. Ich sah ihre Finger länger werden, Nägel sich zu Krallen auswachsen, Muskelgewebe sich von Haut frei reißen, was schrecklich anzuhören war und ihr Höllenqualen bereiten musste. Fassungslos starrte Susan aus vollkommen schwarzen Augen auf ihre Hände. Stöhnend und zitternd schüttelte sie den Kopf, ihr Gesicht eine Maske aus Blut.
    „Susan“, sagte ich, kniete mich vor sie hin und nahm ihr Gesicht in meine Hände, während Zauberenergien den Tempel durch eine Symphonie der Zerstörung erbeben ließen.
    Zu Tode erschrocken sah sie mich an, Schmerz und Verzweiflung im Gesicht.
    „Sie kommen!“, keuchte sie. „Ich spüre sie. Innen. Außen. Oh Gott, sie kommen!“
    „Susan!“, schrie ich. „Denk an Maggie!“
    Das schien zu helfen, ihre Augen blickten klarer.
    „Sie wollten Maggie, weil sie die Jüngste ist“, sagte ich ruhig, mit ungerührter Stimme. „Weil ihr Tod uns alle mitreißen würde.“
    Susan krümmte sich um ihren Bauch, der ein Eigenleben entwickelt hatte, sich wand und anspannte, obszön anschwoll – aber sie nahm den Blick nicht von meinem Gesicht.
    „Nun bist du die Jüngste“, zischte ich ihr zu. „Der jüngste Vampir des ganzen, wahrhaftig verdammtenHofs. Du kannst sie alleumbringen.“
    Susan zitterte und stöhnte, schon lagen die Leidenschaften in ihr im Widerstreit. Aber sie biss die Zähne zusammen, und ihr Blick wandte sich Maggie zu. „Ich … glaube nicht, dass ich es tun kann. Ich spüre meine Hände nicht mehr.“
    „Harry!“, schrie Murphy verzweifelt – es klang sehr nah. „Sie kommen!“
    Draußen flammten Blitze auf, gefolgt von einem Donnerschlag, der bestimmt gerade irgendwo auf der Richterskala eingeordnet wurde.
    Danach kam die Kakophonie des Zauberkriegs ein, zwei Sekunden lang zum Erliegen. Warum, hätte ich nicht sagen können.
    Susans Augen vergossen ihre letzten Tränen, als sie mich ansah. „Harry, hilf mir“, wisperte sie. „Rette sie. Bitte.“
    In mir sträubte sich alles, schrie nein, schrie, das sei nicht fair, schrie, warum ausgerechnet ich, schrie, niemand dürfte so etwas tun müssen.
    Aber … ich hatte keine Wahl.
    Eine Hand reichte, um Susan aufzuheben. Maggie hatte sich mit fest geschlossenen Augen auf dem Altar zusammengerollt. Mir blieb keine Zeit, ich schubste sie so sanft es ging herunter und schob sie mit dem Fuß dorthin, wo sie vor den wilden Energien, die

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