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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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daß es nur noch seiner Verheiratung mit Helene Campe, der klugen und schönen Tochter des als Heinrich-Heine-Verlegers mitberühmt gewordenen Buchhändlers Campe bedurfte, um sein Selbstgefühl bis ins Ungemessene zu steigern. Wie das Turmknopf-Manuskript, aus dem ich Auszüge gegeben, deutlich bekundet, sah er auf die ganze Ruppiner Welt als auf etwas unendlich Kleines herab, und lebte sich immer mehr und mehr in ein gewisses, über den Personen und selbst über dem Gesetz (soweit die »Kleinstädter« es handhabten) stehendes Herrschergefühl ein, das ihn auch nicht verließ, als er schon vor Gericht stand. Vor den Konkursrichter geführt, nahm er vor diesem, was ganz seinem Wesen entsprach, eine derartig legere Haltung an, daß sich der Richter gezwungen sah, ihm vor Eintritt in die Verhandlung zuzurufen: »Hut ab; Hände aus den Hosen!« ein Zuruf, der (wie ich zufällig weiß) nicht nur das empörte Staunen des Angeklagten, sondern auch das seiner Familie wachrief, woran sich, als an einem rechten Musterbeispiele, zeigen läßt, in einem wie hohen Grade das ganze Haus Gentz ein vollkommen dynastisches Gefühl ausgebildet hatte. Alexander Gentz stand nicht als einfacher Alexander Gentz, sondern als eine Art Karl Stuart vor seinen Richtern, der bekanntlich, als ihm während der Verhandlung sein Stöckchen aus der Hand fiel, sich wunderte, daß niemand der Richter zusprang, das Stöckchen wieder aufzuheben und ihm zu überreichen.
    Und mit diesem charakteristischen Zug aus der Zeit des gegen Alexander Gentz angestrengten Prozesses bin ich nunmehr bei dem Prozesse selber angelangt und habe zu diesem, der seinerzeit soviel Staub aufwirbelte, Stellung zu nehmen. Wie stand es damit? Zunächst mit dem Konkurs selbst? Von befreundeter Seite wird mir darüber geschrieben: »Daß ihn (Gentz), wie fast jeden, der zur Bankrotterklärung gezwungen wird, ein bestimmtes Maß von Schuld trifft, ist wohl nicht zu leugnen. Ein vorsichtiger Kaufmann muß rechtzeitig für Reservegelder sorgen und auf den Wandel der Zeiten achten. Beides unterließ er. Er war nicht weitsichtig genug. Dazu kam, daß der ihm angeborene Hang, alles nach Möglichkeit schön und künstlerisch zu gestalten, ihn zu ganz unnützen Mehrausgaben veranlaßte. Nicht bloß seine Parkanlagen sind ein vollgültiger Beweis dafür, derselbe Zug prägte sich auch bei den Kanalbauten im Luch aus, wo er sich's beispielsweise nicht nehmen ließ, erst die lange Wasserstraße selbst und dann die Torfgräberhäuser mit niedlichen Anpflanzungen zu umgeben. Diese künstlerische Liebhaberei verschlang ein Vermögen.«
    Ich habe dieser trefflichen und selbst in ihrem Tadel noch in gewissem Sinne verbindlichen Schilderung nichts hinzuzufügen. Er raste, jeder Warnung unzugänglich, in sein Verderben hinein, durch nichts berechtigt oder entschuldigt, als durch den Glauben an seinen Stern. Und so war es denn weder verwunderlich, noch auch die Betätigung eines besonderen staatsanwaltlichen Rigorismus, ihn schließlich zur Verantwortung gezogen zu sehn. Nur der Modus konnte vielleicht in diesem und jenem ein anderer sein. Es war ein Vorgehen, das in vielen Stücken an den berühmteren Professor Gräfschen Prozeß erinnert, bei welcher Gelegenheit auch die von Gräfs Schuld Überzeugtesten sich mit einzelnen Details des Verfahrens nicht einverstanden erklären konnten. Ähnlich im Prozeß Gentz. Das Richtige, das was sein soll, kam schließlich in jedem Anbetracht zu seinem Recht, er war schuldig, und das Maß der ihm zudiktierten Strafe wurde sicherlich nicht zu hoch bemessen, aber in das, was der eigentlichen Prozeßverhandlung voraufging, mischte sich wohl manches ein, was besser gefehlt hätte; lange bevor ihn das Gericht verurteilen konnte, war er schon verurteilt durch die Gefühle seiner Mitbürger. Daß diese Gefühle durchweg die richtigen gewesen wären, kann ich nicht zugeben. Es brauchte seine Schuld nicht beschönigt, am wenigsten geleugnet zu werden, aber wenn jemals »mildernde Umstände« da waren und mitsprechen durften, so war hier ein solcher Fall gegeben. Alexander Gentz war das Opfer großer Unternehmungen, die, wenn auch vorwiegend zum eigenen Nutzen unternommen, doch schließlich der Gesamtheit von Stadt und Land zugute gekommen waren. Dem trug man nicht Rechnung. Sein Fall, statt Mitleid zu wecken, weckte nur Freude, denn kein Jubel ist größer, als der Jubel derer, die – nachdem man über sie gelacht – sich schließlich als die Klügeren oder doch

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