Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Begräbnisstätte nie gehört hatten, folgten dann aber unserem neu gewonnenen Führer, bis wir draußen an einen Vorsprung gelangten, eine Art Bastion, wo der Kirchhofshügel steil abfällt. Hier, an höchster Stelle, die einen Überblick über das Dorf und seine Gärten gestattet, bemerkten wir nunmehr einen eingefriedigten, mit Eschen und Zypressen umstellten Platz, dessen schlichtes, mit Convolvulus und wildem Wein umranktes Gitter drei Efeugräber einschloß. In ihnen ruhten Vater, Mutter, Sohn. Die letzten ihres Namens. Das Ganze wirkte durch seine große Einfachheit.
    Der Vater, Karl Hartwig Gregor Freiherr von Meusebach, lange Zeit Präsident des Rheinischen Kassations- und Revisionshofes, war ein Kenner der deutschen Literatur, zugleich ein Sammler ihrer Schätze, wie kaum ein zweiter. Wir finden über ihn folgendes: »Seine bibliographischen Bestrebungen umfaßten das ganze Gebiet von Erfindung der Buchdruckerkunst bis auf die Gegenwart, doch so, daß er dem Volks - und geistlichen Liede , den Schriften Luthers, vor allen aber Fischarts sowie den nach seiner Meinung zu sehr verachteten und vergessenen Schriftstellern des siebzehnten Jahrhunderts einen gewissen Vorrang zugestand. Alle erheblich scheinenden Bücher, welche seine scharfsinnigen Untersuchungen ihn kennen gelehrt hatten, suchte er zu erwerben. So gedieh seine Bibliothek zu einer seltenen Vollständigkeit und zu einem fein gegliederten inneren Zusammenhange.«
    Von 1819 an lebte er in Berlin, wenn ich nicht irre, in einem der Häuser, die bei dem Neuen-Museums-Bau verschwunden sind. Hier besuchte ihn anfangs der zwanziger Jahre Hoffmann von Fallersleben, der über diesen Besuch in seinen »Aufzeichnungen und Erinnerungen« berichtet.
    »Schon in Koblenz hatte ich viel gehört von einem Herrn von Meusebach, der von dort aus als Geheimer Rat an den Rheinischen Kassationshof in Berlin versetzt worden sei.
    Er besitze, so hieß es, eine große Bibliothek, reich an altdeutschen Werken, sei ein großer Kenner und immer noch ein eifriger Sammler. Ich erfuhr bald seine Wohnung: er wohnte in dem Hause der Frau Friedländer hinter der kleinen Brücke, die über den Kupfergraben auf den Museumsplatz und die Neue Friedrichsstraße zu führte. Ich ging eines Morgens zwischen neun und zehn hin, ließ mich anmelden, wurde aber abgewiesen. Ich wiederholte noch zweimal meinen Besuch; immer aber hieß es: ›Der Herr Geheime Rat schläft noch.‹ Ich ließ mich nicht abschrecken und versuchte es zum vierten Male, aber erst um elf Uhr. Diesmal hatte ich sagen lassen, der Herr von Arnim habe mich ja schon angemeldet. Nach einiger Zeit kehrte der Bediente zurück: ich möchte eintreten.
    Herr von Meusebach war in eifrigem Gespräch begriffen mit Frau von Savigny, begrüßte mich, ließ mich stehen und setzte sein Gespräch fort. Frau von Savigny war so gesprächig, daß sich gar kein Ende absehen ließ. Endlich nach einer Viertelstunde war der Born ihrer Beredsamkeit versiegt und sie empfahl sich.
    Meusebach wendete sich nun an mich. Ich sprach einfach aus, was ich von ihm wünschte, nämlich seine Bücher zu sehen. Das gefiel ihm. Ehe er mir aber etwas zeigte, öffnete er die Tür zur Bibliothek und holte links aus der Ecke zwei gestopfte Pfeifen und bot mir die eine an. Als wir so recht damit im Zuge waren, schloß er eine Tapetentür auf; in diesem unbemerkten Wandschrank wurden die Lieblingsbücher und kostbarsten und seltensten aufbewahrt. Zuerst zeigte er mir das Luthersche Gesangbuch von 1545. ›Was sagen Sie dazu?‹ Ich freute mich, staunte, bewunderte. Es folgte nun eine ganze Reihe derartiger Bücher, die ich alle noch nie gesehen hatte. Die Bücherschau dauerte bereits über anderthalb Stunden, da trat Friedrich, der Bediente, ein: ›Herr Geheimer Rat, es ist angerichtet.‹ Das störte uns nicht, wir fuhren in unserem angenehmen Geschäfte fort. Friedrich kam wieder: ›Herr Geheimer Rat, das Essen steht schon längst auf dem Tische.‹ – ›Gut. Nun kommen Sie mit.‹ Ich hatte früher nie Sauerkraut essen können, heute schmeckte es mir vortrefflich, sowie der leichte Moselwein (einen andern führte der Herr Geheime Rat nicht). Frau von Meusebach lachte, daß ich es heute so schön getroffen hätte. Die Unterhaltung war sehr heiter. Ich erzählte allerlei hübsche Geschichten so unbefangen, als ob ich in einem Kreise alter lieber Freunde mich befände.
    Nach Tische begaben wir uns wieder an unsern Wandschrank. Als der Kaffee kam, holte ich mir

Weitere Kostenlose Bücher