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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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selbst eine frisch gestopfte Pfeife – Friedrich mußte immer an die dreißig wohlgereinigt und gestopft im Gange erhalten. Meusebach ergötzte sich sehr, daß ich schon so gut Bescheid wußte.
    Wir begannen von neuem die Bücherschau. Es wurde Licht angezündet, wir setzten uns. Jetzt kamen die Liederbücher und die Fischartiana an die Reihe. Meine Freude steigerte sich. Der Tee wurde gebracht. Frau von Meusebach kam mit ihren Kindern. Das störte uns weiter nicht. Wir unterhielten uns und besahen Bücher; Tee und Essen war Nebensache. Die Kinder gingen wieder fort, Frau von Meusebach folgte bald nach, wir waren wieder allein. Eine frische Pfeife wurde angebrannt. Es war bereits spät. Ich wollte nach Haus, mußte aber bleiben. Es wurde zwölf, es wurde eins. Immer noch kein Ende. Da kam Meusebach auf meine ›Liederhandschrift‹, die ich das Glück gehabt hatte auf einem Trödel in Bonn zu entdecken, zu sprechen und meinte, es wäre hübsch, wenn er das Buch mal sehen könnte. Das ›Sehen‹ verstand ich recht gut und beschloß bei mir, es ihm zu Weihnachten zu verehren. Endlich um halb zwei schieden wir und waren nach funfzehntehalb Stunden erster Bekanntschaft beide recht frisch und vergnügt. Ich mußte versprechen, meinen Besuch bald zu wiederholen, und es fiel mir denn auch nicht im geringsten schwer, recht bald Wort zu halten.«
    Gegen Ende seines Lebens hin empfand Meusebach immer tiefer das Bedürfnis, ungestört seinen Studien leben zu können. Er gab seine hohe richterliche Stellung auf (1842) und zog sich nun nach Alt Geltow zurück. Mit ihm ging seine Bibliothek. Aber nicht lange mehr hatte er sich dieser Muße zu freuen. Er starb am 22. August 1847. Seine Bibliothek, ein Schatz, wurde 1849 seitens der preußischen Regierung erstanden und der Berliner Bibliothek einverleibt.
    Hatte der Vater der stillen Welt seiner Bücher angehört, so gehörte der Sohn (seiner äußeren Stellung nach ebenfalls Jurist) um so voller der Außenwelt, dem Markt des Lebens an. Er war in eminentem Sinne ein »Lebemann«, geistreich, schlagfertig, eine feine und spitze Zunge zugleich. Die Märzereignisse zogen ihn in die Politik; sein berühmter Ausspruch: »Ich rieche Leichen«, womit er in den Oktobertagen desselben Jahres auf die Tribüne trat, ist unvergessen geblieben und ein geflügeltes Wort geworden. Die fünfziger Jahre sahen ihn im diplomatischen Dienst erst als Generalkonsul in den Donaufürstentümern, dann als Gesandten in Brasilien. Seine Wunderlichkeiten wuchsen. 1854 in Giurgevo war er im türkischen Kugelregen nicht nur spazierengegangen, sondern hatte seinen Rattenfänger auf das Apportieren von Sprengstücken abgerichtet; acht Jahre später in Rio verfiel er dem Wahnsinn. Seine Lebensweise hatte die angeborene Exzentrizität unterstützt. »Champagner in Eis« war sein steter Begleiter, und seine oft abgegebene Versicherung, »daß er seines Vaters Bibliothek in den Keller getragen habe«, war nur allzu richtig. So konnte die Katastrophe kaum ausbleiben. Eine reich angelegte Natur ging in ihm zugrunde.
    Daß ich Gräbern wie diesen auf dem Geltower Kirchhofe begegnen würde, der Gedanke hat mir ferngelegen. Ich las die einfachen Inschriften, nahm ein Efeublatt vom Grabe des Vaters und stand noch immer wie im Bann dieser Stätte.
    Unser Führer endlich löste ihn. »Da drüben ist noch ein Grab, das Sie sehen müssen.« – Zugleich brach er auf und gab uns dadurch das Zeichen, ihm zu folgen.
    Ein dichtes Fliedergestrüpp hatte uns wie eine Coulisse von dem eigentlichen Kirchhof, der jetzt, wie erwähnt, seine zweite Bestellzeit hat, getrennt, und wir standen nunmehr, nachdem wir das Gestrüpp glücklich durchbrochen, vor einer kleinen Gräberreihe, die das so lange brachgelegene Feld neu zu durchziehen begann. Eines der Gräber war besonders gehegt und gepflegt: ein Gartenbeet, mit Rosen und Nelken, mit Levkojen und Heliotrop dicht überwachsen. Zu Häupten des Grabes stand ein Kreuz, dahinter hohe Malven. Die Inschrift lautete: »Hier ruhet in Gott Johann Schupke, geboren den 1. Februar 1822, gestorben den 30. November 1865. Jesajas, Kapitel 57, Vers 2: ›Und die richtig vor sich gewandelt haben, kommen zum Frieden und ruhen in ihren Kammern.‹«
    Die Sonne war am Untergehen; die schönste Zeit des Tages, zumal für eine märkische Landschaft. Wir ließen deshalb die Gräber, unterbrachen unser Gespräch und stiegen die Kirchturmtreppe hinauf, um uns, nachdem wir die Luken geöffnet, der im

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