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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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namentlich die Brandenburger von immer wachsenden Verlusten betroffen. Der Minenkrieg kostete Opfer über Opfer und die zahlreichen Ausfälle konnten nur mit großem Verlust an Menschenleben zurückgeschlagen werden. Von drei Grafen Dohna, die mit vor Ofen waren, fielen zwei, während der dritte, Graf Christoph, dessen Memoiren für die Geschichte jener Zeit und jener Belagerung so wichtig sind, verwundet wurde. In Wahrheit traf das Sprichwort zu, das damals in Kurs kam: »Je näher dem Ofen, je größer die Hitze.« Taten größter persönlicher Tapferkeit geschahen von beiden Seiten. Leutnant von Wobeser, nachdem sein älterer Bruder, ein Kapitän im Bataillon Prinz Philipp, von einem Spahi niedergesäbelt war, ging vor, um seinen Bruder zu rächen oder sein Schicksal zu teilen, und auf einen türkischen Anführer förmlich Jagd machend, zerschmetterte er ihm, im endlichen Zweikampf, mit einem Morgensterne den Kopf.
    Der 17. August war der Tag, der über das Schicksal der Festung entschied. An diesem Tag erschien vor Ofen das große türkische Heer, 70000 Mann stark, unter Führung des Großveziers, das die Aufgabe hatte, die hart bedrängte Festung zu entsetzen. Es kam zur Schlacht angesichts der Belagerten, und das türkische Heer wurde geschlagen. Von diesem Augenblick an war die Einnahme der Festung nur noch eine Frage der Zeit. Am 2. September schritten die Christen zum Sturm. Achttausend Mann, zur Hälfte Kaiserliche, zur Hälfte Brandenburger, jene vom Herzog von Croy, diese vom General von Barfus geführt, bildeten die Sturmkolonne und drangen unwiderstehlich vor. Nachdem die Palisaden erklettert waren, drang man in die Straßen der Stadt ein. Nur Türken und Juden hausten darin, und alles wurde niedergemacht, leider auch Weiber und Kinder. Die Türken steckten weiße Fahnen aus, zum Zeichen, daß sie bereit seien, sich zu ergeben, aber die Stürmenden rissen die Fahnen nieder und ließen alles über die Klinge springen. Vergebens mühte sich der Herzog von Lothringen, dem Gemetzel ein Ende zu machen; neuntausend wurden erschlagen; ein Rest von Janitscharen, der sich in das feste Schloß gerettet hatte, kapitulierte am andern Tage. Unter diesen, da sein Tod nicht gemeldet wird, befand sich mutmaßlich auch Abd ur Rahmân selbst, ein geborner Schweizer mit Namen Coigny. Schon während der Belagerung war er von einem in die Stadt geschickten Parlamentäroffizier namens Wattenwyl als Landsmann erkannt worden.
    Auch die brandenburgischen Oberoffiziere waren bemüht gewesen, dem Blutvergießen Einhalt zu tun, und hatten durch ihr Dazwischentreten gerettet, wo noch zu retten war. Aber nur in einzelnen Fällen war es ihnen geglückt. General von Barfus rief zwei Türken Pardon zu, welche wie Verzweifelte sich wehrten, und brachte sie dem Kurfürsten als die Tapfersten nach Berlin. Schöning dagegen hatte das Glück, zwei schöne Türkinnen, noch Kinder, den Händen der alles niedermachenden Soldaten zu entreißen. Was aus dem älteren Mädchen geworden, entzieht sich unserer Kenntnis; die jüngere aber wurde, unter Beibehaltung ihres türkischen Namens, Fatime getauft und von Schöning, der sie mit nach Tamsel nahm, sorgfältig erzogen.
    Fatime kam später nach Warschau, wo sie ebenso sehr durch ihre blendende Schönheit wie durch das romantische Interesse ihres Geschicks aller Augen auf sich zog und ein Glanzpunkt der Gesellschaft wurde. Unter ihren Bewerbern war auch König August, dem sie lange widerstand, bis sie endlich dem Grafen Rutowski das Leben gab. Fatime vermählte sich später in die Spiegelsche Familie; ihr Sohn Rutowski aber stieg bis zum sächsischen Feldmarschall und ist, wenn wir nicht irren, derselbe, der bei Ausbruch des Siebenjährigen Krieges gezwungen war, bei Pirna zu kapitulieren. 56
    Doch wir kehren zu Schöning und dem Türkenkriege zurück. – Die Beute, welche in Ofen gemacht wurde, war überaus groß. Namhafte Summen von Dukaten und Zechinen, sowie Edelsteine und orientalische Perlen fielen den Siegern in die Hände. Unter den fünfhundert großen Geschützen, die man eroberte, befand sich auch eine vierundzwanzigpfündige Schlange mit dem brandenburgischen Wappen, die nun dem Führer des brandenburgischen Hilfskorps als Trophäe zurückgegeben wurde. Außerdem überbrachte Schöning dem Kurfürsten einen türkischen Roßschweif und ein paar tatarische Pauken, Siegeszeichen, die sich bis auf diese Stunde im Berliner Zeughause vorfinden.
    Der Rückmarsch ging abermals durch die

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