Wanderungen durch die Mark Brandenburg
die seit etwa zweihundertundfünfzig Jahren ebendaselbst angesessenen Görtzkes. Die wenigen adligen Familien (darunter die von dem Knesebeck und von Haeseler), die sich außerdem noch im Teltow vorfinden, gehören diesem Landesteil erst seit kurzem an, während die alten Teltow-Familien: von Beeren, von der Liepe, von Britzke (in Britz), von Wilmersdorf, von Otterstedt, von Boytin, von Groeben, von Flanß, von Thümen, von Schlabrendorf teils ausgestorben, teils in andern Landesteilen seßhaft geworden sind. In keinem Teile der Mark hat der Güterbesitz so oft gewechselt als in Teltow und Barnim. Der Einfluß der Hauptstadt ist dabei unverkennbar.
35 Nichts scheint das Volk in seinem poetischen Hange so schöpferisch zu stimmen als der Anblick von Kunstwerken, die es nicht versteht. Es ruht nicht eher, als bis es eine Deutung gefunden hat, wobei es zugleich eine Neigung und ein Geschick zeigt, schon vorhandene Sagen oder Geschichten dem gegebenen rätselhaften Etwas anzupassen. Es gilt dies beispielsweis auch von der »Adonisstatue mit dem Eberkopf« im Schloßparke zu Köpenick. Die Sage, die sich daran knüpft, ist die folgende: Einem Jäger Joachims II. träumt, er werde bei der nächsten Jagd von einem Eber getötet werden. Er erzählt seinen Traum am andern Morgen und man läßt ihn im Schloß zurück. Die andern kehren mit reicher Jagdbeute heim und der zurückgebliebene Jäger packt nun einen toten Eber, um ihn in die Küche zu ziehen, fällt aber dabei und reißt sich an einem der Hauer den Schenkel auf. Daran stirbt er andren Tags. Diese Geschichte mag sich einmal ereignet haben, irgendwo vielleicht, aber schwerlich in Köpenick, und sie würd' über das alte Spreeschloß immer hinweggezogen sein, wenn nicht beim Neubau des Schlosses die Errichtung der Adonisstatue mit dem Eberkopf die Sage plötzlich fixiert und ihr Anlehnung und eine neue Heimat geboten hätte. So kommt es, daß man an den verschiedensten Orten denselben Geschichten begegnet; die meisten dieser Orte sind gleichsam nur Filial und der Mutter-Sagenort ist oft schwer zu bestimmen. – Der Medusenkopf am Portal alter Schlösser hat gewiß schon oft als schlangenumwundenes Porträt hartherziger Schloßherrn gelten müssen, und der alte Herr von Hake hat unzweifelhaft Kameraden in allen Ländern. Der Satz, den ich aufstellen möchte, ist der: das Volk hat eine Neigung, Allgemeines oder wenigstens an vielen Orten sich Findendes zu lokalisieren, sobald gewisse Bedingungen erfüllt, gewisse äußerliche Anhaltepunkte für diese Lokalisierung gegeben sind.
36 »Bernadotte«, so schreibt ein Offizier aus dem Jahre 13, »entwarf beständig Pläne, die durch Kühnheit in Erstaunen setzten, und gedachte beispielsweise Magdeburg und Stettin mit Sturmleitern zu ersteigen, kam aber der Entscheidungsmoment heran, so nahm er rückwärts Stellungen. Er wurd' in allem nur durch eine Rücksicht bestimmt, sich und seine schwedische Hilfstruppe keiner Niederlage auszusetzen.«
37 Bei diesem Kampfe ging die alte Kirche von Groß-Beeren in Flammen auf und wurde erst in den zwanziger Jahren durch eine neue, nach einem Schinkelschen Plan erbaute, ersetzt. In Nähe derselben erhebt sich auch das gußeiserne Monument, das zu direkter Erinnerung an den 23. August 1813 errichtet wurde. Es trägt die Inschrift: »Die gefallenen Helden ehrt dankbar König und Vaterland«.
38 Über dies abendliche Kavalleriegefecht find' ich das Folgende: »Der Marschall Oudinot, als er mit dem 12. Korps von Trebbin her in Ahrensdorf eingetroffen war, schickte die leichte Kavalleriedivision Fournier vor, um Reynier, von dessen Rückzug er noch keine Kenntnis hatte, zu soutenieren. Diese Division Fournier stieß in der Dunkelheit auf das bei Neu-Beeren stehende Leibhusarenregiment, das sich nunmehr seinerseits ohne weiteres auf die Vorhut ebengenannter Division stürzte. Diese, völlig überrascht und unkundig des Weges, wurde von den Husaren immer am Waldrande hin, auf Groß-Beeren zu getrieben. Aber den Husaren folgte wieder das Gros der französischen Kavalleriedivision, und so ging es in wilder Jagd in den bunten Haufen der am Windmühlenberge stehenden Bataillone hinein. An dieser Stelle schloß sich ein diesseitiges Ulanenregiment und den Ulanen wiederum eine Husarenabteilung an, die samt und sonders die Hetze mitmachten, ohne zu wissen, wem es galt und wohin es ging. Oberstleutnant von Zastrow und Major von Reckow wurden umgeritten, und als letzterer am Boden lag,
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