Wanderungen durch die Mark Brandenburg
ich nichts abgegeben und so eben das letzte Stück zum zweiten Frühstück genossen. Grüßen Sie von mir alles um sich herum. Ihnen einen Rest vergnügter Feiertage wünschend, verbleibe Ihr alter getreuer Gevatter J. G. Schadow, Direktor.« Und zwei Jahre später: »Berlin, 29. Mai 1845. Meine Frau Nachbarin, Gevatterin und Freundin hat meiner wieder gedacht und nach alter Sitte mir um diese Jahreszeit wieder einen Quarkfladen gebacken. War diesmal vorzüglich! Auch hab' ich anderen wenig davon abgegeben, gestern abend das letzte davon verzehrt und bin heute mit dem gebührenden Dankgefühl erwacht. Hierbei ist mir wieder lebhaft in Erinnerung gekommen Ihre Mutter, die auch eine so angenehme Erscheinung war. Das häusliche Glück sei stets mit und bei Ihnen! Zu fernerem Wohlwohlen empfiehlt sich Ihnen Ihr alter ergebener Freund J. G. Schadow, Direktor.«
44 Von berufener Seite her ist mir hiergegen eingewandt worden: »es sei dies nicht richtig; der alte Schadow habe nicht im Dialekt gesprochen.« Auf diesen Einwand hin hielt ich es für angezeigt, mich mit einer ganzen Anzahl der aus der Schadowzeit her noch lebenden Maler und Bildhauer in briefliche Verbindung zu setzen. Ich erhielt auf meine Briefe fünfzehn Antwortschreiben, die sich in drei Gruppen teilen: sechs erklären rund und nett »er sprach berlinisch«, zwei bestreiten es, und sieben halten einen Mittelkurs. Die letzteren werden wohl recht haben und aus der Reihe dieser zitier' ich deshalb folgende Stellen: »Er sprach berlinisch, wenn er sich gehen ließ, aber nicht das spezifische Berlinisch, sondern ein Berlinisch, das durch das märkische Platt stark beeinflußt war. Professor C. G. P.« – »Er sprach nicht speziell berlinisch, aber höchst originell, ich möchte sagen schadowsch, und streifte dabei stark das Plattdeutsche. Was ja auch ganz erklärlich. Professor A. H.« – »Er sprach nicht eigentlich berlinisch, aber hatte doch eine Redeweise, die stark daran erinnerte, wie z.B. ›Na, denn haste recht‹ oder ›Na, des is ooch nich die richtige Intention‹. Professor A. E.« – »Er sprach, wie Ihnen Professor H. sehr richtig geschrieben hat, vor allem schadowsch. Außerdem aber liebte er es ganz besonders, französische Wörter und Floskeln einzuflechten; chef d'oeuvre, Karnation, Attitude, Traktation des Marmors usw. Professor G. L.« – »Ich entsinne mich nicht, daß er regelmäßig berlinisch gesprochen hätte, dagegen weiß ich ganz bestimmt, daß er mir bei gewissen Anlässen im Berliner Dialekt antwortete. Mal fragt' ich ihn, wie man's wohl einzurichten habe, um beim Modellieren nach dem lebenden Akt am schnellsten und sichersten zum Ziele zu gelangen. ›Ich fange beim kleenen Zehen an, un das is meine Manier, un das is de beste.‹ Ein ander Mal fragte ich ihn, ob man bei Statuen, die hoch gestellt würden und sich gegen die Luft abhöben, die natürlichen Proportionen ändern müsse. Er antwortete: ›Wat richtig is, muß ooch richtig aussehen.‹ Professor A. W.« – Und nun zum Schluß. Einer aus der Gruppe der »Entschiedenen« schrieb mir: »Alle drei Direktoren meiner Lebenszeit sprachen prononciert berlinisch. Die Reihenfolge würde sein: Herbig, Werner, Schadow. Herbig ›am dollsten‹.«
45 Dies zeigte sich nicht bloß auf dem Gebiete der Historie, sondern auch auf dem der Landschaft. Er freute sich jedesmal, wenn es einem oder dem andern geglückt war, etwas Hübsches aus den Gegenden der Havel und Spree darzustellen und eiferte dann halb scherzhaft halb ernsthaft gegen das »ewige Italien-malen«. »Ich bin nich so sehr vor Italien« hieß es dann wohl »un die Bööme gefallen mir nu schon jar nich. Immer diese Pinien un diese Pappeln. Un was is es denn am Ende damit? De eenen sehn aus wie uffgeklappte Regenschirme und die andern wie zugeklappte.«
46 Johannes Thile I. kam 1604 ins Amt und stand demselben bis zu seinem 1639 erfolgten Tode vor. Ihm folgte sein Sohn Johannes Thile II., von dem aber alle Kirchenbuchaufzeichnungen fehlen, da die Führung seines Amts in das letzte Jahrzehnt des Dreißigjährigen Krieges und die daran anschließende Not-und Trauerzeit fällt, in der alles wüst lag und an Ordnung und Buchführung nicht zu denken war. Johannes Thile II. starb 1669, und von der Hand eines seiner Nachfolger findet sich auf der entsprechenden Kirchenbuchseite die Notiz, »daß ein Sohn dieses jüngeren Johannes Thile (also des 1669 verstorbenen Johannes Thile II.) den Kriegs- und Soldatenstand
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