Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Moment. Worte des Abscheus über von Arnstedts Tat hab ich nie vernommen, aber viel Tränen sind dem bildhübschen Menschen nachgeweint worden, ja, eine mir bekannte ältere Dame, die jenen Hinrichtungstag mit erlebt hat, gerät noch jetzt in ein nervöses Zittern, wenn sie desselben gedenkt.«
     
    *
     
    Ich meinerseits füge hinzu: das Ganze (neben manch' andrem, was sich daraus lernen läßt) kann als ein merkwürdiger und beängstigender Beweis von der berückenden Macht einer dämonisch sinnlichen Persönlichkeit gelten. An dem siegreichen Einflusse dieser Persönlichkeit scheiterten alle moralischen Bedenken. Einem ungewöhnlich hübschen Menschen zuliebe verwirrten sich die Begriffe von Recht und Unrecht und ein Verbrecher wurd' ein Held. Die Frauen, alt und jung, gingen natürlich mit gutem Beispiel voran. Andererseits können wir einzelnen Briefen der vorstehend mitgeteilten Korrespondenz wenigstens das als Trost entnehmen, daß es neben diesem innerhalb der Frankfurter Frauenwelt epidemisch auftretenden Fähnrich-Enthusiasmus auch Männer gab, die das Ding als das ansahen, was es war, als die schnöde, schändliche Tat eines reichbegabten, aber durchaus bösen und von Anfang an den finstren Mächten verfallenen Menschen.
    Er hatte nur einen Mitschuldigen: die Halbheit, Zerfahrenheit und Verwirrung der Zeit, in der er lebte. Nichts war innerlich in Ordnung, ein Bovist, alles hohl und faul, und ein bitteres Lächeln überkommt den, der jene Tage noch mit durchkostet hat, wenn er von ihnen wie von einer hingeschwundenen »guten, alten Zeit« oder gar wie von einem »verlorengegangenen Paradiese« berichten hört.
     

Liebenberg
     
1. Kapitel
Liebenberg
    bis zum Besitzantritt der Hertefelds 1652
     
    An der Grenze der Grafschaft Ruppin, aber mit ihrem Hauptbesitzstande schon der Uckermark angehörig, liegt die große, mehr als 20000 Morgen umfassende Herrschaft Liebenberg.
    Über die Vorgeschichte von Dorf und Schloß Liebenberg, die der Herrschaft den Namen gaben, ist wenig bekannt. Aller Wahrscheinlichkeit nach war es, in der wendischen Zeit, ein von den Ukranern ausersehener Verteidigungspunkt, der dann, als die deutsche Sache gesiegt hatte, eben dieser wieder als Stützpunkte diente. Dafür sprechen noch ein paar Ortsbezeichnungen. Insonderheit eine: mitten auf einer schmalen Landzunge, die sich in einen Waldsee, die »große Lanke«, hinein erstreckt, erhebe sich der nach drei Seiten hin von Wasser umgebene »Burgberg«, dessen vierte Seite, nach Art eines heranführenden Passes, leicht zu verteidigen war. Die Verteidiger desselben waren zuletzt Deutsche, wie der Name »Burgberg« andeutet, aber Deutsche, die sehr wahrscheinlich ein bloßes Erbe hier angetreten hatten. Ausgrabungen würden unschwer Gewißheit darüber geben.
    Um die Mitte des 15. Jahrhunderts finden wir Liebenberg im Besitze der Bischöfe von Brandenburg, die sich desselben jedoch um eben diese Zeit entäußerten. Und zwar kam es, in Gemeinschaft mit dem gesamten »Lande Löwenberg«, an die Bredows. Bei diesen blieb es bis 1652, wo dann das unter den Drangsalen des Dreißigjährigen Krieges absolut verwüstete Gut in Konkurs geriet und durch Jobst Gerhard von Hertefeld, einen Cleveschen, eben damals in die Marken gekommenen Edelmann erstanden wurde. Von jenem Zeitpunkte ab sehen wir es, bis zum Erlöschen des Geschleches (1867) also durch mehr als zwei Jahrhunderte hin, unverändert im Besitze der Hertefelds.
    Diese – vom 13. Jahrhundert an in zahlreichen Cleveschen Urkunden immer wiederkehrend genannt – waren von Anfang an hervorragend in der Geschichte des Niederrheins, errangen aber erst eine allgemeine Bedeutung, als sie 1609 unter Stephan von Hertefeld in Beziehung zu dem Hause Brandenburg traten.
    In eben diesem Jahre 1609 starb der letzte Herzog von Cleve, bei welcher Gelegenheit Stephan von Hertefeld das Clevesche Land für den Kurfürsten Johann Sigismund, Großvater des »Großen Kurfürsten«, in Besitz nahm. Er schlug öffentlich das brandenburgische Wappen an die Tore der Stadt, ohne Rücksicht auf die große Gefahr, der er sich dabei aussetzte. Sein Versuch, einen gleichen Akt in Düsseldorf vorzunehmen, scheiterte an dem Widerstande der dort übermächtigen Anhänger des Hauses Pfalz-Neuburg.
    Stephan von Hertefeld hatte, wie begreiflich, durch diese Parteiergreifung für das Haus Brandenburg in Wien Anstoß gegeben, und als einige Jahre später spanische Truppen ins Clevesche eindrangen, suchten sie sich des

Weitere Kostenlose Bücher