Wanderungen durch die Mark Brandenburg
dabei nicht länger und wenden uns vielmehr der Stelle zu, wo im Mittelpunkte des Parks, en vue des Schlosses vom Grafen Hermann Schwerin der große Denkstein errichtet wurde, dessen ich schon S. 334 flüchtig erwähnte. Es ist, wie an jener Stelle hervorgehoben, ein Steinobelisk von etwa 30 Fuß Höhe, der sich auf einem gegliederten Postamente erhebt und seinerseits wieder eine Viktoria trägt. An den Seiten und der Rückfront des Postaments befinden sich drei, auf den Küstriner Aufenthalt des Kronprinzen Bezug nehmende Basreliefs: ein Studierzimmer mit Büchern, Noten und Karten; ein strahlender Jüngling, der den Wagen der Sonne lenkt; Küstrin mit der alten Oderbrücke; während die Vorderfront folgende Inschrift trägt:
Eh die Sonne (mit des Schöpfers Macht im Bunde)
Sendet ihren Glühstrahl über Welt und Ocean,
Geht des Frühlingsmorgens Nebelstunde
Thränenschwer, doch Segen bergend, ihr voran.
Weitere am Obelisken selbst befindliche Inschriften knüpfen ebenfalls an den Aufenthalt des Kronprinzen in Küstrin und Tamsel an.
Vorderfront: Hier fand Friedrich II. als Kronprinz von Preußen in seinem Duldungsjahre 1731 erwünschte Aufheiterung in ländlicher Stille.
Rückfront: Es ist ein köstlich Ding einem Manne, daß er das Joch in seiner Jugend trage. Klagelieder Jeremiä 3, 27.
An einer der Seitenfronten befinden sich einige auf die Errichtung des Denkmals bezugnehmende Worte: »Dem erhabenen Verklärten Anno 1840, nach 100 Jahren seiner Thronbesteigung, geweiht vom Grafen Hermann von Schwerin.« Ein Gitter und Rosenbüsche fassen das Denkmal ein. Es ist an derselben Stelle errichtet worden, an der, laut Aussage alter Fischersleute, der Kronprinz, wenn er im Tamseler Parke spazieren ging, mit Vorliebe zu verweilen und unterm Laubdach der Bäume zu lesen pflegte. Die Enthüllung des Denkmals war, wie schon hervorgehoben, ein Fest für die ganze Gegend. Friedrich Wilhelm III., der sieben Tage später starb, hatte noch den größten Anteil daran gewonnen und acht Invaliden aus der friderizianischen Zeit, zur Erhöhung des festlichen Eindrucks, nach Tamsel geschickt. Die Uniformierung war eigens nach Angaben des Königs erfolgt 59 .
Die Kirche
Die Tamseler Kirche steht ebenfalls im Park. Es ist ein alter, gotischer Bau, der durch Schinkel restauriert und malerisch in die Landschaft eingefügt wurde. Dies Bestreben, einer sterilen Landschaft künstlerisch aufzuhelfen oder eine hübsche Landschaft noch hübscher zu machen, spielt bei allen Schinkelschen Dorfkirchen eine wesentliche Rolle.
Wir treten ein. Das linke Querschiff ist eine mit Statuen und Waffentrophäen geschmückte Ruhmeshalle für die Schönings. Hier befinden sich, in einer Doppelnische, die überlebensgroßen Steinbilder des Feldmarschalls Hans Adam von Schöning und seiner Gemahlin. Zur Linken beider steht die Marmorbüste des Sohnes (Johann Ludwig 1713) und trägt folgende Inschrift: »Der Hochwohlgeborne Herr, Herr Johann Ludwig von Schöning, des St. Johanniter Ordens Ritter und designirter Commendator zu Lago, Sr. Königl. Majestät in Polen und churfürstlichen Durchlaucht zu Sachsen gewesener Kammerherr, Herr zu Tamsel, Warnick, Groß und Klein Kamin, Birckholz und Schönhoff, ist geboren zu Küstrin den 25. Dezember St. vet. anno 1675 und auf dem adeligen Gute zu Neuendorf in dem Fürstenthum Halberstadt anno 1713, den 29. Oktober, selig in dem Herrn entschlafen, seines Alters 37 Jahr 10 Monate und 10 Tage.«
Andere Statuen enhält die Kirche nicht, wohl aber zwei Ölbilder zur Rechten und Linken des Altars. Das eine, von Wach gemalt, ist eine »Himmelfahrt«; das andere, ein »Christus am Kreuz«, wurde von Wach restauriert. Dies zweite Bild ist wesentlich besser und gilt für wertvoll. Es heißt »der Feldmarschall habe es nach seinem Türkensiege aus Ungarn mitgebracht«, doch erscheint mir das wenig wahrscheinlich. Alles, was sich in den Schlössern und Kirchen unserer »Türkenbesieger« vorfindet, ist regelmäßig »aus Ungarn mitgebracht«. Ich meinerseits halte mich überzeugt, daß selbst die S. 302 erwähnten, berühmten Stuckarbeiten im Tamseler Schloß einfach von Berliner Künstlern herrühren, an denen unter der Regierung König Friedrichs I. in der brandenburgischen Hauptstadt kein Mangel war. Der »Christus am Kreuz« konnte freilich damals von keinem Berliner Maler gemalt werden und stammt wahrscheinlich aus Dresden, wo, wie wir gesehen haben (vgl. S. 317), Feldmarschall Schöning von 1691 an
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