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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sagte Frau von Friedland: ›Wir sind sehr bald zu Hause; wollen Sie aber im Freien essen, kann ich Ihnen sogleich etwas schaffen.‹ Als wir letzteres versicherten, ging es sofort in einen prächtigen Wald hinein, einen steilen Berg hinauf, wo wir erst ein Feuer und bald darauf eine gedeckte Tafel erblickten, auf einem Platze, wo wir im Vordergrunde dichte Waldung, zur Seite einen großen See und in der Ferne eine weite Aussicht in das herrliche Oderbruch hatten. Eine Menge von Schüsseln, die schönsten Weine, und ein Dessert von Ananas, Weintrauben usw. ward aufgetragen. Aber sie ließ uns zum Essen und Trinken nicht eben viel Zeit. Es ging bald wieder fort, von einer Feldflur zur andern, und so waren wir gewiß fünfzehn Meilen die Kreuz und Quer gefahren, ehe wir auf ihrem gewöhnlichen Wohnsitze, auf Schloß Cunersdorf, ankamen. Sie hat außerdem noch sieben bis acht völlig eingerichtete Wohnungen, wo sie, wie es ihr einfällt, mittag oder nachts bleibt. Ihre Leute wissen es keine Stunde vorher, wo sie essen oder schlafen will.«
    Im weiteren Verlauf der Schilderung, die Thaer von ihr entwirft, heißt es an anderer Stelle:
    »Heute von morgens sechs Uhr an, bis jetzt, abends zehn Uhr, hat sie uns nicht fünf Minuten Ruhe gelassen. Wir haben gewiß vier Spann Pferde müde gefahren. So etwas von Aktivität ist mir noch nie vorgekommen. Sie hat über ein Dutzend Verwalter, Schreiber und Meier, und dennoch kennt sie jeden kleinen Gartenfleck, jeden Baum, jedes Pferd, jede Kuh, und bemerkt jeden kleinen Fehler, der in der Bestellung vorgefallen ist, jede Lücke in einer Hecke, jeden falschgestellten Pflug. Sie hat nicht nur mehrere große Branntweinbrennereien und Brauereien, sondern betreibt auch ein starkes Mühlengewerbe, weshalb sie sich förmlich in das Müllergewerk hat einschreiben lassen, so daß sie das Meisterrecht hat, und Lehrburschen ein- und losschreiben kann.«
    Diese Schilderungen, sowohl die Thaerschen wie die von Marwitz herrührenden, deuten bereits den Punkt an, worin Frau von Friedland ganz besonders hervorragte; ich meine ihr Organisations- und Erziehungstalent, ihre Gabe, Leute aus dem Bauernstande zu treuen und tüchtigen Verwaltern, Förstern und Jägern heranzubilden. Sie zeigte dabei ebensoviel Menschenkenntnis, wie sie zugleich ihrerseits Gelegenheit fand, sich von der Bildungsfähigkeit der hier lebenden deutsch-wendischen Mischrasse zu überzeugen.
    Die meisten und besten Grundstücke der Herrschaft Cunersdorf-Friedland gehörten jenem Teile des Oderbruchs an, der erst durch die von Friedrich dem Großen ausgeführte Odermelioration dem Wasser und Sumpf abgerungen wurde. Diese Grundstücke waren nicht sofort fruchtbar, mehrere Dezennien vergingen, ehe bei dem damaligen mangelhaften Zustande des Ackerbaus in unserer Provinz auf diesem eroberten Grund und Boden auch nur mäßige Ernten erzielt werden konnten. Hier treten uns nun die ganz besonderen Verdienste der Frau von Friedland entgegen.
    Aber auch verwandten Gebieten wandte sie ihre Aufmerksamkeit und ihren Eifer zu. Ihre Baumschulen, ihre Pflanzungen erregten Erstaunen, sowie denn z.B. im Frühjahr 1803 ein Vorrat von fünfundzwanzig Wispeln Kienäpfel zur Aussaat sich vorfand. Auch auf Verschönerungen war sie feinen Sinnes bedacht, und die reizenden Partien zwischen Buckow und Pritzhagen, die »Springe«, die »Silberkehle« und andere Glanzpunkte der Märkischen Schweiz sind, ihrer ersten Anlage nach, ihr Werk.
    Durch Umsicht, Sorgsamkeit und Anspannung aller ihr zur Verfügung stehenden Mittel den Reichtum des Bruchbodens gefördert und seine Naturkräfte lebendig gemacht zu haben, wird immer ein besonderes und nicht leicht zu überschätzendes Verdienst dieser ausgezeichneten Frau verbleiben. Was sie tat, wurde Beispiel, weckte Nacheiferung und wurde, wie ihr zum Nutzen, so dem ganzen Landesteile zum Segen. Sie starb noch nicht neunundvierzig Jahre alt am 23. Februar 1803 infolge einer heftigen Erkältung, die sie sich, zu rascher Hilfe herbeieilend, bei einem in der Nähe von Cunersdorf ausgebrochenen Feuer zugezogen hatte. Ihr Gedächtnis lebt segensreich in jenen Oderbruchgegenden fort, die ihrem Vorbild, ihrem Rat und ihrer Hilfe so viel verdanken.
     
Graf und Gräfin Itzenplitz
     
    1803 – 1848
     
    General Lestwitz hatte eine einzige Tochter, die Frau von Friedland gehabt, an die Cunersdorf-Friedland und die dazu gehörigen Güter übergegangen waren. Frau von Friedland hatte wiederum eine einzige Tochter: Henriette

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