Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
welche Zusicherung hin ich, bei meiner Rückkehr ins Dorf, anschlagen ließ: Quartier general du Prince.
    Der Vorteil, den ich von diesem Zwischenfall hatte, war aber gering, wenn es überhaupt ein Vorteil war. Erst kamen viele seiner Knechte mit Pferden in den Stall und danach Offiziere, Dragoner und Wachmannschaften. Alle wollten Hafer, Wein und Lebensmittel, zwölf Portionen Essen für den Colonel, siebzehn Portionen für den andern Colonel, hier acht Bouteillen Wein, dort zwölf, dort sechs, so ging das Gerufe durcheinander. Wenigstens dreitausend Dragoner und Chasseurs waren im Dorfe oder in unmittelbarer Nähe desselben. Und während die Offiziere sich bei mir beköstigen ließen, wirtschafteten die Gemeinen nach ihrer Art. Alle Zäunungen wurden verbrannt (obgleich Holz genug da war), auf die Schweine wurde Jagd gemacht, viele erstochen, andere zu nichte gehauen, die Federviehställe erbrochen und weder Huhn, Gans, Pute noch Ente blieb am Leben. Zehn Tonnen Bier wurden aus der erbrochenen Brauerei genommen und die Feuer in solcher Nähe der Häuser angezündet, daß nur Gottes Gnade das Abbrennen verhinderte. Mehr als neun Wispel Hafer waren schon vom Boden abgemessen worden. Als nichts mehr davon zu finden war, ging es über die Haferscheuer her und Hafergarben und Heu wurden so verschwendet, daß die Pferde mehr zertraten als fraßen. Küchengeräte wurden überall genommen und nicht wiedergebracht.
    Der Prinz Murat kam nicht; er war bereits bis Zehdenick vorgedrungen.
    Der an seine Stelle gekommene Divisionsgeneral Beaumont mußte nach dem Abendessen noch nach Falkenthal vorrücken und nur ein Brigadegeneral, ein Deutscher, der seinen Namen nicht nannte (es war General Becker), blieb mit dem Generalstabe zurück. Um die Wirtschaft der Gemeinen kümmerte sich niemand.
    Und so kam der 27. Als um 4 Uhr morgens der General aufbrach, bat ich um eine Sauve Garde, weil die Dragoner mich auf die Gewalttätigkeit und Plünderung ihrer eigenen Infanterie aufmerksam gemacht hatten. Der General bewilligte mir denn auch einen Brigadier (Gendarmeriewachtmeister), der Befehl hatte, das Eintreffen des Infanteriegenerals abzuwarten und denselben um eine Sauve Garde für mich anzusprechen. Und dann erst solle er folgen.
    Etwa gegen 9 Uhr erschienen die Marodeurs der Infanterie, die wie Strauchräuber aussahen. Sie lachten die Sauve Garde aus, rissen den Branntwein, den man ihnen in Gläsern anbot, in ganzen Flaschen an sich und drangen ins Haus. Gleich darauf hörte man das Aufstoßen der Türen und Spinden, ohne Rücksicht darauf, ob diese verschlossen waren oder nicht. Alles wurde zerschlagen. Ebenso ging es im Wirtschaftshause; die Keller wurden erbrochen, die Wein- und Branntweinfässer angezapft, und da keiner der Plünderer ans Zumachen dachte, so lief der größte Teil in den Keller. Die Tonnen mit Lebensmitteln, mit Öl und Gemüse wurden umgeworfen und ihr Inhalt in den Moder getreten. Ich blieb, aller Roheiten und Mißhandlungen unerachtet, unter den Plünderern, um durch Aufschließen der Spinden, ihr Zerschlagen und Aufbrechen zu verhüten; allein vergebens. Es läßt sich die Raubbegierde dieser Menschen mit nichts andrem als mit der einer Tatarenhorde vergleichen. Einer der Dragoner, die die vergleichsweise guten und anständigen waren, ließ mir durch die Neumann sagen, ich solle doch nur so weit wie möglich fortlaufen, um mich den Mißhandlungen der Wütriche nicht auszusetzen, deren einige bereits anfingen, meinen Leuten ihr Zeug vom Leibe zu reißen. Und so schlich ich mich durch den Garten in den Busch, ohne etwas anderes mitzunehmen, als den Morgenrock, den ich auf dem Leibe hatte. Selbst die Kirche war erbrochen worden, um das Silberzeug und was sonst Wert haben mochte, zu stehlen.
    Endlich neigte sich der Tag, und als alles still geworden war, ging ich ins Haus zurück, in dem ich eine vollständige Zerstörung fand. Matratzen und Bettdecken existierten aber noch und ich nahm von diesen mit mir, was einige Mann tragen konnten. Ebenso konnte ich mein Portefeuille retten, das ich unter allerhand umhergeworfenen Papieren entdeckte. Wir hatten nur einen Augenblick Zeit und eilten, als neue Marodeurs in Sicht kamen, nach dem Busche zurück, in welchem wir nun drei Tage und zwei Nächte blieben.
    Den 28. erschien wieder eine Infanteriedivision in und bei Liebenberg, und beschränkte sich darauf, Mobiliar in Stücke zu schlagen.
    Am 29. Marketender und Knechte. Sie machten sich über die Reste her, und kein

Weitere Kostenlose Bücher