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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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welchem Herzensanteil verfolge ich Ihre Spaziergänge in Sanssouci, wie gerne nähme ich teil daran!« schreibt Rahel und Marwitz antwortet: »Auf Sanssouci war ich lange nicht, es ist jetzt dort stürmisch und öde; öfters ging ich im Neuen Garten, wo der flutende See und die vielen dichten Tannengebüsche es lebendiger machen und die Marmorhalle vor dem Hause mir ernste, rührende und schwermütige Gedanken erweckt.« Immer wird von Berlin aus zur Arbeit ermutigt. »Nur ans Werk, wir warten hier auf Ihre Arbeit über die Propyläen und über die Politik des Aristoteles.« Daran schließen sich die Vorkommnisse der großen Stadt; Reflexionen ranken sich um Großes und Kleines. »Gern hätte ich Ihnen gestern schon geschrieben, wenn mich nicht die Nachricht von Heinrich Kleists Tod völlig eingenommen hätte. Ich kenne nicht die näheren Umstände seines Todes; aber es ist und bleibt ein Mut. Wer bangte nicht vor jenen ›dunkeln Möglichkeiten‹? Forsche ein jeder selbst, ob es viele oder wenige sind.« So schreibt Rahel, wohl in Vergessenheit, daß sie die Antwort auf diesen Brief vorweg empfangen hatte, als ihr Marwitz von Friedersdorf aus die schon zitierten Worte schrieb: »Mir ist der Selbstmord immer wie eine verruchte Roheit vorgekommen.«
    So läuft das briefliche Geplauder zwischen den Befreundeten, einmal heiter, einmal paradox, einmal tief, wie Stimmung und Ereignis das Wort gestalten. Jeden Abend schrieb er, aber der Tag gehörte den Studien. Die Marwitzsche Familie ist noch im Besitz umfangreicher Essays, kritischer Abhandlungen und Gutachten, die jener reifen Zeit ihre Entstehung verdanken. Alle diese Memoires teilen sich in zwei Gruppen, in politische und staatswissenschaftliche. In den Charakter und die Eigenart Napoleons einzudringen, schien er sich zu einer besonderen Aufgabe gemacht zu haben, und man erstaunt billig über die Reichhaltigkeit der zu diesem Zweck unternommenen Studien. Alles, was erschien, wurde gelesen und exzerpiert und unter der Überschrift »Bonapartiana« zusammengestellt. Dazu gesellten sich mündliche Mitteilungen und Auszüge aus Briefen. Was der Tag brachte, ward in bunter Reihenfolge registriert, und Oberst Spiegel, Gentz, Brinkmann, Fürst Lichtenstein, Oberst Bentheim, Itzenplitz, Müffling, General Krusemark fanden sich hier auf denselben Blättern zusammen. »Chassez moi cette Canaille là!« so erzählt Oberst Spiegel, donnerte Bonaparte einem seiner Kammerherren zu, als er bei einer großen Cour jene dreizehn Kardinäle erblickte, die sich in der Scheidungs- und Wiedervermählungsfrage gegen ihn erklärt hatten. Und wenige Tage später – so fährt derselbe Oberst Spiegel fort – spuckte der Kaiser, mit unverkennbarer Absicht, mitten in die Reihe der Könige hinein, die bei der großen Vermählungszeremonie mit Marie Luise unmittelbar hinter ihm standen.
    Von besonderem Interesse unter diesen Aufzeichnungen ist die Ansprache Napoleons an eine Deputation märkischer Stände, die, wenn ich nicht irre zu Dresden, auf sein spezielles Geheiß vor ihm erschienen war. Der Kaiser, der sie durch liberale Phrasen kirren und an sich und seine Sache fesseln wollte, sagte mit jener rücksichtslosen Offenheit, die er ebensogut wie List und Verschlagenheit zu handhaben wußte: »Vous êtes gouvernés que cela fait pitié. Votre roi est... Si l'empereur Alexandre avait tardé de trois jours de faire sa paix, j'aurais détrôné votre.., et je vous aurais fait une constitution, qui vous manque. Nous sommes tous des Romains, les Français, les Italiens et les Allemands, nous sommes la même nation. Je vous aime, vous êtes de bons enfants. Mais par exemple je ne fais pas cas de vos militaires. D'un côté ils ne sont pas de héros, et de l'autre ils ont marché sur les têtes des bourgeois. – Je suis militaire, et ce n'est pas moi, qui voudra jamais déroger aux privilèges du militaire, mais je ne permettrai jamais que mes soldats traitent les citoyens français comme les votres vous ont traités.« Itzenplitz, der ein Mitglied der Deputation war, hat diese Worte aufgezeichnet. Marwitz sammelte dergleichen zu doppeltem Zweck, zu seiner Instruktion und zur Nährung seines Hasses.
    Aber Hand in Hand mit diesen losen Kollektaneen, bei deren Durchblättern die ganze Epoche, der sie angehören, wieder lebendig vor uns hintritt, gingen abgerundete, tief durchdachte Arbeiten, von denen uns wenigstens eine über die sogenannte »Separation«, d.h. »die Teilung der Gemeinheiten« in

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