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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Wirtschaftspersonale, dessen in den Briefen immer nur kurz und wie gelegentlich Erwähnung geschieht, während die Gestalten des inneren Zirkels auf jeder Blattseite wiederkehren und zuletzt in aller Leibhaftigkeit vor uns stehen. Es waren dies: Demoiselle Neumann, der alte Tackmann, der junge Reichmann und Herr Hauslehrer Greif. Alle vier erfreuten sich der Auszeichnung, nicht bloß Haus-, sondern auch Tischgenossen zu sein. Ebenso gestaltete sich ihr Einvernehmen untereinander aufs beste.
    Demoiselle Neumann, die jetzt das Haus regierte, war alles, nur keine Dame, wodurch sie gerade des Vorzuges genoß, nach dem sich der alte Freiherr durch Jahre hin am meisten gesehnt hatte. »Ich habe jetzt eine Demoiselle Neumann engagiert«, so schreibt er an Alexandrine D., »keine elegante Gouvernante, denn sie weiß nichts von französisch, aber aus einem guten Bürgerhause, sorglich, umsichtig, fleißig.« Und bald darauf: »An die Spitze der Ökonomie habe ich jetzt die Neumann gestellt, die das alles versteht, weil sie vor Jahren schon auf dem Amte Blankenfelde die Wirtschaft gelernt hat und mit anzugreifen weiß. Und auch wirklich mit angreift. Da müssen denn die Mägde folgen. Sitzet aber die Haushälterin auf dem Lehnstuhl, so setzen sich die Mägde auf den Strohsack.« Alles was von Vertrauen aus diesen Zeilen spricht, bestätigte sich, und die Neumann, »treu wie Gold« und von selbstsuchtsloser Ergebenheit, wurd' in allen Sachen des Hauses und der Familie Beistand und Beraterin. In Ehren dienend, beglückte sie das Haus, dem sie diente, wobei sich's freilich auch wieder zeigte, daß ein solches freies und selbstsuchtsloses »für andere da sein« im Laufe der Jahre zur Herrschaft über diese Anderen führt. Alles hatte Respekt vor ihr. Einmal warf eine der jungen Damen ein Stückchen Band aus dem Fenster, und die Neumann, als sie's aufgesucht, brachte es mit der Reprimande zurück: »So was wirft man nicht auf die Straße.«
    Ihr an Ansehen zunächst stand der alte Tackmann, von Profession ein Zuckerbäcker, der in seiner Jugend weite Reisen in überseeische Länder gemacht hatte. Namentlich war er das Entzücken des nun zehnjährigen Karl von Hertefeld, und hatte dabei das Vorrecht, seine wunderbaren Abenteuer bei Tische zum Besten geben zu dürfen. Ob er zu dem alten Freiherrn auch in geschäftlichen Beziehungen stand (vielleicht als eine Art Kommissionär), ist aus den Briefen nicht bestimmt erkennbar. Er lebte meist in Liebenberg, in einem in der »Bibliothek« ihm eingerichteten Zimmer, und ging alljährlich auf kurze Zeit nach Berlin, um daselbst ein Zuckerbrot zu backen, auf dessen Herstellung er sich vorzüglich verstand.
    An Tackmann schloß sich der junge Reichmann, ein Student, der aus Mangel an Mitteln seine Studien unterbrochen hatte. Derselbe bekleidete das Amt eines Privatsekretärs und war tüchtig und gescheit, aber leider auch melancholischen Temperaments. An allem verzweifelnd, an Vaterland, Leben und sich selbst, erschoß er sich später aus romantisch-mystischen Grübeleien.
    Eine völlig entgegengesetzte Natur war endlich Herr Hauslehrer Greif. Er nahm nichts schwer und wußte sich in alles zu schicken, am leichtesten in Prinzipien, die den seinigen widersprachen, vorausgesetzt, daß er überhaupt Prinzipien hatte. Jedenfalls indessen war es eben diese seine Nachgiebigkeit gewesen, was ihn dem alten Herrn von Anfang an empfohlen hatte. »Zu meiner Freude«, so schreibt der Letztere, »glaub' ich jetzt den rechten Mann gefunden zu haben. Und zwar ist dies der Herr Kandidatus Greif, der, weil er noch jung und in keinem andren Hause gewesen ist, mir passend und geneigt erscheint, sich nach meiner Meinung zu richten. Er ist mir in diesem Stücke lieber, als solche, die schon in andren Häusern allerlei Grillen aufgefaßt haben.« Und an anderer Stelle: »Mit Greif geht es und ich bin nach wie vor mit ihm zufrieden. Er ist nicht so prätentiös wie sein Vorgänger Wisselink und hat mehr Gutmütigkeit. Auch läuft er nicht so dem Witze nach.«
    Das war der neu geschaffene Kreis und mit Behagen und Freude konnte er um Weihnachten 1803 an seinen Schwiegersohn schreiben: »Ich habe nun mein Personal in Ordnung.«
    In der Tat, es ging alles am Schnürchen, und es hätte sich von ungetrübt glücklichen Tagen sprechen lassen, wenn nicht der »Vetter in Häsen« gewesen wäre.
    Wer aber war dieser Vetter?
    Häsen selbst ist Nachbargut und gehörte damals einem nahen, aber stark verschuldeten Anverwandten.

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