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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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was folgte, klug genug gewesen war, sich nachgiebig gegen die kurfürstliche Autorität zu zeigen, während der bedeutendere aber rechthaberische und überall anstoßende Schöning den Kurfürsten und seine Umgebung durch die Art seiner Rechtsforderung verletzt hatte. Während der Streit schwebte, hatte er – mutmaßlich bedeutet, die Residenz unter allen Umständen zu meiden, – abwechselnd in Tamsel und Weißensee gelebt. Jetzt, nachdem das oben mitgeteilte Reskript die Streitfrage praktisch zum Abschluß gebracht hatte, verließ er die Heimat, die seinem Wirken und seinem Ehrgeiz keinen Schauplatz mehr bot, und trat am 9. April 1691 als Feldmarschall in kursächsischen Dienst.
     
    Wir begleiten Hans Adam, der vom Herbst 1689 an bis zu seiner Übersiedelung nach Dresden fast ausschließlich in Tamsel lebte, nunmehr durch seine letzten Lebensjahre. Mit wachsenden äußeren Ehren gingen immer wachsende Kränkungen Hand in Hand. Schöning war nicht allein in sächsische Dienste getreten, dreißig brandenburgische Offiziere waren ihm gefolgt und innerhalb der sächsischen Armee wurden jetzt ähnliche Empfindungen rege, wie vier Jahre zuvor im Brandenburgischen, als Feldmarschall Schomberg, gefolgt von seinen Söhnen und anderen französischen Refugiés, über die Köpfe der alten brandenburgischen Generale (z.B. Derfflingers) hinweg, in die brandenburgische Armee eingetreten war. Hier wie dort glaubte man Eindringlinge vor sich zu haben und bittere Empfindungen griffen Platz. Neuerungen, die Schöning einzuführen Miene machte, machten ihn vollends nicht beliebt, und er mochte von Glück sagen, daß ein Feldzug am Rhein, zu dem auch sächsische Truppen beordert wurden, die Gedanken der Unzufriedenen in andere Bahnen lenkte.
    Aber von anderer Seite her kam größere und ernstere Gefahr. Die sächsischen Truppen im kaiserlichen Heere waren während der Rheinkampagne 1691 herzlich schlecht gehalten, ja bei Gelegenheit der Winterquartiere in einer Weise behandelt worden, daß es einer Beleidigung oder Mißachtung des Kurfürsten von seiten des Wiener Hofes ziemlich nahe kam. Hiergegen lehnte sich Schöning, der seinem neuen Herrn in Ernst und Treue diente, energisch auf und drang in ihn, bei der kaiserlichen Armee nur das Reichskontingent (3 000 Mann) zu belassen. »Schöning« – so erzählt Paul von Gundling in einem der Berliner Bibliothek angehörigen Manuskript – »handelte sehr sicher und war in seinen Reden wider des Kaisers Majestät sehr frei. Dadurch wurde indessen seine Stellung sehr gefährlich, und zwar um so gefährlicher, als eben jetzt ein französischer Abgesandter, namens Bidal, in Dresden eingetroffen war, der häufig mit dem Kurfürsten und Schöning verhandelte. Der österreichische Gesandte Clary ermangelte nicht, über alles dies sehr übertriebene Berichte nach Wien hin zu erstatten.«
    Kurz, man glaubte alsbald in Wien an ein sächsisch-französisches Bündnis oder gab sich wenigstens das Ansehen, an ein solches zu glauben, um gestützt darauf einen Coup ausführen und die unbequeme Gestalt Schönings vom sächsischen Hofe entfernen zu können. Schöning selbst hatte keine Ahnung von dem, was ihm drohte. Er reiste, seit längerer Zeit ernstlich am Podagra leidend, in die Bäder von Teplitz. Hier ward er, auf den eben geschilderten Verdacht hin, von den Österreichern aufgehoben, ganz unter ähnlichen Umständen, wie sechzig Jahre früher Hans Georg von Arnim, ebenfalls ein Brandenburger und sächsischer Feldmarschall, von den Schweden aufgehoben und nach Stockholm hin transportiert worden war.
    Über die Art der Aufhebung Schönings liegt uns folgender Bericht vor. In der Nacht zum 23. Juni marschierte ein Offizier mit zweihundert Mann von Prag aus nach Teplitz, umstellte Schönings Wohnung, ließ ohne weiteres eine Salve geben, brach mit Gewalt ins Haus ein und nahm den Feldmarschall gefangen, der, im bloßen Hemd aus dem Bett gesprungen, kaum Zeit gefunden hatte, einen Schlafrock überzuwerfen. So, mit bloßen Füßen, setzte man ihn in eine Kalesche, der Offizier und zwei Mann mit ihm, und fuhr im schnellsten Galopp der Festung Prag zu. Der Adjutant des Feldmarschalls, Major von Droste, jagte sofort dem Wagen nach und griff die schwache Bedeckung an. Als aber einer der Soldaten das Gewehr auf Schöning anlegte und diesen zu erschießen drohte, überließ Droste den Feldmarschall den Händen seiner Überwinder. Von Prag aus brachte man ihn nach dem Spielberg bei Brünn und führte dort sein

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