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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Man mußte einen Boten deshalb nach Wittstock schicken; aber geplündert kam er zurück.
    Im September folgenden Jahres (1636) erschien der Kaiserliche Generalfeldzeugmeister Marazin im Ruppinschen und behandelte die Stadt ziemlich milde. Nach ihm kamen die Sachsen unter Generalmajor von Wolframsdorf und »raubten und plünderten wie gewöhnlich«. Den Sachsen folgte der Kaiserliche General Graf Hans von Götz.
    Dann kam wieder ein Pestjahr. Im Juli und August 1638 griff sie am weitesten um sich. Ganze Familien, ganze Straßen, ganze Dörfer starben weg. In dem bereits entvölkerten Ruppin, das vielleicht kein Drittel seiner Einwohner mehr hatte, wurden abermals 600 Menschen begraben. Sehr viele wanderten aus. Die Zurückgebliebenen rissen die ledig stehenden Häuser ein, um Holz zu erhalten. Alles verwilderte. In Gransee starben 551 Menschen, nach der Angabe des Totengräbers aber wenigstens 1000, da viele heimlich eingescharrt wurden. Die Adligen und die Prediger flüchteten nach den Städten und fanden auch dort ihren Tod.
    So war die Lage des Landes beschaffen, als der Kaiserliche General Graf Gallas mit seiner 60000 Mann starken Armee von Malchin, aus dem Mecklenburgischen, heranrückte, um die Schweden von der Elbe und Havel zu vertreiben. Plünderung, Brand und Mord bezeichneten jeden seiner Schritte. Nun wetteiferten Pest und unmenschliche Barbarei, das Land Ruppin in eine der ödesten Wüsteneien umzuwandeln. 82 Alles floh nach Ruppin und Wusterhausen, wohin sich Gallas wegen der noch nicht ganz gedämpfen Pest nicht getraute, und haufenweise starben die unglücklichen Schlachtopfer vor den Städten an der Mauer. Am 5. Oktober rückte er endlich in die Stadt Ruppin ein und erpreßte von den armen Bewohnern, was die verödeten und rauchenden Hütten der Landleute nicht mehr leisten konnten. Arme Leute mußten Eichelbrot essen, und Kaspar von Zieten erzählt, daß man sich auf dem Markte in Neu-Ruppin um eine tote Katze gezankt habe. Bei ihrem Abzuge setzten die Kaiserlichen unter Gallas ihren Schandtaten die Krone auf: sie verließen Ruppin und steckten an einem Tage das Städtchen Wildberg und 28 Dörfer in Brand.
     
Die Gottberger Kirchenbücher
     
    Diese »Gallassche Zeit« nun oder mit andern Worten diese durch vier Wochen hin systematisch betriebene Verwüstung des Ruppinschen Landes ist es, die von zeitgenössischer Hand in den Gottberger Kirchenbüchern ihre Schilderung gefunden hat.
    Der Aufzeichnende war Emanuel Collasius (Kohlhase), Prediger in dem benachbarten Dorfe Protzen, das er infolge der totalen Verödung dieses Ortes verließ, um sich nach Gottberg (wo er geboren war) zu begeben. Erst nach etwa Jahresfrist wurde er, da an Rückkehr nach Protzen nicht zu denken war, Prediger in seinem Geburtsdorfe Gottberg und schrieb in die dortigen Kirchenbücher seine und des Ruppiner Landes Leidensgeschichte ein.
    Diese beiden Bücher sind:
    1. ein Kirchenrechnungsbuch und
    2. ein eigentliches Kirchenbuch.
    Das Kirchenrechnungsbuch, ein Folioband, ist aus dem Jahre 1587 und enthält auf der vordersten Seite, die zu diesem Behuf in Gebrauch blieb, die Namen der Gottbergschen Prediger von 1581 bis jetzt. Das Buch wurde zu Anfang dieses Jahrhunderts neu gebunden. Sein Inhalt ist oft schwer zu entziffern.
    Das eigentliche »alte Kirchenbuch« ist um ein Jahr jünger, beginnt mit 1588 und schließt mit 1766. Es ist ein Quartband in Pergament. Nur wenige Bogen sind lose; alles andere hat noch festen Zusammenhang und eignet sich, bei sorgsamer Behandlung, in seinem gegenwärtigen Zustande immer noch besser zur An-und Durchsicht, als wenn es einen neuen Einband erhielte. Leider ist die Schrift auch dieses Buches oft schwer zu lesen. Historische Notizen finden sich nur hier und dort eingestreut, unter denen die wichtigsten (wie auch im Kirchenrechnungsbuche die aus der Gallasschen Zeit sind.
    Zwischen den Aufzeichnungen in beiden Büchern ist nur der Unterschied, daß Prediger Collasius in dem Kirchenbuche mehr das Allgemeine, in dem Kirchenrechnungsbuche mehr das Persönliche gegeben hat. Wir beginnen mit dem letzteren.
     
    Prediger Collasius' Aufzeichnungen im Gottberger Kirchenrechnungsbuche
     
    »Dies 1638te Jahr ist wohl ein recht elend und trübselig Jahr gewesen, wie dergleichen wohl kein trübseligeres in unserem geliebten Vaterlande erlebt worden ist... Zumal auch wegen der Pest, darannen die Dörfer bald ausgestorben sind... So hat mein Antecessor zu Gottberg, Herr Joachimus Becker, in eben diesem

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