Wanderungen durch die Mark Brandenburg
gern weg haben und proponierte statt seiner das Wort »anhaltend«. Aber Gneisenau wollte auch von einer derartigen, bloß sprachlichen Änderung nichts wissen und antwortete: »›Stetig‹ will mehr sagen als ›anhaltend‹; jenes bezeichnet das Bewußtsein des Wollens und des Zweckes. Es ist das englische ›steady‹ und ist absichtlich gewählt.« Zuletzt wurde die Sache Hardenberg selbst zur Entscheidung vorgelegt und dieser schrieb sehr fein an den Rand: »Das Wort ›stetig‹ kann als eine neue Kreation wohl gut sein. Ich kenn' es aber noch nicht als deutsch.«
54 Zeit und Ort ist an dieser Stelle nicht richtig angegeben. Er wurde nicht 1756, sondern 1755 und nicht in Haemelsee, sondern in Bordenau geboren. Ein solcher Fehler an solcher Stelle wird manchen überraschen; wer sich aber von Metier wegen viel um Biographisches gekümmert hat, weiß, daß nichts häufiger ist, als derartig irrtümliche Angaben. Ein Befragen der Kirchenbücher unterbleibt, und auf Mitteilungen einzelner Familienglieder hin, »die's von Jugend auf so und nicht anders gehört haben«, entstehen die Fehler. Erst in neuerer Zeit ist man vorsichtiger in diesem Punkte geworden.
55 Wilhelm von Scharnhorst, General der Infanterie, gestorben am 13. Juni 1854 zu Ems. Er besuchte das Gymnasium zum Grauen Kloster und trat in das preußische 3. Husarenregiment ein, ging aber bald danach (wahrscheinlich 1809) auf Wunsch seines Vaters nach England. In der deutsch-englischen Legion focht er unter Wellington in Spanien. 1813 kam er nach Preußen zurück. 1818 vermählte er sich mit der Tochter des späteren Feldmarschalls Grafen Gneisenau, kam in den Generalstab und wurde militärischer Zwecke halber 1827–28 nach Griechenland, später nach Holland hin abkommandiert. Anfang der vierziger Jahre war er Inspekteur der Artillerie von Pommern und Preußen, danach in der Rheinprovinz. 1849 nahm er an dem badischen Feldzuge teil und wurde zuletzt zum Gouverneur von Rastatt ernannt. Bald darauf erbat er seinen Abschied und übersiedelte nach Berlin, um nur noch den Wissenschaften zu leben. Namentlich war er als Geograph bedeutend und mit Ritter sehr befreundet. Eine von ihm angelegte, viele Seltenheiten enthaltende Landkarten-Kollektion wurde nach seinem Tode vom Staat angekauft und der Königl. Bibliothek unter dem Namen der »Scharnhorst-Sammlung« überwiesen. – Über den jüngeren Bruder, August von Scharnhorst (1826) hab' ich in dem Kapitel »Gröben und Siethen« ausführlicher berichtet.
56 Solche Urteile datieren noch aus einer Zeit her, wo die Kenntnis über künstlerische, speziell über architektonische Dinge gleich Null war. Kugler, Schnaase, Lübke haben eine völlig »neue Ära« geschaffen. Während jetzt jeder aus Rund- oder Spitzbogen, aus Tonnen- oder Kreuzgewölbe, den Stil und das Jahrhundert einer Kirche leidlich genau zu bestimmen weiß, stand man früher vor diesen Dingen wie vor einem Rätsel und unterschied das Alter zweier Gebäude oft rein nach dem Grade äußerlichen Verfalls, dabei zur Architektur eine kaum wissenschaftlichere Stellung einnehmend, wie die Kinder zur Pflanzenkunde, wenn sie die Blumen in blaue, rote und gelbe teilen. Dies muß man immer gegenwärtig haben. In jenen Zeiten absoluter baugeschichtlicher Unkenntnis sind durch im übrigen grundgescheite Leute grundfalsche Dinge zu Papier gebracht worden, die nun, ausgerüstet mit der Autorität eines Namens, von Buch zu Buch unsterblich weiter wandern
57 Schwert und Sporen hingen früher dem herrschaftlichen Chore gegenüber, zu dem eine Treppe von außen hinaufführt. Diese beiden Zufälligkeiten waren genug, um folgende Sage heranwachsen zu lassen. »Da war mal ein Edelmann, der kümmerte sich nicht um Gott und Menschen. Er dacht', er sei Herr über alles und in seinem Übermut ritt er in die Kirche, gleich die Treppe hinauf, die zu dem Chore führt. Hier aber bäumte das Pferd und überschlug sich, so daß beide in das Schiff der Kirche stürzten und Hals und Beine brachen. Zum Zeichen des und zugleich zur Warnung sind Degen, Schwert und Sporen dem Chore gegenüber aufgehängt worden.« – So die Sage. Schon bei früheren Gelegenheiten, hab' ich ausgeführt, wie die »mythenbildende Kraft« des Volkes mit Vorliebe, ja vielleicht immer, an solche rein äußerlich gegebenen Dinge anknüpft, vorausgesetzt, daß diese Dinge zugleich unklar und rätselvoll genug sind, um die Phantasie in Bewegung zu setzen und die freieste und selbst
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