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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Wirkung auszuüben, denn unter den Kreuzen lag nichts oder – Schlimmeres als nichts. Ein ›falscher Kirchhof‹ also, was übrigens niemanden verdroß oder in seinem religiösen Gefühl verletzte. Man nahm das alles nicht ernst und der Philister, der bewundernd oder schmunzelnd an diese Gräber herantrat, war gerade so spottsüchtig und ungläubig, wie der Landrath v. Zieten selbst. Dieser wußte das auch und kannte nichts Lieberes und Schöneres – und dies war eine wirklich erquickliche Seite an ihm, die mit vielem aussöhnen konnte – als seinen Wustrauer Park mit seinen prächtigen alten Bäumen, seinen Lagerplätzen und seinen zur Fahrt auf den See bereitliegenden Booten und Gondeln von seinen lieben Ruppinern besucht zu sehen. Ich mache mich keiner Übertreibung schuldig, wenn ich sage, daß zu Zeiten bis zu fünfzig Familien in dem Park anzutreffen waren. Denn es gab nichts in der Nähe, was mit Wustrau wetteifern konnte. Sogar Fremde kamen. Und je mehr ihrer kamen, desto glänzender war des Alten Laune. Er erschien dann plötzlich, vom Schloß her, in blauem Rock und hellblauen Pantalons, einen Stern auf der Brust, und verlangte nichts als einen Gruß, den er mit großer Freundlichkeit erwiderte. Niemand fuhr besser dabei, als sein Gärtner, der den Namen Geduldig führte, und dem er eine Art Schankgerechtigkeit, nämlich das Recht einer Milch- und Kaffeewirtschaft verliehen hatte. Besonders Liebespaare liebten Wustrau sehr und viele Verlobungen sind in den verschwiegenen Gängen am See hin geschlossen worden.
    Er galt für geizig und fast darf man sagen, seine Thaten auf diesem Gebiet übertrafen noch seinen Ruf. Es wäre lohnend, hier Details zu geben, aber das Beste davon entzieht sich der Möglichkeit der Mittheilung und nur das eine, vergleichsweise Harmlose, mag hier eine Stelle finden, daß er, bei kleinen Diners, die gelegentlich stattfanden, persönlich mithalf und mit einer im Laufe der Zeit gewonnenen Übung aus ein paar Heringen ein paar Dutzend Sardellen herauszuschneiden wußte. Wahrscheinlich erfunden, aber erfundene Geschichten derart sind gerade so gut wie die wirklichen; zwischen den echten und unechten Friedericianischen Anekdoten ist kein Unterschied.
    Bis in sein hohes Alter hinauf war er Landrath. Er hatte den Kreis gut verwaltet und viele Chausseen angelegt. Unter andrem half er auch dadurch, daß er bei Hofe, wo er namentlich bei Friedrich Wilhelm IV. als »Original« sehr angesehen war, allerlei durchzusetzen wußte, was einem Manne von gleichgültigerem Namen muthmaßlich nicht geglückt wäre. Mit eben diesem Ansehen bei Hofe hing es auch zusammen, daß er, schon 1840 gegraft, 1851, unter ganz besonders auszeichnenden Förmlichkeiten, zur Enthüllungsfeier des Friedrichdenkmals nach Berlin geladen wurde. Hochbeglückt durch diese Gunstbezeugung kam er nach Wustrau zurück. Aber dieselben letzten Lebensjahre, die so viel Auszeichnendes für ihn brachten, brachten ihm auch Kränkungen aller Art, Ärgernisse, die um so ärgerlicher waren, als sie von Personen seiner nächsten Umgebung ausgingen. An der Spitze dieser plötzlich auf dem Plan erschienenen Feinde stand sein ehemaliger Sekretär C. A. Frost, der, so lang er noch in gräflichen Diensten war, nie mehr als 120 Thaler Gehalt bezogen und jedes beim Grafen eingereichte Gesuch um Gehaltsverbesserung abschlägig beantwortet gesehen hatte. Hinsichtlich der Charaktere war eine gewisse Verwandtschaft zwischen Herr und Diener und was dem Letzteren bei Beginn seiner Laufbahn an Verschlagenheit gefehlt haben mochte, das wußt' er bald einzubringen. Von Natur klüger als sein Herr und mit einem entschiedenen Talent für bureaukratische Schreibereien ausgerüstet, wußt' er sich bald derartig zur Seele der landräthlichen Verwaltung zu machen, daß er nicht ganz unrecht hatte, die seinem Herrn reichlich zufallenden Anerkennungen sich gut zu schreiben. Aber noch war die Zeit nicht da, dies Conto zu begleichen. Diese Zeit kam erst, als die Verhältnisse ihn zwangen, sich nach aufbessernden Mitteln zur Durchbringung seiner immer zahlreicher werdenden Familie umzusehen. Die Gelegenheit zu dieser Aufbesserung war bald gefunden, und zwar sonderbarerweise (wenn auch nur mittelbar) durch den alten Landrath selbst. Dieser, dem finanziellen Zuge der damaligen, in die 40er Jahre fallenden ersten Gründerperiode folgend, fing an, große Strecken seines ›Wustrauer Luchs‹ an Torf-Ausbeutungsgesellschaften zu verkaufen und in eine dieser

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