Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
notwendig Umstände vorauf- oder nebenhergegangen sein, die imstande waren, eine Brücke zu bauen und für die Schuld bei der Gnade zu plädieren. Solche entschuldigenden Umstände waren denn wohl auch wirklich da und lagen, wie wir mehr oder weniger aus der Anklage selbst entnehmen können, in dem Parteihaß, der eben damals die ganze Mark in zwei Lager teilte. Es war die bayerische Zeit . Dies sagt alles. Es waren die Tage, wo die Berliner den Propst von Bernau erschlugen und die Frankfurter den Bischof von Lebus verjagten; es waren die Tage des Bannes und des Interdikts, Tage, die dreißig Jahre währten und in denen sich das Volk der Kirche so entfremdete, daß es verwundert aufhorchte, als zum ersten Male wieder die Glocken durchs Land klangen. Der alte Kampfesruf »Hie Welf, hie Waibling!« schallte wieder allerorten, und »bayrisch oder päpstlich« klang es vor allem auch in der Mark Brandenburg. Lehnin, gehegt und gepflegt vom Kaiser und seiner Partei, war bayrisch , der märkische Adel, vielfach zurückgesetzt, war antibayrisch . Aus diesem Zustande ergaben sich Konflikte zwischen dem Kloster und dem benachbarten Adel fast wie von selbst, und die Ermordung Falkos, die nach den Aussagen Dietrichs von Ruppin einfach als ein brutaler Bruch der Gastfreundschaft erscheint, war möglicherweise nur blutige Abwehr, nur ein Rachenehmen an einem Eindringling, der sich stark genug geglaubt hatte, den Klosterfrieden brechen zu dürfen. Ritter Falko und die Seinen, wenn sie wirklich Gäste des Klosters waren, waren vielleicht sehr ungebetene Gäste, Gäste , die sich nach eigenem Dafürhalten im Kloster einquartiert hatten, vielleicht im Komplott mit der Minorität , die höchstwahrscheinlich zum Papste hielt. 1)
Dies alles sind freilich nur Hypothesen. Aber wenn sie auch nicht absolut das Richtige treffen, so lehnen sie sich doch an Richtiges an und schweifen wohl nicht völlig in die Irre.
Was immer indes das Motiv dieses Mordes gewesen sein möge, entschuldbarer Parteihaß oder niedrigste Ruchlosigkeit, soviel erhellt aus dieser Überlieferung, daß die Kloster-Lehninschen Tage nicht immer interesselos verliefen und daß, wenn wir dennoch im großen und ganzen einer gewissen Farblosigkeit begegnen, der Grund dafür nicht darin zu suchen ist, daß überhaupt nichts geschah, sondern lediglich darin, daß das Geschehene nicht aufgezeichnet, nicht überliefert wurde.
Mönch Hermann, der mit seinem Anhang an die Stätte des Mordes vordringt, die Verwundeten in ihren Strohverstecken tötet oder töten läßt, dann selber, während zehnjähriger Fehde, in Schlafsaal und Refektorium die Waffenrüstung Falkos trägt – das gibt schon Einzelbilder, denen es keineswegs an Farbe fehlt, auch nicht an jenem Rot, das nun mal die Haupt- und Grundfarbe aller Geschichte ist.
Über den Ausgang des Abtes Hermann erfahren wir nichts; sehr wahrscheinlich, daß er noch eine Reihe von Jahren dem Kloster vorstand. Erst 1352 finden wir den Namen eines Nachfolgers verzeichnet.
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Daß die Majorität des Klosters und dadurch das Kloster selbst entschieden bayrisch war, ergibt sich unter anderm daraus, daß Papst Clemens in seiner Bannbulle vom 14. Mai 1350 eigens Veranlassung nahm, dem Kloster seine Hinneigung zur Sache des bayrischen Hauses vorzuwerfen . Auch das Erscheinen des Klage führenden Mönchs vor dem Papst , während ihm doch andere Tribunale, weltliche wie geistliche, soviel näher gelegen hätten, spricht dafür, daß der zu verklagende Abt Hermann, samt der Majorität des Klosters (der Loburg-Partei), antipäpstlich , das heißt also bayrisch war. ._.
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Abt Heinrich Stich (etwa von 1399 bis 1430)
Heinrich Stich, vor seiner Abtwahl Kellermeister (cellerarius) des Klosters, wurde sehr wahrscheinlich im Jahre 1399 zum Abt gewählt. Seine Regierung fällt in die sogenannte » Quitzow-Zeit «, und wir werden in nachstehendem zu berichten haben, wie vielfach gefährdet Kloster Lehnin damals war und wie glücklich es, großenteils durch die umsichtige Leitung seines Abtes, aus allen diesen Gefahren hervorging. Die Geschichte jener Epoche, soweit sie das Kloster berührt, entnehmen wir den Aufzeichnungen Heinrich Stichs selber, der im Jahre 1419 ein Gedenkbuch anzulegen begann, in welchem er, zurückgehend bis auf das Jahr 1401, über die Streitigkeiten des Klosters mit seinen Nachbarn berichtet. Einiges ergänzen wir aus einer andern, ziemlich gleichzeitigen Chronik.
Das Kloster hielt es all die Zeit über, seinen
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