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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Verhör. Man wollte einen zweiten Wallenstein aus ihm machen und hielt die Meinung aufrecht, daß er nicht ohne Absichten nach dem Reichskommando gestrebt habe. Aber alle Bemühungen, ihn zu einem Hochverräter, zu einem »Verbrecher gegen die Interessen des Reichs« zu stempeln, waren vergeblich.
    Sachsen war durch dieses eigenmächtige Vorgehen aufs schwerste beleidigt und zog zunächst die 3000 Mann zurück, die es als Reichskontingent gestellt hatte. Alle Schritte aber, die Freilassung Schönings zu erwirken, blieben fruchtlos, bis endlich, nach zwei Jahren schmählicher Gefangenschaft, der Regierungsantritt des Kurfürsten Friedrich August und die energischen Proteste desselben Schöning die Freiheit wiedergaben. Um die Aussöhnung vollständiger zu machen, erschien der bis dahin Gefangengehaltene vor Kaiser und Kaiserin und ward, um seines Podagras willen, in einem Sessel vor die beiden Majestäten getragen, ein Umstand, der nicht ermangelte, in ganz Europa die größte Sensation hervorzurufen.
    Es war das viel Auszeichnung, auch namentlich wohl in den Augen Schönings, der besonders empfänglich war für Huldigungen wie diese. Die Süßigkeit solcher Stunden indes konnte seinem Herzen nicht wiedergeben, was jahrelange Verbitterung ihm genommen hatte. Gefeiert, aber im Innersten gebrochen, zog er in Dresden ein und die Gnadenbezeugungen Friedrich Augusts begleiteten nur noch einen Hinscheidenden. Er erkrankte; Podagra und Steinschmerzen zehrten an seinem Leben, Karlsbad versagte den Dienst, und am 28. August 1696 schied er, matt und müde, aus dieser Welt der Zeitlichkeit. Seine Leiche ward einbalsamiert und in der Kreuzkirche zu Dresden ausgestellt, dann aber am 25. November nach der Neumark übergeführt, um in der Kirche zu Tamsel beigesetzt zu werden. Dort ruht er noch jetzt in einem kupfernen Sarge, mit Gold reich verziert und ein Kruzifix auf dem Deckel.
     
    Wir versuchen zum Schluß noch eine Schilderung Schönings, sowohl seiner äußern Erscheinung wie seines Charakters. Er war, namentlich dem Brustbilde nach zu schließen, dessen Original sich auf der Festung Königstein und in Kopie in Händen der Schöningschen Familie befindet, ein schöner Mann, in dessen Zügen sich Soldatisches und Hofmännisches, Strenge und Glätte, Selbstbewußtsein und Lächeln über die Eitelkeiten dieser Welt in interessanter Weise mischten. In andern Porträts, so z.B. auf einer Denkmünze, die gleich nach seinem Tode geprägt wurde, tritt das streng Militärische beinah ausschließlich hervor; doch ist es fraglich, ob diesen letzteren Bildnissen irgendeine Porträtbedeutung beigemessen werden darf, oder ob sie nicht vielmehr jenen bloßen Ruhmes- und Ehrenmedaillen zuzurechnen sind, wie sie damals nach dem Ableben eines berühmten Mannes auf gut Glück hin angefertigt wurden, mehr in der Absicht, ihn durch bildliche Darstellung überhaupt zu feiern, als durch korrekte Wiedergabe seiner Züge seinem äußeren Menschen gerecht zu werden.
    Uns von Schönings Charakter ein Bild zu entwerfen, ist nicht eben schwer, wenn wir den Berichten über ihn, die in ziemlicher Anzahl auf uns gekommen sind, ohne weiteres Glauben schenken wollen. Es bleibt aber doch fraglich, ob diesen Schilderungen, trotz des Übereinstimmenden, das sie haben, in allen Stücken unbedingt zu trauen ist. Alle Mitteilungen über ihn rühren nämlich von Gegnern her, und man würde die Pflicht haben, schon aus diesem Grunde die höchste Vorsicht walten zu lassen, wenn nicht der Umstand, daß er überhaupt nur Gegner gehabt zu haben scheint, allerdings auf etwas entschieden Unliebenswürdiges in seiner Natur hin verwiese. Barfus, die Schomburgs, Danckelmann, der ältere Grumbkow, Otto von Schwerin, Graf Christoph Dohna, alle waren gegen ihn, und die Memoiren des letzteren, wenn wir Gutes und Böses, das sie erzählen, zusammenfassen, schildern ihn als einen begabten Feldherrn voll Mut, Umblick und Geistesgegenwart, aber zugleich auch als einen anmaßenden und habsüchtigen Mann, von spöttischem und zweideutigem Wesen. Seiner geistigen Überlegenheit sich bewußt, behandelte er was unter ihm stand mit Härte, und was neben ihm stand mit Geringschätzung.
    Diese Schilderung wird im wesentlichen richtig sein. Sein Streit mit General Barfus, den wir oben ausführlich erzählt haben, zeigt ihn uns ganz von dieser Seite. Auch Barfus wird in den Pöllnitzschen Memoiren »auffahrend, halsstarrig und hochmütig« genannt; aber eine Reihenfolge von Umständen spricht

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