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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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auch ein allmächtiger Minister irgendwo die
    Grenzen seiner Allmacht finden müsse, hatte weder
    seinen Frieden noch seine Heiterkeit getrübt. Die
    »Gräfin«, eine Benennung, die ihr vielfach blieb, hat-
    te ihr Leben nach dem Satze eingerichtet, daß, »wer
    der Herrschefähigste sei, auch die Herrschaft zu füh-
    ren habe«, und dies scheint uns der Ort, ehe wir in
    der Vorführung biographischen Materials fortfahren,

    2011
    eine Charakterschilderung der Frau einzuschalten.
    Ihren Mann, trotz all ihrer Herrschsucht, liebte sie
    wirklich, und noch in den letzten Lebensjahren pfleg-
    te sie halb scherzhaft zu sagen: »Wenn ich im Him-
    mel meinem ersten Mann begegnen werde, so weiß
    ich nicht, wie er mich begrüßen wird, aber vor mei-
    nem Bischofswerder ist mir nicht bange.«
    Die »Gräfin«, auch wenn uns nichts Zuverlässigeres
    vorläge als das Urteil ihrer Neider und Tadler, war
    jedenfalls eine »distinguierte« Frau. Es mußte seinen
    Grund haben, daß zwei Günstlinge sich um ihre
    Gunst bewarben. Ein Enkel von ihr mochte mit Fug
    und Recht schreiben: »Die in meinen Händen befind-
    lichen Papiere, leider nur Bruchstücke, geben ganz
    neue Aufschlüsse. Reichen sie auch zu einer klaren
    geschichtlichen Darstellung nicht aus, so haben sie
    mir doch einen genügenden Anhalt geboten, die für
    Preußens Größe begeisterte , die kühnsten Wünsche und Pläne hegende Frau verstehen zu lernen und die
    Bitterkeit zu begreifen, als sie mehr und mehr ein-
    sah, daß nicht die Macht der Verhältnisse, sondern die Schwäche der Menschen alles vereitelte und häufig in das Gegenteil verkehrte.« Wir haben nicht
    selbst Einblick in die Papiere, die hier erwähnt wer-
    den, nehmen dürfen, aber nach allem, was uns sonst
    vorliegt, sind wir geneigt, diese Schilderung für rich-
    tig zu halten. Sie war keine liebenswürdige, aber
    eine bedeutende Frau, ein ausgesprochener Charak-
    ter.
    In den zahlreichen mehr oder weniger libellartigen
    Schriften jener Zeit wie auch im Gedächtnis der Mar-

    2012
    quardter Dorfbewohner, von denen sie noch viele
    gekannt haben, lebt sie allerdings nur in zwei Eigen-
    schaften fort, als habsüchtig-geizig und bigott-
    katholisch. In den mehrfach schon zitierten »Ver-
    trauten Briefen« finden wir zunächst: »Herrn von
    Bischofswerders Ehehälfte läßt sich jedes gnädige
    Lächeln mit Geld aufwiegen«, und an anderer Stelle
    heißt es: »Die in Südpreußen veranstalteten Güter-
    verschleuderungen waren ihr Werk, indem sie ihrem
    Manne beständig sagte: ›Sie werden wie ein Bettler
    sterben, wenn Sie nicht noch die letzten Tage des
    Königs benutzen, um etwas für Ihre Familie zu
    tun.‹«
    Das Fundament dieser Habsucht war mutmaßlich
    mehr Ehrgeiz als irgend etwas andres. Sie wußte:
    »Besitz ist Macht«, und die Jahre, so scheint es,
    steigerten diese Anschauung eher, als daß sie sie
    mäßigten. Ein Mann, der sie in ihren alten Tagen
    kannte, schreibt: »Sie war herb und hart, ertragbar
    nur im Verkehr mit kleinen Leuten und ausgiebig nur
    in Auflegung von Schminke.«
    Ihr Katholizismus war von der ausgesprochensten
    Art, aber die Art, wie sie ihn übte, die Entschieden-
    heit im Bekenntnis auf der einen Seite und anderer-
    seits wieder die Toleranz gegen alle diejenigen, die
    nun mal auf anderem Boden standen, gereichte ihr
    zu hoher Ehre. Ignaz Feßler, früher Mönch, der zum
    Protestantismus übergetreten war, kam 1796 nach
    Berlin und – an Bischofswerder empfohlen – auch
    nach Marquardt. »Bischofswerder wollte mir wohl«,
    so schreibt er, »aber alles scheiterte an der Frau. Sie 2013
    sah in mir nichts als den Abtrünnigen von der römi-
    schen Kirche . Sie beherrschte ihren Gemahl vollständig, und um des lieben Hausfriedens willen durfte er
    mich nicht mehr sehen.« Diese Strenge zeigte sie
    aber nur dem Konvertiten . In Marquardt griff sie nie störend oder eigenmächtig in das protestantische
    Leben in der Gemeinde ein, hatte vielmehr eine
    Freude daran, die evangelische Kirche des Dorfes mit
    allem Kirchengerät und Kirchenschmuck, mit Altar-
    decke und Abendmahlskelch zu beschenken.
    Wir kehren nach diesem Versuch einer Charakter-
    schilderung in das Jahr 1803 zurück. Ihren Gemahl
    hatte sie vollständig beherrscht; aber wenn sie nach
    der Seite des Herrschens hin, bis zum Tode Bi-
    schofswerders, des Guten zuviel getan haben moch-
    te, so begannen doch nun alsbald die Jahre, wo die
    »Gewohnheit des Herrschens« zu einem Segen wur-
    de. Dieser Zeitpunkt

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