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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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trotz äußerster Erschöpfung der Mannschaften, am anderen Morgen um vier Uhr aufbrechen zu wollen, um dann über Löcknitz Stettin zu erreichen.
    In der Nacht indes glaubte der Major Prinz Gustav von Mecklenburg-Schwerin vom Regiment Henckel-Kürassiere, welcher die Postenkette kommandierte, Bewegungen auf der Prenzlauer und Stettiner Straße wahrgenommen zu haben. Er ritt deshalb nach Pasewalk hinein und meldete dem Obersten von Hagen: die Kavallerie werde immer mehr vom Feinde eingeschlossen. Der Oberst fragte »was zu tun wäre?«, da die Pferde der Kavallerie zu ermattet seien, um ein Gefecht anzunehmen. Der Prinz antwortete »daß er nur in der Kapitulation einen Ausweg sähe«. So kam diese zustande. Die Bedingungen, die französischerseits durch den Großherzog von Berg gewährt wurden, gingen dahin, daß die Truppen das Gewehr strecken, die Offiziere auf ihr Ehrenwort entlassen und die Gemeinen in die Kriegsgefangenschaft abgeführt werden sollten. Es kapitulierten an dieser Stelle im ganzen 185 Offiziere und 4043 Mann, wovon 110 Offiziere und 2086 Mann auf die Kavallerie: Leibkarabiniers, Heising-, Holtzendorf-, Bünting- und Henckel-Kürassiere entfielen.
    Der Rest, 75 Offiziere und 1957 Mann, war Infanterie von der Brigade Hagen, wie schon hervorgehoben: Regiment Treuenfels, je ein Bataillon Pirch und Zenge, und Trümmer vom Regiment Prinz Ferdinand.
    Diese Trümmer unseres Ruppiner Regiments wurden nun, in Ausführung des betreffenden Kapitulationsparagraphen, in die Gefangenschaft abgeführt. Ruhmlos war das Ende. Das Schicksal des Ganzen bestimmte das Los des Einzelnen. Ein Gericht vollzog sich, zu groß, zu gewaltig, als daß sich die Krittelei der Menschen, tadelnd oder besserwissend, daran versuchen sollte. Dennoch bleibt wahr, was General von der Marwitz in seinen Memoiren über Pasewalk und Prenzlau geschrieben hat. »Diese Kapitulationen gaben das Signal zu allem was folgte; sie recht eigentlich überlieferten die Festungen. ›Der König hat keine Armee mehr, was helfen ihm noch einige Städte‹, so dachte jeder pflichtvergessene Kommandant. Die Kapitulationen pflanzten den Kleinmut in alle Herzen, streuten die Vorstellungen von Verrat unter das Volk und verbreiteten den jede Tatkraft lähmenden Gedanken, ›daß doch alles verloren‹ sei. Wie eine große mannhafte Tat fortwirkend Größeres erzeugt und aus Männern Helden macht, so sind auch umgekehrt mit der Vollbringung einer schmählichen Tat deren Folgen nicht abgeschlossen, sie bleibt verdammt, fortwährend Mattes und Schwaches zu erzeugen, wirkt wie ein schleichendes Gift und macht Männer zu Weibern.«
     
    Nachspiel
     
    Die Trümmer des Regiments Prinz Ferdinand hatten bei Pasewalk kapituliert und wurden in größeren und kleineren Trupps in die Gefangenschaft abgeführt. Viele befreiten sich unterwegs und ihre Erzählungen bildeten, bis die Ereignisse des Jahres 1813 dazwischentraten, die Lieblingsunterhaltung auf der Bierbank und am häuslichen Herd. Manches davon hat Prediger Heydemann in seinem schätzenswerten Buche »Neuere Geschichte der Stadt Ruppin« aufgezeichnet.
    »Einer«, so erzählt Heydemann, »hatte darauf gerechnet, daß die Gefangenen von Pasewalk über Berlin geführt werden würden. Dort gedachte er zu entspringen und bei seiner Schwester Zuflucht zu suchen. Aber die Gefangenen, von französischen Chasseurs transportiert, mußten über Templin, Oranienburg und Potsdam marschieren. Kurz vor Potsdam wurden sie von Nassau-Usingern und Hessen-Darmstädtern übernommen, die sehr streng mit ihnen verfuhren. Man las ihnen vor, daß jeder Gefangene, der auf der Flucht ergriffen würde, ohne weiteres die Kugel vor den Kopf bekäme, und so geschah es auch bei Wittenberg, wo zwei wieder eingefangene Flüchtlinge vor der Front erschossen wurden. Meistens mußten die Gefangenen nachts unter freiem Himmel liegen, ihr Schuhzeug war zerrissen. In Fulda (human genug) wurden zweihundert Paar Schuhe verteilt. An eben diesem Orte erkrankte auch der Gefangene, über dessen Schicksal ich hier berichte. Er beschloß, trotz Krankheit, weiter mit zu marschieren und die nächste Gelegenheit wahrzunehmen. Und diese fand sich denn auch. In Steinau wurde er mit seinen Mitgefangenen in eine Kirche gesperrt, in die bald danach ein alter Mann eintrat, um ihnen Essen zu bringen. Den bat er ohne weiteres ihn zu befreien. ›Wes Glaubens bist du?‹ ›Lutheraner‹. ›Gut, dann will ich dir helfen. Ich habe sieben Kinder; wer weiß, wer ihnen

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