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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Moltkebewunderung ist und mehr aus dem Kopf als aus dem Herzen stammt.
     
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Vom Bau des Gentzroder Herrenhauses 1877 (?) bis zum Mai 1880. Der Krach. Der Prozeß. Alexander Gentz, Übersiedelung nach Stralsund. Sein Tod. Versuch einer Charakteristik seiner selbst und seines Prozesses.
     
    Als Alexander Gentz an seiner »Geschichte der Erwerbung« von Gentzrode schrieb, stand er, um es zu wiederholen, auf der Höhe seines Glückes. Er hatte den vollen Glauben an sich und seinen Stern, und der Gedanke lag ihm fern, daß eine Wendung der Dinge je kommen, ihn niederwerfen und demütigen könne. Gegen Warnerstimmen, an denen es nicht fehlte, war er taub, wie jeder in gleicher Lage – der Glückswagen, der ihn trug, mußte sein Ziel erreichen oder in Stücke gehen. Ein Aufhalten gab es nicht.
    Und so kam die Katastrophe.
    Ober die dieser Katastrophe voraufgehenden Zeit liegt nur ein kurzer Bericht vor, dem ich folgendes entnehme.
    »... Gentzrode wuchs; Wiesen waren neuerdings erworben worden und die Bäume gediehen noch über Erwarten hinaus, so daß in den Gründerjahren viele Tausende davon verkauft werden konnten. Ausfälle, die trotzdem eintraten, konnten durch die reichen Torfstich-Erträge leicht gedeckt werden. Alexander Gentz verfolgte rastlos den Plan einer allgemeinen Arrondierung seines Besitzes, sowohl seiner Äcker in Gentzrode, wie seiner Torf-Gräbereien im Luch. Die Leute nannten ihn den ›alten Blücher‹, in Anerkennung der Energie, mit der er alles durchführte, was er sich vorgesetzt hatte. Die meisten Kämpfe, deren es viele, sowohl mit den Konkurrenten wie mit der Regierung gab, kostete das Luch, an dessen wachsenden Erträgen alles hing. Und diese Kämpfe wurden im ganzen genommen siegreich geführt. Da, mit einem Male, war es, trotz dieser Siege, mit den ›wachsenden Erträgen aus dem Luch‹ aus und dadurch mit Gentzrode, ja mit dem Wohlstand der Familie vorbei. Wie kam das? Der Torf war über Nacht außer Mode gekommen. Alles brannte Steinkohlen oder Briketts und selbst die Ziegeleien, die bis dahin, ein sehr wichtiger Punkt, die Konsumenten der sonst halb wertlosen Torfabgänge gewesen waren, bauten ihre Brennöfen um, um mit Hilfe dieser Neubauten die Vorteil versprechende Mode mitmachen und Steinkohlen statt Torf verwenden zu können. Dies allein hätte genügt, dem Gentzschen Geschäft, dessen solide Grundlage der Torf war, einen tödlichen Schlag zu versetzen, zur Beschleunigung des Niederganges aber stellten sich noch andere Schädigungen ein, die freilich mit den veränderten Konjunkturen in einem mehr oder weniger nahen Zusammenhange standen, zum Teil direkt daraus resultierten. Ein Hauptwerk Alexander Gentzs im Luch war die mit enormen Kosten errichtete große Schiffahrtstraße nach Berlin, der sogenannte Fehrbelliner Kanal samt dem schwarzen Graben. Alle fremden Kähne, so viel war ihm seitens der Regierung als Ausgleich für das Geleistete zugebilligt worden, hatten, wenn sie die Wasserstraße benutzten, unter dem Namen eines Schleusengeldes einen Zoll an ihn zu zahlen, dessen Beträge zunächst zur Verzinsung resp. Amortisierung des Anlagekapitals dienten. Es waren dies sehr beträchtliche Summen, die sich infolge der plötzlich veränderten ›Konjunkturen‹ ebenfalls rasch herabminderten, so daß a tempo zweierlei hinschwand oder doch ins Schwinden kam:
     
    die Torfgelder für den selbstproduzierten Torf und
    die Schleusengelder für die Torfverschiffung der Mitproduzenten.
     
    Aber auch dieser Doppelübelstand erschöpfte noch nicht das Maß der Verlegenheiten. Eine dritte Schädigung kam noch hinzu: der Sommer und Herbst 1877 waren sehr regnerisch gewesen, so daß der im Luch überall umherstehende, teils naß gewordene, teils von Anfang an nicht recht ausgetrocknete Torf (der, wie sich denken läßt, eine sehr bedeutende Summe repräsentierte) nicht verschifft, mithin auch das Wenige, was von Nachfrage da war, nicht einmal befriedigt werden konnte. Die Folge davon war, daß es schon im Winter 1877 auf 1878 mit Gentz' Finanzlage kritisch genug stand, bis sich ein Weg fand, dem Unheil noch einmal zu steuern. Dies war durch Verpfändung der gesamten Torfgräbereien mit Rückkaufsrecht. In der Tat nahm alles noch einmal einen gewissen Aufschwung, zum mindesten war auf Jahr und Tag hin ein Stillstand geschaffen. Aber schon am 2. Mai 1880 hieß es abermals an der Berliner Börse: ›Gentz ist bankrott.‹ Und diesmal war kein Einhalt zu tun. Ein Konkursverwalter ward ernannt,

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