Wanderungen durch die Mark Brandenburg
bei der verwitweten Königin Sophie Dorothee, Mutter Friedrichs des Großen, und blieb in dieser Stellung bis zu deren Tode 1757.
In diesem letztgenannten Jahre zog er sich aus der Stadt auf seine Besitzungen zurück, zunächst nach Liebenberg, auf dem er alle Verbesserungen fortsetzte, die sein Vater, ein Menschenalter vorher, begonnen hatte. Seine Neigungen, wie die Neigungen beinahe aller dem Friderizianischen Hofe nahestehenden Personen, lagen vorwiegend nach der literarischen Seite hin, und die Bücherschätze, die sich, trotz mancher durch Krieg und Wetter erfahrenen Unbill, bis diese Stunde noch im Liebenberger Schloß erhalten haben, sind, aller Wahrscheinlichkeit nach, auf die Ludwig Kasimirsche Zeit zurückzuführen. Er war es, der, um diese Schätze zu bergen, eigens ein Bibliothekgebäude aufführen ließ, das freilich, weil zu niedrig und feucht gelegen, seinem Zwecke nur unvollkommen entsprach.
1777, nach einem etwa zwanzigjährigen Aufenthalte in Liebenberg, übersiedelte Ludwig Kasimir wieder an den Rhein und zwar nach Bötzlar, das inzwischen durch den Tod seiner Mutter, der geborenen von Wylich, an die Hertefelds gekommen war. Hier erlebte er noch die Anfänge der französischen Revolution und starb hochbetagt am 24. Dezember 1790.
Der größere Teil des beim Tode seines Vaters, des Oberjägermeisters Samuel von Hertefeld, in drei Teile gegangenen Besitzes hatte sich, als Ludwig Kasimir starb, wieder in Händen dieses letzteren vereinigt.
Eben dieser war seit 1738 an eine jüngere Tochter des Refugiés Jakob von Beschefer vermählt, wodurch er ein Schwager des Großkanzlers von Cocceji geworden war.
Aus dieser seiner Ehe mit Luise Susanne von Beschefer lebte, beim Tode Ludwig Kasimirs, außer einer durch ihre Schönheit und ihre Schicksale berühmt gewordenen Schwester, nur noch Friedrich Leopold von Hertefeld, Landrat des Cleveschen Kreises, bei dem wir ausführlicher zu verweilen haben werden.
3. Kapitel
Liebenberg unter Friedrich Leopold von Hertefeld 1790–1816
Friedrich Leopold von Hertefeld, geboren 1741, stand bereits in seinem 50. Lebensjahre, als er den Familienbesitz, mit alleiniger Ausnahme von Häsen und Guten-Germendorf, ererbte.
Er war 1759 bei den Gensdarmes eingetreten, also in dasselbe Regiment, in dem sein Vater während des ersten Schlesischen Krieges gestanden, und hatte die Schlachten bei Liegnitz und Torgau mitgemacht. Er fand aber, worüber er sich in späteren Jahren oftmals äußerte, wenig Gefallen am Dienst und nahm bereits 1765 den Abschied, um, auf Wunsch des damals noch in Liebenberg weilenden Vaters, die Bewirtschaftung der rheinischen Güter zu übernehmen.
Einige Jahre später vermählte er sich, wie sein Großvater, der Oberjägermeister Samuel von Hertefeld, mit einer Wylich (Hermine Luise), aus welcher Ehe ihm eine Tochter geboren wurde: Alexandrine, später Gräfin Dankelmann.
Das war 1774. Bald darauf erfolgte seine Ernennung zum Landrat des Cleveschen Kreises, welche Stellung er, bei Ausbruch der französischen Revolution, noch innehatte.
Ziemlich um eben diese Zeit beginnen auch die dieser biographischen Skizze zugrunde liegenden Briefe.
Die große Zahl derselben eröffnet ein schwarzgerändertes Schreiben vom Weihnachtstage 1790, worin seitens des Schreibers Friedrich Leopold von Hertefeld der Frau Justizminister von Dankelmann, geb. von Bredow, das Ableben des alten Ludwig Kasimir von Hertefeld in einer allerrespektvollsten Anzeige gemeldet wird. Zugleich aber begegnen wir in einer Nachschrift der Versicherung: »Monsieur votre fils trouvera ici une reception comme le peut attendre le fils de parents, que nous aimons et honorons«, und sind, in Erinnerung an diese Nachschrift, nicht weiter überrascht, einige Monate später von der Verlobung des jungen Dankelmann mit der eben erst siebzehnjährigen Alexandrine von Hertefeld zu hören. Abermals ein Jahr später erfolgt dann die Trauung des jungen Paares, und zwar in der Liebenberger Kirche, Mark Brandenburg, wohin sich die Hertefelds vom Rhein, die Dankelsmanns von Schlesien aus, zu kurzem Aufenthalte begeben hatten.
Es scheint fast, daß schon bei dieser Familienbegegnung ein Übersiedlungsplan ins Märkische gefaßt wurde, aber seine Ausführung unterblieb, und erst als zwei Jahre später das ganze linke Rheinufer unter französische Herrschaft gekommen war, legte der sehr antifranzösische Friedrich Leopold von Hertefeld sein Landratsamt nieder und schrieb unterm 5. November 1794:
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