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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Wriezen nach Norden, endlich bei Freienwalde nach Osten, so daß sie, mehrfach ein Knie bildend, auf ihrem langen Umwege drei Linien statt einer beschrieb. Diesem Umwege, der dem raschen Abfluß hinderlich war, sollte abgeholfen werden; mit anderen Worten, der Lauf des Flusses, der bis dahin etwa diese Gestalt
     

    gehabt hatte, sollte durch ein neues Bett nunmehr einfach eine gerade Richtung erhalten.
     

    Der Kanal wurde gegraben, und die Oder fließt seitdem in einem neuen Bett, das nur 2 1/2 Meilen statt 6 Meilen Länge hat. Dies ist die sogenannte »neue Oder« zwischen Güstebiese und Hohensaathen (H. S.). Aber das alte Bett wurde durch diesen geradlinigen Durchstich, wie sich denken läßt, nicht absolut wasserleer, es blieb vielmehr Wasser genug in der »alten Oder«, um den verschiedenen an ihr gelegenen Städten und Dörfern mehr oder weniger ihren alten Wasserverkehr zu erhalten. Erst 1832 kam dieser Wasserverkehr in Gefahr. Die Verwallung, wie sie bis dahin bestand, hatte im Laufe der Jahrzehnte verschiedene Mängel gezeigt, und namentlich war der flußabwärts gelegene Teil des Niederbruchs, das sogenannte Mittelbruch, nach wie vor vielfachen Überschwemmungen ausgesetzt gewesen. Dem vorzubeugen, entwarf der Geh. Oberbaurat Cochius schon zwischen 1810 und 1818 einen kühnen Plan, der darauf hinausging, die alte Oder bei Güstebiese zu schließen, d.h. also einen Riegel vorzuschieben. Dieser vorgeschobene Riegel, ein Damm, eine Zuschüttung, sollte alles Wasser zwingen, im Bett der neuen Oder zu bleiben und ein teilweises Abfließen des Wassers in das Bett der alten Oder unmöglich machen. Der Plan war kühn, weil die dadurch im Bett der neuen Oder sehr wesentlich wachsende Wassermasse leicht Gefahren (Deichbrüche) im Geleite haben konnte. Außerdem war das Aufhören jeder Wasserverbindung, wenn auch das Ganze dadurch gewann, für viele Bewohner des Mittelbruchs eine wenig wünschenswerte Sache. Alles wurde indessen glänzend hinausgeführt. Die wachsende Wassermasse der neuen Oder schuf keine Gefahren oder man wußte doch diesen Gefahren zu begegnen, und, was ebenfalls wichtig war, eine absolute Trockenlegung der alten Oder erfolgte durch Vorschiebung jenes Riegels ebensowenig, wie sie siebzig Jahre früher durch Grabung des neuen Oderbettes erfolgt war. Die Anwohner, namentlich in den an der alten Oder gelegenen Städten Wriezen und Freienwalde, erfreuen sich nach wie vor einer Wasserverbindung, da teils das Grundwasser, teils auch ein geschicktes, alle Bruch-Gewässer sammelndes Kanalsystem das Bett der alten Oder, trotz der Kupierung (Zuschüttung) bei Güstebiese, mit Wasser speist. Ausbaggerungen und Tieferlegung des Bettes halfen nach.
    Man darf sagen, daß sich die Herstellung eines geradlinigen und dadurch verkürzten Oderbetts (»die neue Oder«) in allen Punkten bewährt hat, nur vielleicht in dem einen nicht, den man dabei zunächst und vorzugsweise im Auge hatte. Man hatte, wie schon angedeutet, von diesem neuen, kürzeren Bett eine Verbesserung des Oderfahrwassers erwartet und gehofft, daß das raschere Fließen des Wassers an dieser Stelle das Flußbett vertiefen, den Strom einengen, konzentrieren und dadurch die Stromkraft steigern werde. Dies alles ist wenig oder gar nicht in Erfüllung gegangen. Der vielfach versandete Fluß ist nach wie vor mehr breit als tief, die Schiffahrt nach wie vor schwierig, oft ganz unterbrochen, und sogar die Kanalanlage selbst hat ihren ursprünglichen Charakter zum Teil verloren und ist breiter, und infolge davon wieder flacher und sandiger geworden.
    Ad 2. Die zweite Aufgabe war, die Anlegung von »tüchtigen Dämmen«. Das sogenannte Oberbruch, wie wir gesehen haben, hatte solche Dämme schon. Es handelte sich also vorwiegend um Eindämmung des Niederbruchs, eine Aufgabe, die dadurch so kompliziert wurde, daß nicht nur die »neue Oder« auf ihrer Strecke von Küstrin bis Saathen, sondern vor allem auch die sich in weiten Windungen durch das Land ziehende »alte Oder« eingedämmt werden mußte. Große Anstrengungen und große Geldsummen waren dazu erforderlich. Endlich glückte es. Die Gesamtstrecke der hier im Nieder-Oderbruche angelegten Deiche beträgt über zehn Meilen. Diese Deiche waren nicht gleich anfangs, was sie jetzt sind, weder an Höhe noch Festigkeit. So kam es, daß auch nach Anlage derselben verschiedene große Überschwemmungen stattfanden, z.B. 1785 und 1838. Auch jetzt noch ist die Möglichkeit solcher Überschwemmungen nicht

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