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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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nicht durch eigne Kraft. Die Dohna-Dönhoffs schoben ihn einfach vor, um nicht in die, durch Danckelmanns Sturz entstandene Günstlingslücke einen neuen, vielleicht viel gefährlicheren Günstling einrücken zu sehen, und unserem Barfus fiel es lediglich zu, durch sein bloßes Dasein den Satz zu predigen: wo ich bin, kann kein anderer sein.
    Das ging zwei Jahre lang, aber nicht länger. Der Kurfürst, was immer seine Schwächen sein mochten, war aus zu feiner Schulung, um an der Haltung eines alten Kampagnesoldaten, der nicht einmal französisch sprach, auf die Dauer ein Genüge finden zu können. Und die Einführung einer Perückensteuer, wodurch Hans Albrecht den Sitten und Finanzen des Landes gleichmäßig aufzuhelfen trachtete, bezeigte sich schließlich als der allerschlechteste Weg, die schon schwankende Waage zu seinen Gunsten wiederum sinken zu machen. Die neue Sonne: Kolbe-Wartenberg stieg immer höher. Er begann den Majordomus zu spielen und der Danckelmannsche Hochmut erschien nun wie Leutseligkeit neben dem Ton des neuen Günstlings. Niemand wurde geschont, kaum die Königin, am wenigsten die alten Parteien des Hofes.
    Aber Barfus, der den Hof überhaupt wie ein Schlachtfeld nahm, war ein viel zu guter Soldat, um so ohne weiteres an Flucht oder Rückzug zu denken. Er hatte den türkischen Großvezier besiegt, warum nicht auch den Majordomus von Brandenburg? Die Königin, die Dohna-Dönhoffs dachten ähnlich und so bereitete sich jene »große Liga von 1702« vor, die keinen andern Zweck verfolgte, als den tyrannischen Günstling zu beseitigen und das Barfussche Interregnum von 1697–99, die Zeit der vereinigten Ministerien und der Perückensteuer, wieder herzustellen.
    Aber Kolbe-Wartenberg war glücklicher, als es Danckelmann vor ihm gewesen war. Vielleicht weil es die Liga in der Person versah, die sie mit Ausführung der Hauptrolle betraute. Diese Person war der Hofmarschall von Wense. Graf Otto Dönhoff, als er von der Wahl dieses letztgenannten Herrn hörte, zuckte die Achseln und setzte gutgelaunt hinzu: »Wohlan denn, wir müssen dem Glück einen Ochsen opfern!« Er hatte recht gehabt. Nur blieb es nicht bei dem
einen
Opfer. Alle traf die Ungnade des Königs, und während der Hofmarschall von Wense den Hof mit der Festung Küstrin vertauschte, wurde der Rest vom Hofe verbannt: die Dohnas, die Dönhoffs und auch Barfus.
    Dies war des letzteren letzte Aktion – kein Ruhmestag von Slankamen. Der Hof war nicht sein Feld. Trösten mochte es ihn, daß auch Gewandtere unterlegen hatten. Unser Feldmarschall aber ging nach »Kossenblatt«, wo inzwischen, auf einer Spreeinsel, der Frontbau eines Schlosses entstanden war. Mit sich nahm er zu allem, was er sonst noch besaß, ein Jahresgehalt von 8000, nach Pöllnitz sogar von 12000 Talern. Aber er erfreute sich desselben nicht lange mehr. Am 27. Dezember 1704 beschloß er sein an Kämpfen und Wandlungen reiches Leben.
    In einem schlichten Anbau neben der Kossenblatter Kirche hat er seine letzte Ruhestatt gefunden.
    Wir versuchen nun, nachdem wir in vorstehendem die Lebensgeschichte Hans Albrechts erzählt haben, eine Schilderung seiner äußeren Erscheinung und seines Charakters.
    Hans Albrecht von Barfus war von großem, kräftigem Körperbau, über sechs Fuß hoch und durchaus militärisch in Haltung und Auftreten. Selbst stattlich, legte er auch Gewicht auf Stattlichkeit, und lange bevor König Friedrich Wilhelm I. seine Riesengarde ins Leben rief, verriet Hans Albrecht eine entschiedene Neigung, hünenhafte Leute, besonders Offiziere, in den preußischen Dienst zu ziehen. Es waren dies die ersten Anfänge der später so notorisch gewordenen »blauen Kinder« von Potsdam. Und so mag es denn auch mehr als Zufall sein, daß das einzige größere Bildnis, das von unserem Hans Albrecht existiert, vom »Soldatenkönige« selbst gemalt wurde. Dieses Bild stammt etwa aus dem Jahre 1737, und da um diese Zeit unser Feldmarschall längst verstorben war, so hat es nichts Unwahrscheinliches, daß der König es, nach einem Stich oder einer Zeichnung, eigens zur Huldigung gegen denjenigen ausführte, in dem die Idee der »großen Blauen« zuerst gedämmert und gelegentlich Gestalt gewonnen hatte.
    Fassen wir den Charakter unseres Feldmarschalls ins Auge, so finden wir: er war tapfer, soldatisch, spezifisch deutsch, antifranzösisch (auch hierin ein Vorläufer Friedrich Wilhelms I.), habsüchtig aber unbestechlich, rechthaberisch aber nicht ungerecht, in Intrigen

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