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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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mêurisse.«
     
    49 Einer dieser Söhne (der dritte) Gustav Graf Schlabrendorf, geboren 1750, preußischer Kammerherr und Stiftsherr zu Magdeburg, ist der durch seine Schriften, insonderheit auch durch seine Pariser Schicksale während der Revolutionszeit berühmt gewordene Graf Schlabrendorf. Er war ein Anhänger der Girondisten, weshalb er sich, in den Schreckenstagen, auf Antrag Robespierres eingekerkert sah. An dem Tage, wo der Karren vorfuhr, um ihn und andere Verurteilte zum Schafott abzuholen, fehlten ihm seine Stiefel, worauf hin er erklärte: »man könne doch am Ende verlangen in Stiefeln guillotiniert zu werden.« Es hatte das seine Wirkung, und der Scherge, der infolge dieser Bemerkung in eine gute Laune gekommen war, antwortete: »eh bien; demain matin«. Am andern Morgen aber, wo des Grafen Name nicht mehr auf der Liste stand, wurd' er vergessen und bald danach, nach dem inzwischen erfolgten Sturze Robespierres, in Freiheit gesetzt. Unter Napoleon, obwohl dieser von Schlabrendorfs scharfer Kritik über ihn hörte, blieb er als »Sonderling« unangefochten. Er war Philosoph und Philanthrop und verwendete seine nicht unbedeutenden Einkünfte zu wohltätigen Zwecken, besonders für seine Landsleute. Nach den Befreiungskriegen (er blieb immer in Paris) empfing er das Eiserne Kreuz. Er starb daselbst am 22. August 1824. In Gröben befand sich ein Porträt von ihm, Kniestück, das um seiner storren Frisur und seiner Glotzaugen willen das Entsetzen aller Kinder war, die des Bildes daselbst ansichtig wurden. Es kam später fort und befindet sich jetzt auf dem Kalkreuthschen bei Landsberg a. W. gelegenen Schloß Hohenwalde.
     
    50 Es gab damals zwei Generäle von Ryssel in der preußischen Armee, beide katholischer Konfession und beide Divisionäre, von denen der eine zuletzt in Neisse, der andre (der im Text erwähnte) in Trier stand. Beide waren früher in sächsischen Diensten gewesen und einer derselben hatte noch bei Groß-Beeren eine sächsische Brigade gegen uns kommandiert. Der Triersche nahm Anfang der zwanziger Jahre seinen Abschied und starb in Giebichenstein bei Halle. Der Berliner Witz gefiel sich übrigens damals, unter Ausnutzung des Namens »Ryssel«, in folgendem etwas gewagtem Wortspiele: »Welcher Unterschied ist zwischen einem Elefanten und Friedrich Wilhelm III.?« »Der Elefant hat einen Ryssel und Friedrich Wilhelm hat zwei.«
     
    51 An dieser in Portlandzement ausgeführten Kanzel befinden sich die Statuetten von Luther, Melanchthon und Calvin, was, unmittelbar vor Einweihung der Kirche, eine Kontroverse herbeiführte. Da Gröben, von den Tagen der Reformation an, immer lutherisch gewesen war, so protestierte der Geistliche, trotz seiner intimen Stellung zur Patronin, aufs entschiedenste gegen die Zulassung Calvins. Aber Frau von Scharnhorst bestand darauf und drang mit ihrem Willen durch. Es scheint mir indessen unzweifelhaft, daß der Geistliche (Pastor Henschke, Freund und Erzieher Fräulein Johannas) im Rechte war. Es würde doch beispielsweise sehr auffallen und dem entschiedensten Widerspruch aller reformierten Geistlichen begegnen, wenn seitens einer zufälligen Majorität unserer »Kolonie« plötzlich der Beschluß gefaßt werden sollte, die Statue Luthers an den Kanzeln unserer französisch-reformierten Kirche anzubringen.
     
    52 Während der Verhandlungen, die bereits vielfach über die Pfarrgründungsfrage stattgefunden haben, ist es bis jetzt ganz unmöglich gewesen, den Bauer aus dem Sattel zu heben. Auf die Bemerkung: »Und Ihr werdet dann auch nicht länger nötig haben, Eure Kinder bei Winterwetter eine halbe Meile weit zum Konfirmationsunterricht zu schicken« antwortete man einmütig: »Ei, auf diese zwei Tage freuen sich ja die Kinder die ganze Woche; da haben sie Schlittenbahn und schneeballen sich und kommen immer frisch und munter nach Hause.«
     
    53 In dem Punkte, daß man im Kabinett eine gewisse Bestrittenheit der Scharnhorstschen Verdienste wegleugnen wollte, hatte man gewiß unrecht, aber darin andererseits gewiß recht, daß er mindestens »unopportun« war, in solcher Zeit auf solche Meinungsverschiedenheiten oder auch Schlimmeres hinzuweisen. – Einen eigentümlichen Eindruck macht es außerdem, aus dem Briefwechsel zwischen den streitenden Parteien zu ersehen, daß die beiden Räte I. und v. B. auch stilistische Bedenken hatten und damit nicht hinter dem Berge hielten. So wollte man das gesperrt gedruckte Wort »stetig«, weil es nicht deutsch sei,

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