Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Und weil die Pest in diesem Jahre sehr grassiret, und die Leute wegen beständiger Kriegsgefahr in den Dörfern nicht haben bleiben können, so ist der eine hier und der andere dorthin geflogen und ist der eine hier und der andere dort gestorben. Man kann ausrechnen, daß aus diesem Dorfe Gottberg, außer 26 Personen, die hier am Orte starben, 5 in Wusterhausen und 31 in Ruppin verstorben sind.«
So die Aufzeichnungen in den beiden Kirchenbüchern, die, in ihrer ungeschmückten Wiedergabe von Fakten und Zahlen, eines Eindrucks nicht verfehlen. Es ist danach glaubhaft, daß, wie Bratring erzählt, »das Land Ruppin während des Dreißigjährigen Krieges mehr gelitten habe, als irgendein anderer Teil der Mark«.
Kränzlin
Darum still
Füg' ich mich, wie Gott es will.
Und soll ich den Tod erleiden,
Stirbt ein braver Reitersmann.
Altes, eine halbe Meile von Neu-Ruppin gelegenes Rittergut, jetzt im Besitze der Familien Scherz und Zieten.
Wie beinah alle Güter im Ruppinschen, bestand auch Kränzlin aus einer ganzen Anzahl von Rittersitzen, und in den Jahrzehnten, die dem Dreißigjährigen Kriege vorausgingen, waren hier vier Familien ansässig: die von Leeste, von der Gröben, von Gühlen und von Fratz.
Die letzteren kann man als die recht eigentliche Kränzliner Familie bezeichnen. Schon 1327 werden die von Fratz genannt und sie sind es, an die die alte Sage vom »Räuberberg bei Kränzlin« anknüpft, die zunächst Feldmann in seinen schriftlichen Aufzeichnungen und nach ihm W. Schwartz in seinen Märkischen Sagen erzählt.
Danach lag eine kurze Strecke vor dem Dorfe, rechts vom Ruppiner Weg, eine Burg, von der übrigens noch zu Anfang dieses Jahrhunderts Wall und Graben erkennbar waren. Hier hausten in der Quitzowzeit, und auch vorher und nachher, die von Fratz. Von der Burg aus ging eine Leitung nach der Brücke des nahen Kränzliner Damms hinüber, und zwar ein Draht, der jedesmal, wenn ein Wagen über die Brücke fuhr, eine Alarmglocke innerhalb der Burg in Bewegung setzte. Sowie diese Glocke anschlug, warf sich alles zu Pferde und griff die Reisenden an. Auf die Klagen, die seitens der so Beraubten bei dem regierenden Grafen (der, wie wir wissen, in Alten-Ruppin residierte) anhängig gemacht wurden, drohte dieser dem Fratz, »er werd ihm die Burg anzünden, wenn er das Unwesen weiter treibe«. Der Kränzliner Burgherr schlug aber die Warnung in den Wind, mochte auch wohl glauben, ein »Steinchen im Brette« zu haben. Er irrte jedoch. Eines Tages, als der Fratz in Ruppin war, schickte der Graf seine Leute hinaus, die die Kränzliner Burg ersteigen und brechen mußten. Nach einer andern Lesart hätte der Graf, verräterischerweise, den Fratz zu Gaste geladen und ihm schließlich, vom Turme des Alt-Ruppiner Schlosses aus, seine derweilen in Brand gesteckte Burg gezeigt. Diese zweite Lesart ist aber neueren Datums und wahrscheinlich erst entstanden, nachdem an der alten Burgstelle Holzkohlen und abgebrannte Balken entdeckt worden waren.
Die Familie Fratz besaß Anteile von Kränzlin bis ins 17. Jahrhundert hinein. Um diese Zeit waren es fromme Leute, die zu ihrem Doktor Luther hielten und Patenen und Abendmahlskelche schenkten. Ein solcher ist der Kirche erhalten geblieben. Die Inschrift desselben lautet: »Diesen Kelch hat Wolf Fratz und seine Hausfrau Maria Riben zu Gottes Ehre gegeben.« Dazu ein aufgelötetes Kruzifix und die Jahreszahl 1600. Vier Wappenbilder sind eingegraben: Ein Pfau, dazu W. F. (Wolf Fratz); ein Fisch oder eine Otter, dazu M. R. (Maria Riben). Von den zwei andern Wappen scheint eins das Zietensche zu sein. An einigen Stellen des Kelches ist das Gold abgekratzt. Ich hörte dabei, daß die Dorfbewohner, wenn einer der Ihren schwer krank ist, sich gern an den Prediger wenden und etwas Gold vom Abendmahlskelch für ihren Kranken erbitten. Sie mischen es dann in die Medizin und glauben fest, wenn noch etwas helfen kann, so hilft das.
Das idyllisch gelegene, hinter Gartenbäumen anmutig versteckte Predigerhaus zu Kränzlin war von Jugend an ein Lieblingsaufenthalt Schinkels. Seine ältere Schwester Sophie war daselbst an den Prediger Wagner verheiratet. In seinen Knabenjahren hatte Schinkel ein Giebelzimmer des Hauses ganz mit Bildern ausgemalt. Aus dieser oder (nach Wolzogen) aus einer etwas späteren Zeit stammt auch ein Spiegelporträt, das Schinkel damals von sich selbst anfertigte. Es ist in großen Umrissen, skizzenhaft, mit dem Bleistift entworfen; die schärferen
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