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Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin

Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 8 Bde., Bd.1, Die Grafschaft Ruppin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane , Gotthard Erler , Rudolf Mingau
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gegenseitigem Sichgeltenlassens immer weiter hinausrückte.
    Widerstand nun schon dieser Starrsinn überhaupt seiner ganzen, zu Nachgiebigkeit und Kompromiß geneigten Natur, so widerstrebten ihm ganz besonders die Formen , in denen lutherischerseits der Streit geführt wurde. Die Wittenberger, die »Formula-Concordiae«-Männer, die damals noch keineswegs die Unterdrückten waren und eher Zwang übten als litten , die Wittenberger, sag ich, waren ihm einfach zu derb, und ihre Parteischriften erfüllten ihn mit Abneigung und Unbehagen. Titel wie: »Eine unzeitige, abgeschmackige, falsche Prophetenfeige und synkretistische, dicke, fette Generallüge, welche sich neuerdings eingefunden hat etc.« waren damals in der polemischen Literatur der Wittenberger an der Tagesordnung, und Ausrufe wie: »Die Calixtiner sind verdammt« wurden allsonntäglich auf den Berliner Kanzeln gehört. Diakonus Heintzelmann an der Nikolaikirche, einer der größten Eiferer, predigte damals wörtlich: »So verdammen wir denn die Papisten, die Calvinisten und auch die Helmstädter. Mit einem Worte, wer nicht lutherisch ist, der ist verflucht.« Das war nicht ein Auftreten, das dem feineren Sinn unseres Fromm gefallen konnte; Gesinnung wie Sprache waren ihm ein Schmerz und ein Greuel, und er schrieb, als ihm jene Heintzelmannschen Worte hinterbracht worden waren, an den Hofprediger Bergius: »Ach, lieber Gott, wo will doch solche Teufelei endlich hinaus.«
    Keineswegs geneigt, wegen einzelner offener Fragen rundab mit dem Luthertum zu brechen, aber verletzt durch die Art , in der sich das orthodoxe Luthertum tagtäglich äußerte, bildete sich bei ihm wie von selbst eine gewisse Hinneigung zu den Reformierten aus. Sie waren die feineren Leute und deshalb seinem Wesen näher verwandt. Man kann auch heute noch, innerhalb der politischen Welt, vielfach dasselbe beobachten. Konservative wie Liberale, die zufällig in ihrem zunächst gelegenen Kreise nur gröblich gearteten Elementen ihrer eigenen Partei begegnen, ziehen es vor, in Leben und Gesellschaft mit ihren Gegnern zu verkehren, sobald sie wahrnehmen, daß diese Gegner ihnen in Form und Sitte näher verwandt sind. Die Verschiedenartigkeit der Ansichten kann zwischen feineren Naturen unter Umständen zu einem Bindemittel werden, aber grob und fein schließen einander aus. So ähnlich war es mit unserm Fromm. Das Maßvollere, das dem Schmähen und Schimpfen Abgeneigtere, das die Calvinisten (was sonst auch ihre Mängel sein mochten) vor den zelotischen Wittenbergern auszeichnete, tat seiner Natur wohl, und aus dieser Empfindung heraus gestaltete sich alsbald ein Freundschaftsverhältnis zu einigen der reformierten Geistlichen, ganz besonders zum Hofprediger Stosch . Leider sollte dasselbe nicht zu seinem Glücke führen. Die vertraulichen Briefe, die er durch Jahre hin an Stosch richtete und die alle darauf hinausliefen, den Eigensinn und die Untoleranz der Wittenberger zu verurteilen, entschieden später, als das Verhältnis zwischen den Freunden sich zu trüben begann, über sein Schicksal.
    Diese Trübung des Verhältnisses konnte aber schließlich kaum ausbleiben, ja der Entwickelungsgang, den der Kirchenstreit in unserem Lande nahm, führte direkt darauf hin. Wir werden sehen wie .
    Die Lutheraner hatten, um ein schon oben gebrauchtes Wort zu wiederholen, eine Reihe von Jahren hindurch eher Zwang geübt als Zwang gelitten . Aber dies änderte sich. Auf die siegreichen Jahre der »Formula Concordiae« folgten die bittern Jahre des »Revers«, mit dem es in Kürze die nachstehende Bewandtnis hatte. Der Kurfürst, der Zänkereien müde, deren tiefere Bedeutung er nicht einsah, entschloß sich zu einem energischen Vorgehen gegen den immer lauter werdenden Unfrieden in der Kirche. Er erließ Edikte »gegen das unnötige Eifern, Gezänk und Disputieren der Geistlichen auf den Kanzeln«, Edikte, zu deren Inhalt und sachlicher Berechtigung die Geistlichen sich durch Unterzeichnung eines Reverses bekennen mußten. 3) Der Schritt war vielleicht unvermeidlich und das Harte, was darin lag, zum guten Teile wohlverdient, dennoch war es ein Zwang, der auf einen Schlag die ganze Sachlage umgestaltete und aus denen, die bis dahin die Drückenden gewesen waren, plötzlich die Gedrückten machte. Ein Notschrei ging durch das Land, Städte- und Ständeversammlungen protestierten gegen die kurfürstliche Forderung, aber ohne Erfolg. Der Kurfürst bestand auf den Revers. Viele unterzeichneten; andere weigerten

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