Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Gesellschaften trat Frost selbst ein, mit Genehmigung seines Herrn, der auf die Weise hoffen mochte, den ewigen Gesuchen um Gehaltsverbesserung ein für allemal enthoben zu werden. Ja, der sonst so Geizige ging weiter, und schoß seinem Sekretär aus freien Stücken 1000 Thaler vor, um demselben Gelegenheit zu geben, mit Hülfe dieser Einzahlung, als ›Aktionär‹ in die Torf-Exploitirungs-Gesellschaft eintreten zu können. Zieten gratulirte sich zu einem Meistercoup. Aber es kam anders, als er erwartet hatte, total anders. Sekretär Frost, der sich, bei seiner genauen Kenntniß aller einschlägigen Verhältnisse, sehr bald den Torf-Aktionären unentbehrlich zu machen wußte, stieg ebenso rasch an Ansehen, Macht und Vermögen und benutzte nunmehr seine finanziell glänzend gewordene Stellung, um im Interesse der ›Gesellschaft‹, der er jetzt zugehörte, Forderungen zu stellen. Als der alte Landrath auf diese Forderungen nicht eingehen wollte, dagegen von den ihm vorgestreckten ›1000 Thalern‹ sprach, warf ihm der über Nacht mächtig Gewordene die ganze Summe vor die Füße und suchte den Widerstand, den der Alte nach wie vor seinen Plänen entgegensetzte, dadurch zu brechen, daß er mit einem Briefe drohte, den er an den König Friedrich Wilhelm IV. schreiben wolle. Schließlich schrieb er diesen Brief auch wirklich und entwarf darin ein Charakterbild des Alten, der Zeit seines Lebens nichts als eine Mischung von Engherzigkeit, Habsucht und Unfähigkeit gewesen sei, stets nur verstanden habe, andere für sich arbeiten zu lassen und sich mit fremden Federn zu schmücken. Was in den letzten Jahrzehnten im Kreise geschehen sei, sei durch die landräthlichen Sekretäre geschehen, speciell durch ihn und sein Aushalten im Dienst, was nichts Leichtes gewesen sei, denn seine Vorgänger hätten sich, bei der Unerträglichkeit des ihnen auferlegten Lebens, das Leben genommen. So Frosts Eingabe. Sehr geschadet kann sie dem von ihm Verklagten aber nicht haben, denn es brachen gerade jetzt die vorerwähnten Zeiten an, die dem Alten Auszeichnungen über Auszeichnungen brachten. Indessen so wenig unempfindlich der Alte gegen solche königlichen Gnaden war, ging die heimische Fehde doch nicht spurlos an ihm vorüber, und es würde sich von einer Verkürzung seines Lebens durch eben dieselbe sprechen lassen, wenn er nicht trotz alledem sein Leben bis auf neunundachtzig Jahre gebracht hätte. Am 29. Juni 1854 starb er nach längerem Krankenlager.«
Etwa eine Woche später war das Begräbnis und mit einer Gentzschen Schilderung desselben möchte ich diese Graf-Zieten-Skizze schließen.
»An Betheiligung war kein Mangel, ja es waren mehr Personen zugegen, als eigentlich Anspruch darauf hatten. Zunächst fehlte kein Edelmann und Rittergutsbesitzer aus dem ganzen Ruppiner Kreise; das war selbstverständlich. Aber auch das Bürgerthum, das ›Volk‹, machte sich auf den Weg und die nach Wustrau führende große Straße war schon in aller Frühe von schwarzgekleideten Trauergästen belebt. Wer keinen Wagen hatte, ging zu Fuß, und so sah ich Ruppiner Damen aus den oberen Ständen, die nur zur Befriedigung ihrer Neugier die kleine Fußreise (fünfviertel Meilen) machten. Endlich erschien auch die Ruppiner Schützengilde mit Epauletts und Tressen und goldgesticktem Kragen. Jeder sah aus wie ein Major. Überhaupt war, wenn ich von den angeschimmelten Kaschmirhosen einiger Landstandsmitglieder absehe, kein Mangel an glänzenden Uniformen, besonders an Husaren-Uniformen, unter denen eine von alterthümlichem Schnitt (wahrscheinlich aus der Zeit unmittelbar vor 1806) am meisten Bewunderung fand. Es war ein alter weißköpfiger von Bredow, der sie trug.
Alles versammelte sich zunächst vor dem Schloß und hatte, bei der besonders starken Hitze, die herrschte, durchaus kein Verlangen, in das Schloß hinein und in die Nähe des Todten zu kommen. Aber endlich war es nicht länger hinauszuschieben und da standen wir nun – auch die ›Honoratioren‹ hatten Zutritt – am Sarge, zu dessen Häupten die von Tassaerts Meisterhand herrührende Porträtbüste seines Vaters, des alten berühmten Zieten, aufragte. Daneben stand der Prediger und hob seinen Sermon an und wer nicht wußte, daß es der Sohn sei, der hätte glauben müssen, es sei der Vater. Der Sohn aber, wenn er hätte sprechen können, hätte mit seiner scharfen Stimme gerufen: ›Du lügst‹, denn wie schwach es mit des alten Grafen Tugenden auch stehen mochte, von einer Sünde
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