Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin
damals mit dem Ruppiner Magistrat auf sich hatte, eigentlich tief unter sich selbst herab, denn nach andern Berichten, die uns vorliegen, hatte Ruppin, etwa um dieselbe Zeit, wo Joachim Friedrich zur Huldigung erschien, nicht mehr und nicht weniger als sein augusteisches Zeitalter. Die Stadt, so bemerkt der Chronist, trat eben damals in eine Periode ein, die wir mit Recht die gelehrte nennen dürfen. Der Adel, in dessen Händen bis dahin sich die vorzüglichsten Magistratsstellen befunden hatten, ging auf seine nachbarlichen Güter zurück, und statt seiner nahmen »gelehrte und berühmte Männer« die erledigten Sitze ein. Ruppin entfaltete sich zu einem Beschützer der Musen und freien Künste, und die Kämmereiregister aus dem Schluß des sechzehnten Jahrhunderts geben uns Auskunft darüber, in welcher Weise das Mäzenatentum der Stadt damals nachgesucht und betätigt wurde. Im Jahre 1573 überschickte Nikolaus Rensperger, Künstler und Mathematiker zu Halle, einen geschickt gearbeiteten Quadranten und empfing »dreiunddreißig Groschen« nebst einem Dankesschreiben – die meisten Arbeiten aber, die eingingen, waren literarisch-theologischer Natur und wurden in artigster Form entgegengenommen. Petrus Sinapius aus Garz schickte sein gelehrtes Carmen »de Sanctis Angelis« (1580), Balthasar Leutinger überreichte 1585 sein Werk »de principio theologico«. Die Honorare, die zur »Ermunterung ferneren Fleißes« bewilligt wurden, waren nicht bedeutend, Petrus Sinapius erhielt zwei Gulden sieben Groschen, Balthasar Leutinger einen Golden und elf Groschen; wie bescheiden aber auch diese Ehrensolde sein mochten, sie hatten ihren Wert und ihre Bedeutung in der Vergleichung untereinander . Die eigentlichen belles lettres, so scheint es, kamen schon damals zu kurz, und George Pondo, der, unter dem Titel »Der Knabenspiegel«, eine Komödie zu überreichen wagte, erhielt seine Arbeit zurückgesandt unter einfacher Beifügung von sechs Groschen.
Wie seltsam diese Dinge, besonders auch diese Summen, uns heutigen Tages erscheinen mögen, sie waren weder kleinlich noch komisch zu ihrer Zeit, und das gelehrte Ruppin von 1570, indem es auf ein halbes Jahrhundert in den Rang und Reigen deutscher Universitätsstädte eintrat, genoß vorübergehend die Ehren eines literarischen Tribunals. Erst der Dreißigjährige Krieg machte dem allem ein Ende. Einzelnes aus jener Unglücksepoche geh ich später, namentlich in dem Kapitel »Gottberg«.
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Diese »Kuhburg« existierte noch im Anfange des vorigen Jahrhunderts; später wurde sie abgetragen und ihr Mauerwerk bei Aufführung des Ruppiner Rathauses mit verwandt. Solcher »Kuhburgen« (das heißt Burgen oder Türme zum Schutz der Viehherden, besonders der Kühe ) gab es damals viele in der Mark, und noch heute lassen sich einzelne derselben nachweisen. Sie sollten vor Gefahr schützen, aber vor allem sie rechtzeitig erkennen lassen. Deshalb lagen diese Warten in der Regel so hoch wie möglich; am vorteilhaftesten war der »Luginsland« bei Gransee gelegen. (Die zwei oder drei einzeln stehenden Türme, denen man noch jetzt auf dem Wege nach Rheinsberg begegnet und die gelegentlich auch wohl als solche »Warten« angesehen worden sind, sind aus verhältnismäßig neuer Zeit und dienten als Fanaltürme, als nächtliche Wegweiser, wenn Kronprinz Friedrich in raschem Ritt von Ruppin nach Rheinsberg zurückkehrte.) [Image: Zurück]
Alle Städte der Grafschaft: Ruppin, Gransee, Wusterhausen, Rheinsberg, waren außerordentlich fest. Was Ruppin angeht, so zogen sich dreifache Wälle – die an der Nordwestseite bis diese Stunde wohlerhalten sind und eine besondere Zierde der Stadt bilden – um die hohe Mauer herum, die von fünfundzwanzig Wachthäusern besetzt war. An Gewappneten war kein Mangel. Die Stadt hatte acht Hauptleute und neben einer Art Miliz auch noch eine Anzahl berittener Knechte, die mit Handbüchsen, Panzern, Kasketts und Seitengewehren bewaffnet waren. Die Bürger waren durchgängig zum Kriegsdienst verpflichtet und mit Armbrüsten, Spießen und Lanzen bewaffnet. Eigentliche Söldner oder Lanzknechte kommen vor 1520 in den Kämmereiregistern nicht vor. Die Kriegsgerätschaften wurden ohne Ausnahme in Ruppin verfertigt. Die Stadt hatte ihren Schwertfeger oder » Armbostyrer « (auch Harnswischer oder Harnsputzer genannt), ihren » Pulvermeker «, der das Büssen-Krut und Büssen-Lodt (Pulver und Blei) herzustellen hatte, endlich ihren Büchsenmeister , der die
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