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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sagen, daß dieselben erfreulicher Art gewesen wären. Ich will einen gewissen Kern von kleiner bürgerlicher Tüchtigkeit, der in der Mehrzahl dieser Männer steckte, gern anerkennen, auch zugeben, daß etliche, wie Söhnel und Emden, die Ebells, Haacks und Hagens von mehr oder weniger vorzüglichem Charakter waren, die meisten aber waren nicht bloß kleine, sondern meist auch kleinliche Leute, denen der Sinn der Anerkennung für ihnen geleistete Dienste jederzeit fehlte; prosaisch, eng, argwöhnisch, ohne Pietät und Dankbarkeit. Den Obersten von Wulffen, dem sie die herrlichen, immer schöner werdenden Anlagen vor dem Rheinsberger Thore verdanken, ärgerten sie zur Stadt hinaus und so machten sie's mit jedem, der ihnen Gutes that und die Stadt und die Grafschaft unter Dransetzung von Kraft und Vermögen zu fördern suchte.« »Was wird mein Loos sein?« setzt Alexander Gentz ahnungsvoll hinzu.
     
    *
     
    So das für den Turmknopf bestimmte Manuskript, in dem Alexander Gentz beflissen war, ein Zeit- und Sittenbild seiner Stadt, aber zugleich auch der ganzen Grafschaft zu geben. Von den angesehensten Familien adligen und bürgerlichen Standes, von den Kohlbachs, Scherz, Jacob, von Quast und von Knesebeck wird, meist kurz, in mehr anerkennenden als tadelnden Bemerkungen gesprochen, ausführlich aber wendet er sich einem zu: dem alten Grafen Zieten auf Wustrau. Was ihn zu dieser auf Vorliebe deutenden ausführlichen Behandlung bestimmte, läßt sich mit Sicherheit nicht sagen und hatte wohl in Verschiedenem seine Veranlassung, unter andern auch darin, daß er in seinem künstlerischen Sinn erkannte: Dieser alte Graf ist ein besonders glücklicher Stoff für die literarische Behandlung. Und darin hat er sich nicht geirrt. Das Bild, das er vom alten Grafen Zieten gibt, von seinem Leben und Sterben, ist das Glanzstück in seinem Manuskript, aus dem ich nun wieder zitiere.
     
Der alte Graf Zieten auf Wustrau
    »... Der alte Graf Zieten auf Wustrau war der Sohn des berühmten General von Zieten und ein größerer Abstand als der zwischen seinem gefeierten und beinah ehrwürdigen Namen und seiner persönlichen Erscheinung war nicht denkbar. Friedrich der Große hatte ihn 1765 über die Taufe gehalten und davon blieb ihm Zeitlebens ein hohes Selbstgefühl, auch das Gefühl, sich was erlauben zu dürfen. Als Anfang der 30er Jahre Prinz Wilhelm (der spätere Kaiser) zur Inspection nach Ruppin kam, war natürlich auch Landrath von Zieten zur Begrüßung da, neben ihm ein Wustrauer Bauer, der beim Erscheinen des Prinzen den Gruß vergaß oder vielleicht auch nicht grüßen wollte. Zieten schlug ihm sofort die Mütze vom Kopf. Schon als Täufling empfing er das Fähnrichspatent und war später ein übermüthiger Lieutnant, enthielt sich aber aller heldischen Thaten, die an seinen Vater hätten erinnern können.
    Eins ist ihm unbedingt zu lassen: er war, von Übernahme des Guts an, ein guter Landwirth und ein noch besserer Financier. Man darf vielleicht sagen, ein zu guter‹. Als er das Gut übernahm, standen Schulden darauf, die den alten Zieten, den Vater, während seiner letzten Lebensjahre stark gedrückt hatten. Der Sohn wußte sehr bald Wandel zu schaffen, die Schulden wurden abgezahlt und das Gut erhob sich zum Range eines Mustergutes, dessen Werth mit jedem Jahre stieg, und, wie schon hier bemerkt sein mag, beim Tode des alten Grafen (1854) den zehnfachen Werth haben mochte, wie siebzig Jahre früher bei Übernahme des Gutes. Seine, des alten Grafen, besondere Liebe war der Park und durch das, was er hier that (auch das Barocke mit eingeschlossen), hat er sich in hohem Maße den Dank der Ruppiner, der Stadt wie der Grafschaft verdient. Ganz der Sohn einer in der Oberschicht der Gesellschaft das Christenthum mehr oder weniger verspottenden Zeit, gab er diesem spöttischen Zuge, der ihn sein ganzes Lebelang beherrschte, beständigen Ausdruck und beging Dinge, die man heutzutage mit Achselzucken begleiten oder doch mindestens als Geschmacklosigkeiten bezeichnen würde. Damals freute man sich daran und hatte, weil es als ›Esprit‹ galt, sogar Respekt davor. An die Thür einer Art Kapelle war ein Todtenkopf und an die Bretterwand eines benachbarten Pavillons ein Christuskopf gemalt, zwischen Kapellchen und Pavillon aber lag ein Kirchhof mit Kreuzen und Gedächtnißtafeln und allerhand Inschriften darauf. All das war aber bloß Ornament, Park- und Garten-Ausschmückung, um auf die Besucher eine bestimmte sentimentale

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