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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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weil sie mich an Jugendtage erinnern, sondern weil sie so bequem, so harmlos sind, während der moderne Künstler, nach eigner Neigung und vor allem auch durch die feierliche Gutheißung des Publikums, sich mehr und mehr zu einem Tyrannen der Gesellschaft aufgeschwungen hat. Du bist irgendwo in ein Gespräch verwickelt, nehmen wir an, in das unbedeutendste von der Welt, über Drainierung oder Spargelzucht oder luftdichte Ofentüren; niemand verliert etwas, der von diesem Gespräche nichts hört, aber dir und deinem Nachbar gefällt es, euch beiden ist es lieb und wert, und ihr treibt behaglich auf der Woge der Unterhaltung. In diesem Augenblicke stillen, harmlosen Glücks gibt irgendein dicker oder dünner primus inter pares mit seiner silbernen Klapptrompete ein Zeichen und verurteilt dich ohne weiteres zum Schweigen. Willst du nicht darauf achten, so wirst du gesellschaftlich in den Bann getan: du mußt zuhören, du mußt die »Lustigen Weiber von Windsor« sich zum zehnten Male zanken oder gar die Prinzessin Isabella zum hundertsten Male um »Gnade« rufen hören. Nichts hilft dagegen. Wie anders diese echten und unechten Bergmannsvirtuosen! Sie blasen drauflos, alle Kinder sind entzückt, du selber folgst lachend den stolpernden Dissonanzen und hast dabei das süße Gefühl bewahrter persönlicher Freiheit. Die allgemein anerkannte künstlerische Unvollkommenheit wird zum rettenden Engel.
    Baumgartenbrück ist noch ein Platz dieser Freiheit.
    Aber was dauernd hier fesselt, weit über das beste Bier und die bescheidenste Musik hinaus, das sind doch die Gaben der Natur, das ist – wir deuteten es schon an – die seltene Schönheit des Platzes. Es ist eine »Brühlsche Terrasse« am Schwielow-See. Bastionartig springt ein mit Linden und Kastanien dicht bestandener Uferwall in den See hinein, und so viele Bäume, so viele Umrahmungen eines von Baum zu Baum wechselnden Panoramas. Welche Reihenfolge entzückender Bilder! Man sitzt wie auf dem Balkon eines Hauses, das an der Schmalseite eines langen Squares gelegen ist, und während das Auge über die weite Fläche des oblongen Platzes hingleitet, zieht unmittelbar unter dem Balkon das Treiben einer belebten Straße fort. Der Platz ist der Schwielow-See, die belebte Straße ist die Havel, deren Fahrwasser an dem Quai vorüber und durch die unmittelbar zur Rechten gelegene Brücke führt.
    Ist es hier schön zu allen Tageszeiten, so waltet hier ein besonderer Zauber um die sechste Stunde; dann schwimmen, kommend und gehend, aus dem Schwielow hinaus und in den Schwielow hinein, aber alle von der Abendsonne beschienen, die Havelkähne in ganzen Geschwadern heran, und zwischen ihnen hindurch gleitet von Werder her der obstbeladene Dampfer. Die Zugbrücke steigt und fällt in beständigem Wechsel, bis mit dem Niedergehen der Sonne auch der Verkehr zu Ende geht.
    Nun dunkelt es. In den Lindenlauben werden die Lichter angezündet und spiegeln im See. Noch hallt dann und wann ein Ruf herüber, oder ein Büchsenschuß aus dem Fercher Forst her rollt im Echo über den See – dann alles still. Die Lichter löschen aus, wie die Glühpunkte in einem niedergebrannten Papier. Ein Huschen noch hierhin, dorthin; nun verblitzt das letzte.
    Nacht liegt über Baumgartenbrück und dem Schwielow.
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Alt Geltow
    I do not set my life at a pin's fee;
By heaven, I'll make a ghost of him that hinders me:
I say, away!
    »Hamlet«

     
    Etwa tausend Schritt hinter Baumgartenbrück, und zwar landeinwärts, liegt Alt Geltow.
    Wenn es auch bezweifelt werden mag, daß die »alte Bomgarde«, die dem heutigen Baumgartenbrück den Namen gab, wenigstens soweit das Sprachliche in Betracht kommt, bis in die slawische Zeit hinauf zu verfolgen ist, so haben wir dagegen in Alt Geltow ein unbestritten wendisches Dorf. Die ältesten Urkunden tun seiner bereits Erwähnung, und es nimmt seinen Platz ein unter den sieben alten Wendendörfern der Insel Potsdam: Bornim, Bornstedt, Eiche, Golm, Grube, Nedlitz und Gelte. Diese letztere Schreibweise, ursprünglich Geliti, ist die richtigere. Geltow indes ist der übliche Name geworden.
    Die Geschichte des Dorfes geht weit zurück; aber die schon erwähnten Urkunden, von denen die älteste aus dem Jahre 933 stammt, sind dürftigen Inhalts und lassen uns, von kleinen Streitigkeiten abgesehen, nur das eine erkennen, daß erst die Familie Hellings von Gelt, dann die Gröbens, dann die Hakes ihren Besitz hier hatten. 1660 gingen Dorf und Heide an den

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